Hoffen, dass es mit dem Dorfladen weitergeht

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Sebastian Grau zählt zu den vielen täglichen Kunden von Gertrud Heidner. Foto: Franz Galster
Sebastian Grau zählt zu den vielen täglichen Kunden von Gertrud Heidner. Foto: Franz Galster
Bei der Bürgerversammlung (v. l.): Bürgermeister Florian Kraft, Gertrud Heidner, der künftige Eigentümer Rayk Kunze mit Partnerin Franziska Foto: Franz Galster
Bei der Bürgerversammlung (v. l.): Bürgermeister Florian Kraft, Gertrud Heidner, der künftige Eigentümer Rayk Kunze mit Partnerin Franziska Foto: Franz Galster
 
Frischemarkt Heidner Foto: Franz Galster
Frischemarkt Heidner Foto: Franz Galster
 
Dorfladen-Bürgersitzung im Rathaus von Leutenbach Foto: Franz Galster
Dorfladen-Bürgersitzung im Rathaus von Leutenbach Foto: Franz Galster
 
Dorfladen-Bürgersitzung im Rathaus von Leutenbach Foto: Franz Galster
Dorfladen-Bürgersitzung im Rathaus von Leutenbach Foto: Franz Galster
 

Gertrud Heidner will mit ihrem Laden Ende November aufhören. Der Rathaussaal in Leutenbach war proppenvoll. Die nächste Versammlung ist programmiert.

Vor einem Jahr läuteten in Leutenbach schon die Alarmglocken bei der Botschaft, dass ihr alteingesessener Dorfladen Frischemarkt Gertrud Heidner zum Verkauf steht. Ein Jahr später ist es nun soweit. Bürgermeister Florian Kraft (FW) hat seine Bürger in das Rathaus eingeladen, um die aktuelle Situation zu erläutern und nach Lösungen für den Erhalt des Ladens gemeinsam zu suchen.
Der Rathaussaal erlebte wohl selten einen solchen Ansturm von Menschen, die sichtlich bemüht waren, einen kreativen Beitrag in der Diskussion zu leisten. Kraft begrüßte am Tisch die bisherige Besitzerin Gertrud Heidner, daneben den Käufer Rayk Kunze mit seiner Partnerin Franziska. Kraft bedauerte die Situation in einem Jahr, da bereits der Dorfladen in Mittelehrenbach aufgehört hat zu existieren. Ein Dorfladen bedeute Lebensqualität, die Möglichkeit einzukaufen, sei ein Ort der lokalen Kommunikation.
Informationen weitergeben und Chancen auszuloten sei das Ziel der Versammlung. "Jeder findet es schade. Aber wer tut wirklich was", stellte er die Frage in den Raum.
Der "Vollsortimentladen", wie er offiziell aufgrund des kompletten Angebotes sich fachlich nennen darf, gehört zur festen Tradition des Ortes. In den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurde er als "Kolonialladen und Metzgerei Roth" gegründet.
Gertrud Heidner stieg 1968 ein. Sie betrieb das Geschäft mit viel Herzblut und will es zum 30. November 2015 aus Alters- und Gesundheitsgründen abgeben. Sie lege Wert auf Qualitätsprodukte, betont sie. Ein "Audit" habe sie vor drei Wochen mit 97,5 von 100 möglichen Punkten bestanden, wie sie jetzt erzählt. Das wird mit großem Beifall quittiert. Preislich sieht sie sich wettbewerbsfähig mit großen Lebensmittelketten, die eben mit Sonderangeboten lockten.
Drei Arbeitskräfte beschäftigt sie auf Minijob-Basis teilweise seit 30 Jahren. Der künftige Eigentümer Rayk Kunze kommt aus Sachsen, wohnt seit 2001 in Forchheim und hat eine Anstellung bei einem großen Lebensmittelzentrallager in Buttenheim. Über Internet wurde er auf das Objekt aufmerksam. Kunze beabsichtigt in den oberen Geschossen, drei Wohnungen einzurichten, eine für sich, zwei für ihm gut bekannte Mieter. Er betonte in seiner persönlichen Vorstellung den aufrichtigen Willen, das Seinige zu tun, damit der Laden weiter bestehe. Dazu gehöre eine stark reduzierte Staffelmiete, um einem Interessenten den Einstieg zu erleichtern und dann auch die geschäftliche Entwicklung zu berücksichtigen.
Breit gefächert zeigte sich die Diskussion nach Konzepten und Vorgehensweisen. Eine Genossenschaft wie Unterleinleiter wurde relativ schnell ad acta gelegt. Limitierte Öffnungszeiten, Verwaltung, breite Verantwortung, damit funktioniert ein kleiner Laden in dieser Form nicht, war man sich überwiegend einig. Klare Verantwortlichkeit durch eine Person war als Ziel schon eher eingängig. Daraufhin entbrannte die Diskussion im Hinblick auf die Reihenfolge. "Wenn der Laden stirbt, stirbt das Dorf mit einem kontinuierlichen Rückgang der Wohnqualität", sorgt sich Zuhörer Helmut Pfefferle. Erst ein Konzept, dann die Interessenten finden, so empfiehlt er. Genau umgekehrt versteht es Paul Rumpler, der erst einen Interessenten als primär ansieht. Die Ideenfindung für ein mögliches Konzept reichten im Trend von einem Dorfladen, Laden mit Café oder Café. Jedenfalls sollte es "Attraktionspunkt" für Leutenbach bleiben, im Vordergrund natürlich möglichst der Dorfladen.
Wiederholt schauten die Besucher Richtung Gemeindeverantwortliche. Von dort wird finanzielle Unterstützung, sei es um Umfeld oder in direkterer Form, erwartet. "Ihr baut Wanderparkplätze, dann muss doch auch bei einer schuldenfreien Gemeinde Geld da sein, das den Bürgern direkt zugutekommt", lautet eine Stimme. Mögliche Fördertöpfe wurden angefragt. Bürgermeister Kraft hielt sich bedeckt, will aber Möglichkeiten von kommunaler Seite eruieren. Es könne nicht schaden, Landrat Hermann Ulm (CSU) mit seinen Erfahrungen ins Boot zu nehmen, regte ein Zuhörer an.
Spontan meldeten sich Bürger zu Wort, die freiwillige Arbeit leisten würden beim Erhalt eines Dorfladens. Beim neuen Besitzer hinterließ die engagierte Reaktion der Bürger einen positiven Eindruck. Dabei bedauere er, dass der Bürgermeister und die Kommune so spät reagierten. Gibt es bis 30. November keine Lösung, bleiben die Räumlichkeiten zunächst leer. "Leerstand ist der Tod eines Geschäfts. Das wäre schade für die ganze Gemeinde. Lebensqualität geht verloren. Junge Leute ziehen nicht mehr her. Ältere müssten längere Wege auf sich nehmen", sagt er.
"Mir würde es sehr am Herzen liegen, dass es weitergeht. Auch für meine alten Leute", resümiert Gertrud Heidner. "Was mache ich, wenn Sie nicht mehr da sind", würde sie immer wieder gefragt. Das erzeuge bei ihr Gänsehaut. "Jeder soll sich umsehen, Bekannte und Freunde ansprechen, aktiv sein", fordert Bürgermeister Kraft seine Bürger abschließend auf. Auch Auswärtige seien eingeladen. Ende August will er zur nächsten großen Runde einladen.