Der Fußballkreis Erlangen/Pegnitzgrund verliert Nachwuchsmannschaften. Jugendleiter Tobias Körner will der Entwicklung mit kreativen Ansätzen begegnen.
Die Basis für das Weiterbestehen des Amateurfußballs, zumindest auf Kreisebene, ist die Jugendarbeit. Der Spielkreis
Erlangen/Pegnitzgrund hat jedoch erneut etliche Mannschaften verloren. Kreisjugendleiter Tobias Körner machte mit unserem Partnerportal
anpfiff.info eine Bestandsaufnahme, die zum Nachdenken anregt.
In der U19 sind nur noch 40 Mannschaften auf Kreisebene im Spielbetrieb gemeldet. Wie ist die aktuelle Tendenz diesbezüglich im Spielkreis Erlangen/Pegnitzgrund, wie viele Teams wurden im Vergleich zum Vorjahr verloren?Tobias Körner: Die Zahl der Mannschaften nimmt bei uns im Kreis, aber auch bayernweit, weiterhin merklich ab. Für die kommende Spielzeit haben unsere Vereine folgende Mannschaftszahlen über den Amtlichen BFV-Meldebogen erfasst:
A-Junioren: 49 (im Vorjahr 57). Davon spielen die besagten 40 im Kreis mit, also in Kreisliga, Kreisklasse oder Kreisgruppe, neun Vereine spielen auf Bezirks- oder Verbandsebene. B-Junioren 59 (im Vorjahr 61); C-Junioren 73 (85); D-Junioren 110 (122); E-Junioren 152 (171);
F-Junioren 140 (139); G-Junioren 77 (86). Wir haben also aktuell 660 Mannschaften im Kreis gemeldet, in der Vorsaison waren es 721. Leider ein erheblicher Schwund, allerdings wird sich diese Zahl der laufenden Saison noch nach oben korrigieren, denn erfahrungsgemäß kommen im Herbst noch einige Teams bei den G-Junioren dazu.
Ist diese Entwicklung existenzbedrohend für den Amateurfußball des Spielkreises, zumindest auf lange Sicht, oder ist das lediglich ein regionales Problem in den ländlichen Regionen?Bedrohlich oder existenzbedrohend noch nicht, mit Sicherheit aber besorgniserregend. Was aber wirklich zum Problem wird, ist die Tatsache, dass wir ja nicht nur in den oberen Jahrgängen, sondern vor allem in den unteren viele Teams verloren haben. Diese fehlen uns gleich jahrelang im Bereich der Jugend und später bei den Herren.
Leider ist es so, dass der Schwund an Mannschaften eher auf dem ländlichen Bereich zuschlägt. Hier helfen sich die Vereine von Jahr zu Jahr verstärkt mit Spielgemeinschaften, allerdings haben wir auch heuer wieder SGs mit bis zu sechs oder sieben Teams, aber dann nur einer A-, einer B- und einer C-Jugend innerhalb dieser "Großspielgemeinschaft". Positiv ist , dass zumindest die Jugendlichen dann in der Regel in ihrer Altersklasse eingesetzt werden können und nicht ein, zwei Jahrgänge höher spielen müssen. Allerdings ist damit ein etwas erhöhter Aufwand in Kauf zu nehmen.
Im Bereich der Stadt, und das betrifft bei uns ja vor allem Erlangen, ist die Zahl an Teams weiterhin recht hoch, da haben wir auch heuer Vereine, die jede Altersklasse doppelt besetzt haben, fast schon ein Luxusproblem. Allerdings werden auch in Erlangen die ersten Spielgemeinschaften eingegangen, diese gehen mittlerweile sogar bis in die Bezirksoberliga an den Start.
