Ein Markt im Landkreis Forchheim wird in wenigen Wochen seinen einzigen Nahversorger verlieren. Die bestürzten Reaktionen auf die Nachricht passen jedoch nicht ganz zum Kundenverhalten, wie der Inhaber beobachtet hat.
Seit etwa 30 Jahren gibt es in Hiltpoltstein den kleinen Edeka-Markt der Familie Merkel. Kunden können hier unter anderem Getränke, Back- und Fleischwaren, Milchprodukte, Waschmittel, Zeitungen und auch Lottoscheine erwerben. Doch der einzige Nahversorger des Orts wird voraussichtlich zwischen dem 10. und 15. August zum letzten Mal öffnen, wie Inhaber Hans-Martin Merkel inFranken.de erklärt.
Seit ein bis zwei Jahren stehe der Gedanke schon im Raum, doch die Familie habe es so lange wie möglich herausgezögert. Immerhin sei der Markt vor allem für ältere Menschen eine wichtige Anlaufstelle. Jetzt sei der Aufschrei und das Bedauern in der Gemeinde groß, beobachte er. Doch etwas passe nicht: "Wenn jeder bei uns gekauft hätte, der sich heute beschwert, hätte es keine Diskussion über eine Schließung gegeben."
"Was sie bei Norma oder Rewe vergessen haben": Hiltpoltsteiner Edeka kann nicht weiter überleben
Merkel habe vor sieben bis acht Jahren den Laden von seiner Mutter übernommen. Zwar habe der in die Jahre gekommene Supermarkt eine aufwändige Grundsanierung nötig, doch die Kosten hierfür seien nicht der Schließungsgrund. "Ich mag nicht mehr", sagt der Kaufmann, der nebenbei eine andere Haupteinnahmequelle habe, keine Miete zahlen müsse und nicht gewinnorientiert bei seinem Laden denke.
"Die Leute haben es einfach nicht honoriert. Von kleinen Sachen, die sie bei Norma oder Rewe vergessen haben, können wir nicht leben. Der Umsatz pro Kunde ist einfach zu gering", führt er aus. Er habe zwar auch treue Stammkunden, doch viele mobile Menschen bevorzugten die großen Supermärkte in Gräfenberg: "Morgens kaufen die Leute ihre Brötchen bei uns und fahren nachmittags zu Norma. Es wurde Jahr für Jahr schlechter", illustriert Merkel und fügt hinzu, dass er im Verhältnis keine teureren Preise führe.
Die älteren Menschen konsumierten indes nicht die Mengen, die für den Umsatz nötig seien. Zu selten verkaufe das Team Produkte wie Waschmittel, bei denen nicht nur Centbeträge als Gewinn übrig blieben. "In den vergangenen ein bis zwei Jahren hatten wir auch massive Probleme mit Personalmangel", so eine weitere Herausforderung. Das Team sei zu klein und zusätzliches Personal bei den Umsätzen nicht bezahlbar.
"Kann ich keinem antun": Kaufmann sieht für Laden keine Zukunft
Eine Nachfolgersuche sei keine Option gewesen. "Das kann ich keinem antun", macht der 64-Jährige deutlich und denkt dabei auch an Miete, Strom und Wasser. Der Laden sei mit seinen 350 Quadratmetern zudem so klein, dass er teils von Lieferanten nicht mehr angefahren worden sei und so Waren gefehlt hätten, berichtet er frustriert. Die Familie musste überdies beobachten, wie auch der Metzger in der Nachbarschaft schloss.
Somit habe sich die Laufkundschaft reduziert, von der der Edeka immer profitiert habe. "Das hat uns getroffen und so greift eins ins andere." Der Annahme, dass der Nahversorger ausschließlich eine Adresse für die Nachbarschaft sei, setzt Merkel schließlich eine überraschende Beobachtung entgegen: "Wir hatten zu 80 Prozent Kundschaft aus der Ferne, wie Betzenstein, die das zu schätzen wussten. Die Einheimischen kamen am wenigsten."