Ermreuther Synagogen-Besucher nehmen Stellung zu Forchheimer Debatte

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Birgit von Lemm mit einem ihrer Objekte Fotos: Dorothea Weiler
Birgit von Lemm mit   einem ihrer Objekte Fotos: Dorothea Weiler
Reinhold Wendler
Reinhold Wendler
 
Monika Tremel
Monika Tremel
 
Bärbel Löhr
Bärbel Löhr
 

In großer Zahl und mit hohem Interesse haben die Besucher den Tag der Offenen Tür in der Synagoge Ermreuth wahrgenommen. Rajaa Nadler, die Leiterin der Synagoge und des Museums Ermreuth führte durch das Gotteshaus. Und die Augsburger Künstlerin Birgit von Lemm eröffnete unter dem Titel "Heilig ist der Herr"eine Ausstellung mit Seidenmalerei.

Für Gesprächsstoff sorgte aber nicht nur das vorbereitete Programm. Die Besucher nahmen den Synagogenbesuch auch zum Anlass, um einen thematischen Bogen von Ermreuth nach Forchheim zu schlagen, wo die Gestaltung des Synagogengeländes in der Wiesentstraße seit Wochen für eine Debatte sorgt.
Paul Romig (65) und seine Frau Helga aus Röthenbach an der Pegnitz waren wiederholt in Ermreuth gewesen, hatten die Synagoge aber nie von innen gesehen.
Am Sonntag nutzten sie die Gelegenheit. Aus denkmalschützerischen Gründen und als Denkanstoß, so Paul Romig über die Forchheimer Debatte, "sollte in der Wiesentstraße eine Gedenktafel angebracht werden". Zudem sollte überprüft werden, "ob es mit dem Verkauf des Geländes überhaupt seine Richtigkeit gehabt" habe.

"Jüdisches Leben hat in allen Jahrhunderten zu unserer Kultur gehört. Vor dem Hintergrund der aktuellen Forchheimer Debatte müssen wir mit der Geschichte sensibel umgehen", sagt Monika Tremel (45) aus Nürnberg. Es sei wichtig, an einem Ort, wo durch das Novemberpogrom eine Synagoge zerstört worden sei, einen Raum für öffentliches Gedenken und Erinnerung zu schaffen. Dies könne zum Beispiel durch eine Gedenktafel, aber auch durch einen in den Boden eingelassenen sogenannten Stolperstein des Künstlers Gunter Demnig geschehen, der solche Mahnmale schon in über 500 Orten in ganz Deutschland verlegt hat. "Auf Grund der historischen Verantwortung gilt es, die Erinnerung in der Öffentlichkeit wach zu halten", sagt die Theologin.

Ausbildung in Jerusalem


"Bis vor einer Stunde habe ich noch nicht gewusst, dass es den Ort Ermreuth überhaupt gibt", sagt Sabine Klempp (53), die seit fünf Jahren in Heiligenstadt lebt und von ihren Nachbarn zu dem Tag der Offenen Tür mitgenommen wurde.

Sie erzählt, dass sie vor ihrer Niederlassung in Heiligenstadt 22 Jahre lang in Jerusalem gelebt hat, wo sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolvierte und als Hausmutter in einem Altenheim tätig war. Auf dem fraglichen Forchheimer Gelände eine neue Synagoge oder ein weiteres Museum zu errichten hält Sabine Klempp nicht für sinnvoll. Aber eine Gedenktafel ist in ihren Augen "das Mindeste, was möglich ist".

Bärbel Löhr (60) aus Nürnberg hält einen Hinweis auf die Geschichte des Grundstücks an der Wiesentstraße für notwendig, "damit es nicht einfach so eine Abstellfläche ist". Dieser Hinweis müsse allerdings so gestaltet werden, dass er wirklich ins Auge steche, sodass man nicht schnell vorüber gehe. Beispielsweise könne ein Bild der Synagoge, wie sie damals ausgesehen habe, rekonstruiert und auf einer Metalltafel angebracht werden. Sie habe bereits die Friedhöfe in Pretzfeld und Hagenbach und auch im Fränkische Schweiz Museum Tüchersfeld den Synagogenraum angeschaut, nicht nur weil sie etwas von ihrer Heimat kennen lernen wolle, sondern auch, da sie sich als evangelische Christin die gemeinsame Wurzel des christlichen und jüdischen Glaubens bewusst sei.
Reinhold Wendler (64), ehemaliger Lehrer des Herder-Gymnasiums, erinnert an seine Anfänge als Lehrer in den 70er Jahren: Von Seiten der Stadt Forchheim habe es damals "noch keine Aufarbeitung der jüdischen Vergangenheit gegeben". Unterrichtsmaterial zur jüdischen Geschichte Forchheims zu beschaffen, habe sich als schwierig erwiesen. Das Fehlen jeglichen Hinweises auf die einstige Synagoge, basierend auf mangelndem historischen Bewusstsein, sei "typisch Forchheim" und "schon ein Skandal". Zumindest müsse der Gedenkstein an der gegenüberliegenden Straßenseite auf das Synagogengelände versetzt werden, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Allerdings sei die Inschrift auf der Stele sehr allgemein gehalten. Es müsse wenigstens darauf hingewiesen werden, dass sich an der Wiesentstraße 15 die Synagoge und im oberen Stockwerk die Wohnung des Rabbiners befunden hätten.

Es kommt auf die Bedeutung an


Hansjürgen Kitzinger (77), Leiter des Arbeitskreises "Suchet der Stadt Bestes" in Nürnberg, meint, da einmal entweihte Gebäude für Juden keine Bedeutung mehr hätten, könne über das Gelände in Forchheim frei verfügt werden. Sollte sich dort allerdings ein Grabstein befunden haben, so müsse das Gelände ungenutzt bleiben, da es das jüdische Empfinden beleidige, einen solchen Ort zu betreten. "Wenn das Grundstück aber aus jüdischer Sicht keine Bedeutung mehr hat, würde ich persönlich da keinen Anspruch mehr erheben und gäbe es keinen Grund, dort nicht bauen zu dürfen", sagte Kitzinger. Allerdings müsse die Eigentumsfrage geklärt sein und gegebenenfalls eine Entschädigung an die jüdische Gemeinde gezahlt werden.