Gibt es aus Ihrer Sicht eine Möglichkeit, dem Schwund an Jugendmannschaften entgegenzutreten, oder besteht Ihre Aufgabe nur darin, diese Entwicklung zu moderieren und Lösungen zu finden?Eine pauschale Lösung kann ich nicht bieten. Das Freizeitverhalten in unserer Gesellschaft hat sich gewandelt und man muss ganz klar sagen, dass eben nicht mehr jedes Kind Fußball spielt, wie es vielleicht vor 15 oder 20 Jahren der Fall war. In den ländlichen Gebieten ist es den Vereinen oft gar nicht mehr möglich, eigene Mannschaften zu bilden, weil zu wenige Kinder da sind.
Als den "stillen Moderator im Hintergrund" sehe ich mich nicht. Es liegt in meinem Interesse, zusammen mit unseren Vereinen Lösungswege für unsere Schwierigkeiten zu suchen. Hierfür suche ich das Gespräch mit den Vereinsvertretern und habe für alle ein offenes Ohr, denn ich bin der Ansicht, dass wir zusammen Lösungen suchen müssen. Es ist durchaus sinnvoll, mal neue Wege zu gehen, andere Sachen auszuprobieren. Wenn sich dann herausstellt, dass es nicht funktioniert, bessern wir nach oder gehen andere Wege. Bei den jüngeren Jahrgängen bieten wir künftig verstärkt Fußball 5 oder Fußball 3 an, bisher bekannt als FUNino. Bei den A- und B-Junioren habe ich zu einem Workshop eingeladen, um den Spielbetrieb dieser Jahrgänge attraktiver zu machen.
Ist Ihr Posten als Kreisjugendleiter bald obsolet?In den nächsten Jahren ist das noch kein Thema. Es gibt ja trotzdem noch viele Jugendmannschaften in den Kreisen, der Jugendfußball ist und bleibt die Basis des ganzen Systems. Daher ist es meiner Ansicht nach unerlässlich, weiterhin in jedem Kreis einen Kreisjugendleiter zu haben. Dieser kennt sich in seinem Kreis aus, er weiß um die Probleme und hat hoffentlich auch Lösungen parat. Denn ganz klar ist ja auch: Nicht jeder Kreis in Bayern ist gleich, in Hof sind ganz andere Strukturen wie in München oder Nürnberg.
Aktuell ist in der Jugend Sommerpause, nicht für Sie, oder?Richtig, die Jugend befindet sich in der Sommerpause, die ersten Mannschaften nehmen aber schon wieder Fahrt auf. Auftakt auf Kreisebene ist der 14. bis 16. September. Für mich gibt es keine klassische Sommerpause, in der ich mal vier, fünf Wochen gar nichts mache. Es ruht zwar der Spielbetrieb, allerdings ist dieser im Vorfeld der Saison ja zu organisieren: Zuletzt galt es, die Gruppen der neuen Saison einzuteilen, eine Jugendleitersitzung zu halten und die Spielpläne zu erstellen. Aktuell bereite ich den genannten Workshop für die A- und B-Junioren vor und ich kümmere mich schon um die Hallenkreismeisterschaft.
Die Zukunft des Jugendfußballs: Haben Sie noch ein paar Sätze, die allen Mut machen?Ich verspreche unseren Vereinen seitens der Kreisjugendleitung weiterhin volle Unterstützung und Zusammenarbeit zum Wohle unserer Vereine. Wir arbeiten an Ideen, um beispielsweise Spielausfälle und Mannschaftsrückzüge gegen Ende der Saison in den Griff zu bekommen.
Da zieht der eine oder andere Verein seine Mannschaft zurück, weil er die restlichen Spiele nicht mehr bestreiten kann, weil ihm die Zahl der Spieler zu knapp geworden ist. Warum also nicht auch mal neun gegen neun spielen, um dann zumindest die letzten paar Spiele durchziehen zu können? Wenn es dann nach ein, zwei Wochen besser aussieht, kann der Verein auch wieder zu elft spielen. Somit kann der Verein seine Jugendlichen ins Ziel retten. Und der Gegner sollte beziehungsweise dürfte eigentlich auch eher froh sein, dass er spielen kann - denn andernfalls würde ja für seine Jugendlichen das Spiel genauso ausfallen.
Das Gespräch führte
Uwe Kellner, anpfiff.info