Integrationsprobleme sorgen für Irritationen

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Auf dem Weg in die neue Gesellschaft bringen viele Flüchtlinge falsche Erwartungen mit und enttäuschen ihrerseits die Erwartungen, die beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt herrschen. Foto: Nicolas Armer, dpa
Auf dem Weg in die neue Gesellschaft bringen viele Flüchtlinge falsche Erwartungen mit und enttäuschen ihrerseits die Erwartungen, die beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt herrschen.  Foto: Nicolas Armer, dpa

Die Integrationspolitik im Landkreis Forchheim sorgt nicht nur bei den Flüchtlingen für Frust. Auch Arbeitgeber reagieren enttäuscht.

Mit Asylbewerbern als Praktikanten habe er fast nur Probleme, sagt der Forchheimer Unternehmer Peter Kaiser. Er hat es in einem Jahr mit vier jungen Leuten versucht. Der Aufwand sei erheblich.
Kaiser richtete einen Büroraum her, stellte einen Schreibtisch auf. Als gleich der erste Praktikant am ersten Tag nicht im Büro erschien, war Kaiser irritiert: "So was geht nicht in einem kleinen Unternehmen."
Er versuchte es erneut und bot einem 18-Jährigen aus der Forchheimer Integrationsklasse ein einwöchiges Praktikum an. Ihm sei bewusst gewesen, dass der junge Mann kein fachliches Können mitbringen würde, sagt der Unternehmer. Gemeinsam mit einer Sozialpädagogin arbeiteten er und der junge Mann einen Vertrag aus. Kaiser nahm ihn an einem Montag mit zu einer Baustelle nach Schwabach: "Es ging darum, EDV-Netze zu dokumentieren, keine Drecksarbeit, sondern was Interessantes." Tags darauf erschien der junge Flüchtling nicht mehr bei der Arbeit - unentschuldigt.


Negativerfahrung und Ärger

Die Sozialpädagogin entschuldigte sich für das Verhalten ihres Schützlings, Kaiser drängte auf ein Gespräch. Die drei setzten sich zusammen. "Ich habe ihm erklärt, wie es in Deutschland läuft. Ich hab ihn auch gefragt, warum er nicht gekommen ist." Statt einer Erklärung bekam Kaiser Vorwürfe zu hören: Er hätte wissen müssen, dass Ramadan sei und alle da Urlaub nähmen. "Ob er nicht wenigstens hätte anrufen können", fragte Kaiser. Antwort: "Das hat mir niemand gesagt, dass man das in Deutschland muss."
Nach dieser Negativ-Erfahrung (weitere folgten) machte Peter Kaiser seinem Ärger bei den Behörden Luft: Er wollte wissen, was in die Integration investiert wird? Und weshalb die Asylbewerber dann offenbar nicht die einfachsten Anstandsregeln beherrschen?
"Die Integration eines Asylbewerbers kostet pro Monat 6000 Euro", sagt Kaiser. Das sei die offizielle Behördenauskunft. Das Programm dauert zwei Jahre. "24 mal 6000 Euro, um mir zu erklären, er wisse nicht, dass man sich entschuldigen muss, wenn man der Arbeit fern bleibt", echauffiert sich Kaiser.
Ungehalten wandte er sich an Dagmar May, die Leiterin des Jugendamtes: "Frau May, bitte norden Sie mich ein!" Er habe sie gefragt, ob Integration nicht versage, wenn so viel Geld für solche Ergebnisse ausgegeben werde?
"Es gibt sehr ehrgeizige Flüchtlinge und solche, die resignieren", sagt Jugendamtsleiterin Dagmar May. An dem Integrationsprogramm zweifelt sie nicht: "An sich ist es nicht schlecht, zumindest weitaus besser als in anderen Ländern. Aber viele bräuchten mehr Zeit zum Sprachenlernen und sie müssten früher kommen als mit 18 Jahren." Ein "ganz großes Problem" sieht Dagmar May darin, "dass viele afghanische Jugendliche vor dem 18. Lebensjahr einen Abschiebe-Bescheid bekommen. Das wirkt sich negativ auf die ganze Gruppe aus". 53 unbegleitete Flüchtlinge gibt es derzeit im Landkreis. Wenn sie deren Entwicklung betrachtet, sagt May: "Entmutigt bin ich nicht, weil es auch einige gibt, die einen guten Weg gehen. Das mit den Afghanen ist aber entmutigend."


Ungeduld bei der Ausbildung

Bodo Sewekow, der stellvertretender Leiter am Beruflichen Schulzentrum Forchheim, appelliert: "Wir müssen davon abkommen, zu sagen, in einem Jahr sind sie ausbildungsbereit."
In der "Flüchtlingsbeschulung" werden 180 Schüler in neun Klassen unterrichtet. Meistens wollten die jungen Flüchtlinge "schneller ausgebildet werden, als wir das können", beobachtet Bodo Sewekow. "Um Mechatroniker zu werden, dauert das dreieinhalb Jahre. Das verstehen viele nicht."
Es gebe "viele positive Beispiele und Erfolgsgeschichten", sagt Bodo Sewekow. "Aber ich krieg meistens nur die negativen Beispiele mit, etwa wenn abgebrochen wird. Wenn sich das unsere Schüler erlauben würden, wären sie raus." Gleichzeitig wirbt der Pädagoge um Geduld und zitiert einen Lehrer seiner Schule: "Die jungen Flüchtlinge haben überlebt, weil sie sich nicht an Regeln gehalten haben."
Drei Voraussetzungen nennt Kreishandwerksmeister Werner Oppel für eine gelungene Integration der Flüchtlinge: "Sie brauchen eine Aufenthaltsgenehmigung, müssen Deutsch sprechen und sie müssen wollen." Häufig sei die Aufenthaltsgenehmigung "nicht sattelfest", kritisiert Oppel: "Kein Handwerker stellt jemanden ein, der wieder zurückgeschickt wird." Problematisch sei zudem das Verhalten vieler Flüchtlinge beim Thema "Pünktlichkeit und Nachhaltigkeit", bedauert der Kreishandwerksmeister: "Das deckt sich nicht mit dem, wie man es sich vorstellt."
Er verweist auf entsprechende Erfahrungen von Handwerkskammer-Vizepräsident Matthias Graßmann. Die Kammer sei immer auf der Suche nach Nachwuchs. Aber in Oberfranken gebe es nur rund 100 Flüchtlinge, die beschäftigt seien. "Das ist ganz wenig", sagt Werner Oppel: "Wir Handwerker haben uns mehr versprochen."