Das Verfahren gegen einen Mann aus dem Landkreis Forchheim, der seine Frau vor gut eineinhalb Jahren schwer gewürgt haben soll, wurde eingestellt. Das Ehepaar will sich wieder zusammenraufen.
Er kann sich nicht mehr erinnern, der Maler aus dem Landkreis, als ihn Richterin Silke Schneider zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft befragt. Sie wirft ihm vor, im August 2011 seine Ehefrau mit beiden Händen am Hals gepackt und gewürgt zu haben: "Ich weiß überhaupt nichts mehr. Und wenn ich es gewesen bin, dann tut es mir leid. Ich möchte mein Frau nicht verlieren."
45 Jahre sind die beiden verheiratet, aber eine glückliche Ehe kann man das wohl nicht nennen. Mit viel Streit, mit vielen Beleidigungen. Mit seinen Eifersuchtsattacken und verbalen Angriffen auf Familienmitglieder.
"Manchmal hat mein Mann richtige Aussetzer. Da tobt er bloß noch", beschreibt die Frau das Verhalten ihres Mannes. Und doch können die beiden nicht von einander lassen. Dabei hat die Frau ihrem Mann einmal vorgeworfen, sie vergewaltigt zu haben. Das Verfahren wurde eingestellt.
Dieses Mal hatte die Zwillingsschwester der Frau reagiert, allerdings erst beinahe ein Jahr nach dem Tatgeschehen. Jeder der Eheleute nennt einen anderen Grund für die Auseinandersetzung mit dem massiven Übergriff. Er spricht davon, dass er "bös war". Der Schwiegervater sei im Sterben gelegen. Er dagegen habe ihn nur für zu faul zum Arbeiten gehalten. "Bis ich erkannt habe, wie es um ihn steht, war es zu spät", gibt er sich reumütig.
Die Ehefrau ordnet das gewalttätige Geschehen in die Zeit, als sich die ältere Tochter des Paars von ihrem Partner getrennt hatte, und mit ihren zwei Kindern bei der Mutter Unterschlupf suchte. "Mein Mann war dagegen und machte deswegen ein großes Trara", beschreibt sie die Situation. Der Mann sei auf die Tochter losgegangen, die habe zurückgeboxt. Dann habe der Mann seine Frau völlig unerwartet am Hals gepackt und mit beiden Händen zugedrückt.
"Ich habe keine Luft mehr bekommen. Ich dachte, jetzt ist es gleich vorbei.". Am nächsten Tag waren die "Fingerdrücker" zu sehen. Dennoch ging sie nicht zum Arzt, obwohl die Schmerzen auch am Kehlkopf eine Woche anhielten.
Die Schande im Dorf Die Richterin glaubt der Schilderung der Frau. Für die Juristin stellt sich aber die Frage, wie die Frau denkt, dass es weitergehen könnte. Ob eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung hier was bringe. "Er kennt keine Grenzen", weiß die Frau genau. Wichtig ist ihr, dass dem Mann gesagt wird, dass es so nicht weiter ginge. An eine psychosoziale Betreuung denkt sie. Denn ein früherer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik hat nicht viel gebracht. Der Mann hat nur eine Weile ein Medikament genommen. Wirkte der Mann bis zu diesem Punkt der Verhandlung noch ziemlich ruhig, verfällt er nun ins Weinerliche.
"Mir wird so viel untergejubelt. Ich habe keine Lust mehr zu leben", sagt er und krümmt seine ganze massige Gestalt zusammen. "Die Schande im Dorf, das ist mein Untergang", klagt er, der auch noch Vorsitzender eines Vereines ist.
Die Richterin möchte einen Impuls geben, durch den die Ehesituation verändert werden könnte. Ein Urteil hält sie nicht für geeignet. Denn im Verhalten der Frau sieht sie ein Zeichen, dass sie ihren Mann nicht verlassen wolle. Dieser beharrt darauf, er habe sich gebessert, was ihm seine Frau nicht glaubt. Dann ein Moment der Selbsterkenntnis: "Ich muss mich ändern, will ich sie nicht verlieren."
Derweilen berät sich die Richterin mit dem Staatsanwalt, ob das Verfahren eingestellt werden könne, während die Eheleute sich noch mit ihrem Ratschlag auseinandersetzen, ob eine psychiatrische Behandlung etwas brächte.
Denn die Frau hat erkannt, ihr Mann "projiziert seine Ängste auf mich".
"Jetzt machen wir den Deckel drauf", verkündet die Richterin und hängt den Einstellungsbeschluss sofort an. Als wären sie ein Herz und Seele verlassen das Ehepaar und die Zwillingsschwester das Gerichtsgebäude.