Dieselskandal, Abkehr vom Verbrenner, Corona-Krise: Viele Autozulieferer in der Region Forchheim sind gebeutelt. Mindestens 1000 Arbeitsplätze im Landkreis sind von der Autoindustrie abhängig.
Rollt das Geschäft mit den Autoteilen oder arbeiten die Maschinen bei den Autozulieferern in der Region Forchheim im Krisenmodus? In den Hallen der Forchheimer Firma Gebrüder Waasner gibt es seit Sommer keine Kurzarbeit mehr, sagt Geschäftsführer Michael Waasner. Deshalb laufen die Maschinen auf Hochtouren. "Die Auslastung ist extrem hoch, weil momentan ein Zurück zur Normalität stattfindet", sagt der Firmenchef.
Doch die Folgen der Corona-Krise machen sich auch bei Forchheims großem Autozulieferer bemerkbar. "Die Einbrüche im ersten Halbjahr waren massiv", sagt Waasner. Starke Einbrüche habe man besonders im Frühjahr verzeichnet, vor allem, weil Teile aus anderen Ländern aufgrund des Lockdowns nicht mehr geliefert wurden.
Um 18 Prozent sei der Umsatz bei Waasner im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 eingebrochen. Auch für das zweite Halbjahr vermutet Waasner einen Einbruch zum Vorjahr. "Es wird noch bis 2025 dauern, bis wir wieder auf dem gleichen Niveau wie 2018 sind." Denn bereits 2019 hatte es, wie bei vielen Unternehmen in der Automobilbranche, einen leichten Knick gegeben.
Transformation trifft auf Corona-Krise
Die Corona-Krise hat die Automobilindustrie in einer empfindlichen Zeit getroffen, die ohnehin von Umbrüchen geprägt ist: Dieselskandal, die Abkehr vom Verbrennungsmotor, Entwicklungen in der E-Mobilität. Corona hat diesen Transformationsprozess der Autozulieferer noch einmal drastisch verschärft. "Die Automobilzulieferer trifft beides", sagt Waasner. Die Corona-Krise sei nun eher eine kurzfristige Erscheinung, der Transformationsprozess dafür langfristig. Von der Covid-19-Pandemie seien die Zulieferer deshalb besonders stark betroffen.
Um sich für die Transformation in der Autoindustrie zu rüsten, müssen die Zulieferer erst einmal kräftig investieren können; neue Antriebstechniken, wie E-Antriebe, oder neue Geschäftsfelder müssen erschlossen werden. Bei der Firma Waasner sei man schon vor einigen Jahren auf die E-Mobilität aufgesprungen. "Man muss einen langen Atmen haben. Es hat einige Jahre gedauert, bis wir uns etabliert haben."
Drei Millionen Euro habe das Unternehmen im vergangenen Jahr in eine neue Produktionsanlage investiert, mit der Teile für Elektroantriebe in Autos hergestellt werden.
18 Prozent des Gesamtumsatzes macht Waasner inzwischen mit Teilen für E-Antriebe, sagt der Geschäftsführer. "Wir müssen uns selbst gar nicht so stark umstellen, sondern wir bauen nur um die bestehenden Komponenten herum", sagt Waasner.
"Relativ glimpflich" durch die Krise
Einen Überblick, wie es den Autozulieferern im Landkreis Forchheim geht, hat Andreas Rösch, Wirtschaftsförderer des Landkreises Forchheim. Bisher seien die Zulieferer im Landkreis "relativ glimpflich" durch die Krise gekommen, sagt er.
Während der ersten Welle im Frühjahr hätten zwar viele Betriebe Kurzarbeit angemeldet, im Sommer habe sich der Absatz in der Autoindustrie dann aber wieder erholt. Über die Prognosen der zweiten Welle und des zweiten Teil-Lockdowns könne er noch keine Angaben machen, so Rösch. "Die Ausläufe sind nicht so dramatisch."
Wenn in der Region Bamberg die großen Autozulieferer wie Bosch, Brose und Co. husten, dann bekommt Bamberg einen Schnupfen. Auch wenn die Region Bamberg "von der Größenordnung schon eine andere Nummer" sei, ist auch die Region Forchheim wirtschaftlich von seinen Zulieferern abhängig: "Wir haben hier auch viele Zulieferer", betont Rösch und zählt einige davon auf: Waasner in Forchheim, Geiger in Pretzfeld, Borg Warner (ehemalig Beru) in Muggendorf, NAF in Neunkirchen am Brand, Hofmann CNC in Haidhof.
Rund 1000 Mitarbeiter betroffen
Wie viele Zulieferer im Landkreis Forchheim direkt vom Verbrenner abhängig sind, das sei gar nicht so pauschal zu beantworten, sagt Rösch. Er schätzt, dass im Landkreis mindestens 15 Betriebe und damit mindestens rund 1000 Mitarbeiter "sehr stark vom Automobil abhängig sind". Laut Kompetenzatlas der Industrie- und Handelskammer (IHK) Oberfranken befinden sich 16 Automobilzulieferfirmen im Landkreis Forchheim.
Studie soll Klarheit bringen
Eine Studie, die von der Wirtschaftsförderung der Stadt und Landkreise Bamberg und Forchheim initiiert wurde, soll solche und weitere Fragen klären. Mit der "Sonderförderung Transformationsprozesse" in Höhe von knapp 50 000 Euro finanziert die Wirtschaftsregion eine Studie, welche die Struktur und die Kompetenzen der Automobilzulieferindustrie in der Region untersucht, sagt Rösch.
In einem ersten Schritt soll grundlegend identifiziert werden, wer überhaupt die relevanten Zulieferer in den beiden Regionen sind. Darauf aufbauend sollen im zweiten Schritt konkrete Handlungsempfehlungen umgesetzt werden.
Ziel ist es herauszufinden, wie sich die Unternehmen umstellen müssen, welche Produkte sie entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu bleiben, sagt Rösch. Im Sommer nächsten Jahres sollen Ergebnisse vorliegen.