Die Mitglieder des Effeltricher Gesangvereins denken gern an frühere Zeiten zurück. Wehmütig sind sie dabei allerdings nicht, weil auch die Gegenwart Anlass zur Freude gibt.
Tradition und fränkisches Brauchtum machten Effeltrich weit über den Landkreis Forchheim hinaus bekannt. Der Gesangverein der Gemeinde gehört zu den ältesten unter den 21 Vereinen im Ort. Verdiente Mitglieder wie Georg Kotz bekommen glänzende Augen, wenn sie aus der Vergangenheit des Vereins erzählen.
Kotz singt seit 58 Jahren im Effeltricher Gesangverein und war bis 2002 32 Jahre dessen Vorsitzender. Früher, "da hatten wir von 20 Uhr bis 22 Uhr Chorprobe.
Nachher ging es weiter mit wilden Liedern", erinnert er sich. Alfred Brehm, der Notenwart, erinnert sich an die längste Singstunde - die begann am Freitagabend und endete am nächsten Morgen gegen 8.30 Uhr. Vereinswirt, Chorleiter und etliche Sangesfreunde, sie alle haben in dieser Nacht durchgehalten. Zum Schluss hat man das Akkordeon geholt und mit einem Spiel um das Wirtshaus die fröhliche Runde beendet.
Das waren freilich Zeiten, wo es noch keine Handy gab und Geselligkeit noch ein Synonym für Vergnügen gewesen ist. Immer wieder fällt der Begriff "wildes Singen", wenn sich die Effeltricher Sänger an alte Zeiten erinnern.
Wilde Texte und Melodien Mit dem "wilden Singen" habe sie überhaupt erst Spaß am Singen entwickelt, sagte beispielsweise auch Annelies Wagner. Heute ist sie die Vorsitzende des Vereins. Im "wilden Singen" ruht offensichtlich die Volksseele: mit eigenen Texten und eigenen Melodien.
Vor kurzem hat der Gesangverein Effeltrich seinen 125. Geburtstag gefeiert. Sieben Patenvereine feierten in der Turnhalle von Effeltrich mit. Für Schriftführer Johann Wisheckel war der Geburtstag ein willkommener Anlass, einmal näher auf die Chronik einzugehen.
Im Jahr 1888 wurde der Stammverein "Liederkranz Effeltrich" als Männerchor im damaligen Vereinslokal "Zur Waldeslust" gegründet. Die Wurzeln lagen im Kirchenchor von St. Georg und in der Musikkapelle.
Um 1919 entstand mit dem "Liederverein Effeltrich" mit einem Männer- und Gemischtem Chor ein zweiter Verein im "Unterdorf". Das ließ den Wettbewerb steigern und das Sangesleben in seiner Gesamtheit erblühen. 1933 mussten sich die beiden Verein auf Druck der Nationalsozialisten zum heutigen "Gesangverein Effeltrich" zusammenschließen.
Mit Ende des Zweiten Weltkriegs folgte das Verbot aller Vereine in Deutschland durch die Alliierten. Das ließ das Vereinsleben bis 1949 zum Erliegen kommen.
Erst danach durften die Sänger wieder im Vereinslokal "Waldeslust" zusammenkommen. Manchen Vertriebenen erleichterte das gemeinsame Singen die Ankunft in der neuen Heimat.
Als Kulturträger erwarben sich die Sänger mit der Pflege deutschen Liedguts und des Chorgesangs zahlreiche Auszeichnungen wie die Hans-Sachs-Plakette 1974 und die Zelter-Plakette anlässlich des 100. Geburtstags 1988.
Der Blick nach vorn Tradition ist wichtig. Ein lebendiger Verein muss aber auch den Blick nach vorn wahren. So formierte sich vor zehn Jahren noch eine Pop- und Gospelgruppe, die vor allem auch jüngere Sänger mit Spirituals, Gospel und Popsongs ansprechen will.
Der Anspruch ist gewachsen, aber damit auch die Kosten. Waren es früher ein paar Naturalien, mit denen ein Chorleiter, oft war es der Lehrer der Dorfschule, entlohnt wurde, so ist die Finanzierung heute eine große Herausforderung für den Verein. Das zweitägige Grillfest zu Pfingsten hilft da, die Kasse der Effeltricher aufzubessern.