Erlangerin hilft Meth- und Heroinabhängigen

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Crystal Meth ist eine verhältnismäßig günstige Drogen. Geist und Körper zerstört sie meist in kürzester Zeit. Foto: dpa
Crystal Meth ist eine verhältnismäßig günstige Drogen. Geist und Körper zerstört sie meist in kürzester Zeit.  Foto: dpa

In Erlangen hilft Jutta S. Menschen, die ihr Leben an Crystal Meth oder Heroin verschwenden. Oft erinnern sie die Süchtigen an Kinder.

Crystal Meth kann am Anfang wunderbar sein. Es enthemmt, putscht auf, schaltet Hunger und Müdigkeit aus und hält bis zu 70 Stunden wach. Es dauert aber nur einen Wimpernschlag und dann ist Crystal Meth die Hölle. Es macht hochgradig abhängig und lässt sich nicht viel Zeit dabei, den menschlichen Körper in eine Ruine zu verwandeln.

Nervenzellen sterben ab, Zähne verfaulen, die Körpertemperatur steigt. Am Ende stehen Schlaganfall und Herzinfarkt. Nicht selten leiden Crystal-Konsumenten an Verfolgungswahn, sehen Dinge, die es nicht gibt und hören Stimmen, wo sonst niemand Stimmen hört.

Crystal Meth ist die Hölle. Das war so und das ist so. Wer das beweifeln sollte, kann ja Jutta S. fragen. Sie leitet jene Station im Erlanger Klinikum "Am Europakanal", in der die Konsumenten harter Drogen behandelt werden.

"Der Konsum von Crystal Meth nimmt bei deutschen Jugendlichen stark zu.
Der reine Heroinabhängige ist zur Rarität geworden", sagt Jutta S. Und längst sind ihrer Erfahrung nach die Drogen in sämtlichen gesellschaftlichen Schichten angekommen. "Arbeiter, Akademiker und Studenten, von 18 bis 73 Jahren sind unsere Patienten. 80 Prozent davon sind Männer", erzählt Jutta S.


Rauchen und spritzen

Neben Crystal ist im Moment Fentanyl ein großes Problem für Jutta S.: "Es ist ein Schmerzpflaster für Krebs- oder Schmerzpatienten". Und es ist bei Suchtkranken inzwischen "unglaublich beliebt".

Abhängige durchwühlen den Müll von Altenheimen nach den Schmerzpflastern. Dann schaben sie das Medikament vom Pflaster ab, um es in Zigaretten zu rauchen. Oder sie kochen das Pflaster in einer Flüssigkeit auf und spritzen sie sich in die Venen. "Damit schießen sie sich aber auch den Kleber des Pflasters mit ein", sagt Jutta S.

Seit 21 Jahren kümmert sich das Erlanger Klinikum um Patienten aus ganz Deutschland. 15 Schwestern und Pfleger, zwei Ärzte, eine Oberärztin, ein Suchttherapeut, ein Psychologe sowie ein Ergotherapeut versuchen den Abhängigen wieder ins Leben zu helfen.

Neun Tage sind die Suchtkranken im Schnitt zum Entzug. Danach beginnen sie eine Langzeittherapie oder gehen wieder nach Hause. "Man kann sie nur ein Stück begleiten und ihnen wie bei einem kleinen Kind, das beim Gehversuch umfällt, einen Anstoß zum Weiterlaufen geben. Immer ein kleines Stückchen, sodass sie es schaffen, clean zu bleiben", sagt Jutta S.

"Stations-Mutti" wird sie daher liebevoll genannt, denn viele der Abhängigen sind nicht zum ersten Mal zum Entzug auf ihrer Station. Manche kommen nach 14 Tagen wieder, andere erst nach vier Monaten. Manche sind acht Mal im Jahr zum Entzug auf der Station. Nur wenige schaffen es, ganz von den Drogen wegzukommen.

Viele Patienten erinnern Jutta S. an Kinder. "Sie suchen Wärme und Geborgenheit." Das sind Empfindungen, die Abhängige auch mit dem Konsum von Drogen verbinden.

Die zerstörerischen Effekte der Drogen stehen auf einem anderen Blatt Papier. Nicht nur der Körper leidet, sondern auch der Geist. Psychosen und Halluzinationen machen das Leben der Junkies dann zur Hölle. Manche werfen sich vor den Zug oder ritzen sich, weil sie das Gefühl haben, unter ihrer Haut krabbelten Tiere.


Zum Schutz der Mitarbeiter

Jutta S. sieht Cannabis unverändert als Einstiegsdroge. Man sei nach dem Kiffen locker drauf, gut gelaunt und offen, auch andere Drogen zu probieren.

Nur einen geregelten Tagesablauf bekomme man dann oft nicht mehr hin. Der Drogenkonsument rutscht ab. Hinzu kommt der Druck, andauernd Geld beschaffen zu müssen.

Von Beschaffungskriminalität spricht die Polizei, wenn Abhängige das Geld für ihre Sucht nicht mehr auf legalem Weg aufbringen können. Beschaffungskriminalität ist auch der Grund, warum die Mitarbeiter der Erlanger Suchtstation geschützt werden. Weder ihr voller Name, noch ihr Wohnort darf genannt werden.


Alle Drogen sind gefährlich

"Viele Frauen verdienen sich den nächsten Rausch durch Prostitution. Die Männer werden kriminell oder dealen", sagte Jutta S.

Sie selbst versucht, weder die Ängste noch das Mitleid mit den Drogensüchtigen mit nach Hause zu nehmen. So richtig abschotten kann sie sich dennoch nicht. Erfährt sie irgendwann von einem ehemaligen Abhängigen, dass er sein Leben gemeistert hat, im Berufsleben steht und auf eine Familie zählen kann, freut sie sich.

Stirbt dagegen ein ehemaliger Patient an seiner Sucht, geht das Jutta S.noch immer an die Nieren.
Prävention ist der beste und vielleicht sogar auch einzige Schutz, glaubt sie. Denn es gebe keine ungefährlichen Drogen.