Das Restwasserkraftwerk in Neuses wurde in Betrieb genommen. Die Festredner lobten die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie.
Es gibt sie doch, die "eierlegende Wollmilchsau". Sie ist etwa 20 Tonnen schwer, genau 18,4 Meter lang und 3,4 Meter breit: eine Wasserkraftschnecke, die Ökonomie und Ökolo-gie vereinen soll. Sie ist installiert im neu gebauten Restwasserkraftwerk in Neuses (Gemeinde Eggolsheim) und wurde jetzt nach der ökumenischen Weihe durch Pfarrer Daniel Schuster von der Pfarrei St. Martin Eggolsheim und Vikarin Brigitte Müller vom Forchheimer evangelischen Pfarramt St. Johannis offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Realisiert wurde das 1,4 Millionen teure Projekt von der Rhein-Main-Donau AG (RMD).
Mit der neuen Minianlage schlägt die RMD mehrere Fliegen mit einer Klappe. Denn durch die neue Schnecke strömen pro Sekunde 3,5 Kubikmeter Wasser aus fünf Metern Fallhöhe - Restwasser, dass gesetzlich aufgrund des flussabwärts gelegenen Kraftwerks bei Hirschaid aus gewässerökologischen Gründen in die Regnitz abzuleiten ist.
So wird die Fließgeschwindigkeit im bestehenden Fischpass reduziert, die Fische und andere Wasserlebewesen können diesen wieder besser passieren. Auch die Uferbefestigung in diesem Bereich wurde komplett erneuert, für Wassersportler ist eine Möglichkeit geschaffen worden, ihre Sportboote umzusetzen. Und das Beste: die Schnecke liefert rund um die Uhr erneuerbare Energie - konstant - 365 Tage im Jahr, egal ob die Sonne scheint, oder der Wind weht.
"Kaum ein Haar in derSuppe" Die RMD in Person von Vorstand Albert Streich pries das Restwasserkraftwerk Neuses bei der offiziellen Inbetriebnahme als "Musterbeispiel für die Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie bei der Nutzung der regenerativen Wasserkraft". Tatsächlich gibt es am Bau des Restwasserkraftwerkes wohl kaum "ein Haar in der Suppe" zu finden.
"Von den 1,4 Millionen Euro die wir in das Projekt investiert haben, flossen etwa ein Viertel (rund 350 000 Euro) in ökologische Optimierungsmaßnahmen und ein aufwendiges, fischökologisch optimiertes Auslaufbauwerk," Dieses verhindert, dass Wassertiere von der Strömung angelockt werden. Sie werden vielmehr vorher in den Fischpass gelockt. Runterwärts ist das Passieren der Schnecke sowieso kein Problem. Die Tiere können verletzungsfrei hinabrutschen. Betreiber der High-Tech-Anlage ist künftig die Eon Kraftwerke GmbH. Sie war beim Festakt vertreten durch den Leiter der Wasserkraft Deutschland Mitte, Karl-Heinz Schreiber. Er brachte seine Freude zum Ausdruck, dass der zehnmonatige Bau unfallfrei vonstatten gegangen war, waren auf der Baustelle doch recht komplexe und anspruchsvolle Herausforderungen zu meistern.
Energie für 350 Haushalte Es ist die 60.
Wasserkraftanlage der Rhein-Main-Donau AG und gleichzeitig die kleinste. Wobei klein in diesen Ausmaßen relativ ist. Mit einer Jahreserzeugung von 1,14 Millionen Kilowattstunden versorgt das Kraftwerk umgerechnet etwa 350 Haushalte oder 720 Einzelpersonen im Jahr mit Strom. Also fast genau die Menge an Einwohnern, die in Neuses wohnen (743 Einwohner), stellte der Bürgermeister der Marktgemeinde Eggolsheim, Claus Schwarzmann fest. Oder 0,6 Prozent der Einwohner des Landkreises, fügte ein statistisch gut vorbereiteter Landrat Hermann Ulm schmunzelnd hinzu.
Die beiden hatten die Ehre, gemeinsam mit Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer, dem Bundestagsabgeordneten Andreas Schwarz (SPD), den beiden Landtagsabgeordneten Michael Hofmann (CSU) und Thorsten Glauber (FW), der stellvertretenden Regierungspräsidentin Petra Platzgummer-Martin und den Vertreter von Eon und der RMD auf den "blauen Knopf" zum Ziehen des Oberwasserschützes zu
drücken und die Anlage damit zu starten.
4000 Wasserkraftanlagen in Bayern "Wasserkraft ist der wichtigste Baustein der Energie in Bayern", sagte Pschierer in seiner Festansprache. Gerade das hohe Maß an Systemstabilität durch eine stete, gesicherte Leistung sei hier der große Vorteil. Anders als bei Energiegewinnung durch Sonne und Wind. Die Wasserkraft in Bayern liefere derzeit mit rund 40 Prozent den größten Beitrag der erneuerbaren Energien. Erst dann folgen Photovoltaik (etwa 28 Prozent), Biogas, Windkraft und Biothermie, so Pschierer. Wobei die Nutzung der Wasserkraft in Bayern mit über 4000 Wasserkraftanlagen ziemlich ausgereizt sei, der Fokus müsse auf die Modernisierung bestehender Anlagen gerichtet werden.
"Am Ende werden wir alle erneuerbaren Energien brauchen, von der einen mehr, von der anderen weniger", ist der Staatssekretär überzeugt, beim "spannenden und mutigen Schritt" hin zur Energiewende auf dem richtigen Weg zu sein.
In Neuses ist zumindest ein weiterer, wenn auch kleiner, Mosaikstein dafür gesetzt. Die Anlage hilft pro Jahr rund 800 000 Kilogramm Kohlendioxid zu vermeiden. "Ein Paradebeispiel, wie man regenerative Energie vor Ort gewinnen kann", so Landrat Ulm, der sich über die Inbetriebnahme der 13. Wasserkraftanlage im Landkreis freute.