Der ehemalige Finanzminister warnt in Egloffstein davor, mit Krisengerede die Friedensdividende des Euro aufs Spiel zu setzen. Mit Bürgermeister Förtsch verbindet ihn eine besondere Geschichte.
Der Wind der Geschichte wehte in Egloffstein, die Gesichter historischer Figuren zogen vor den Augen vorüber und natürlich ging es auch um das schöne liebe Geld.
Der ehemalige Bundesfinanzminister und heutige CSU-Ehrenvorsitzenden Theo Waigel war nach Egloffstein gekommen. Gemeinderäte, Rathausmitarbeiter, Kandidaten für die Bezirks- und Landtagswahlen und die Mitglieder machten dem CSU-Granden im Hof der Burg Egloffstein ihre Aufwartung.
Waigel schmeichelt Pflichtschuldig lobte der 74-Jährige die "schöne Landschaft" des Trubachtals: "Die Gegend braucht sich hinter dem Allgäu nicht zu verstecken", schmeichelt Waigel, der eben dort, im Allgäu wohnt. Man darf allerdings getrost voraussetzen, dass Waigel nicht aus Lust an der schönen Natur nach Egloffstein gereist ist. Waigel kam, weil ihn Hartmut Koschyk (CSU), der Wahlkreisabgeordnete und parlamentarische Staatssekretär im Berliner Finanzministerium, dazu eingeladen hatte.
Waigel kam aber auch, weil ihn mit Egloffsteins Bürgermeister Stefan Förtsch (CSU) eine gemeinsame Geschichte verbindet. Förtsch war in den 90er-Jahren als Sicherheitsbeamter für Waigel zuständig gewesen.
Im Fadenkreuz der RAF "Ich danke ihm dafür, dass er damals den Kopf für mich hingehalten hat", sagte Waigel an Förtsch gewandt. In jenen Jahren war Waigel auch ins Fadenkreuz der linksterroristischen RAF gerückt. "Es war eine tolle Mannschaft damals", sagte Waigel. Förtsch sei ihm all die Jahre in besonders guter Erinnerung geblieben: "Weil er der einzige war, der anschließend eine politische Karriere begonnen hat."
Nachdem er sich ins Gästebuch der Marktgemeinde eingetragen hatte, skizzierte Waigel im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Politischer Sommer 2013" in der Turnhalle ″ Überlegungen zur Rolle Deutschlands bei der europäischen Währungs- und Finanzpolitik. Waigel sprach als einer, der damals die Einführung des Euros leidenschaftlich und mit großer innerer Überzeugung vorangetrieben hatte.
Waigel, den der damalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) 1989 zum Bundesfinanzminister gemacht hatte, war maßgeblich für die Etablierung der europäischen Währungsunion verantwortlich. Er war es auch, der der neuen Währung den Namen "Euro" verpasst hat.
"Ecu, Mark, Franken, Schilling und andere bekannte Namen waren politisch nicht durchsetzbar. Da hab ich mich für ,Euro' entschieden, weil es den Begriff in Zusammenhang mit Namen wie zum Beispiel Eurovision schon gegeben hatte", erläuterte Waigel seine Argumente.
Bei der Einführung des Euros hat sich Waigel von der Erkenntnis leiten lassen, dass Länder, die eine gemeinsame Währung haben, nicht Krieg gegeneinander führen. Auch in Egloffstein schwang sich Waigel zum Anwalt der europäischen Gemeinschaftswährung auf.
Sicherlich auch im Bewusstsein, dass es heute auch in seiner eigenen Partei zahlreiche Euro-Kritiker gibt. Ökonomisch habe Deutschland ohnehin keinen Anlass, sich über den Euro zu beschweren. Den Deutschen gehe es gut und es gehe ihnen auch besser als den meisten europäischen Nachbarn.
Auch in Egloffstein versuchte Waigel, die Einführung des Euro nicht nur auf finanzielle Fragen zu verengen, sondern auch ihre politische Dimension herauszupräparieren: "Wir sind erstmals in der deutschen Geschichte in der glücklichen Lage, dass wir nur von Freunden und Partnern umgeben sind."
Waigel verteidigte Rente mit 67 Den Euro schlechtzureden hieße auch diesen Frieden leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
In den Krisenländern wie Griechenland, Portugal oder Spanien entscheidet sich die Zukunft für Waigel auch an der Frage, ob dort den jungen Menschen wieder eine Lebensperspektive geboten werden könne: "Nichts ist wichtiger als die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit auf europäischer Ebene", sagte Waigel. Dass in Deutschland die Jugendarbeitslosigkeit mit etwa sechs Prozent ungleich geringer ist, führt Waigel nicht zuletzt auch auf die Qualität des deutschen Schulsystems zurück.
Ohnehin sieht Waigel Deutschland für die Zukunft einigermaßen gerüstet. Das liege auch an der Erhöhung des Rentenalters, die der damalige Bundesarbeitsminister Franz Münterfering (SPD) gegen viel Widerstand durchgesetzt hatte. "Die Rente mit 67 bedeutet nicht eine Verringerung der Rentenzahlung, sondern die sichere Finanzierung des Alters", sagte Waigel. Vor dem Hintergrund einer steigenden Lebenserwartung führe an der Erhöhung des Rentenalters kein Weg vorbei.
Waigel traf mit seiner Rede einen Nerv bei seinen Zuschauer, die er mit seinen Reflexionen zum Mitdenken animierte. Es gab viel lautstarken Beifall, aber auch viele nachdenkliche Gesichter. So lebendig und interessant kann Politik sein.