Der Heimatforscher Rolf Kießling geht in einer neu erschienenen Broschüre auf die Schankstätten und Wirtshäuser des Dorfes Ermreuth ein.
Seit mehreren Jahren beschäftigt sich der Heimatforscher Rolf Kießling aus Forchheim mit der Geschichte des Dorfes Ermreuth. In einer neuen Broschüre geht er auf die Schankstätten beziehungsweise Wirtshäuser des Dorfes ein.
Von manchen längst vergessenen Ereignissen weiß Kießling zu berichten. So herrschte jeweils große Aufregung im Dorf, wenn Soldaten in den Häusern und Wirtschaften einquartiert werden mussten.
Bereits im 16. Jahrhundert existierten in Ermreuth zwei Schankstätten. In einem Lehensbrief für die Herren von Muffel, der 1561 vom Markgrafen Georg Friedrich I. von Brandenburg ausgestellt wurde, werden die Namen zweier Wirte aufgeführt, ebenso die Höhe der Abgaben, die sie zu entrichten hatten. Ausgeschenkt wurden damals Wein und Branntwein. In der Dorfordnung, die die Muffel bereits 1537 erließen, wurden die Schankzeiten eingeschränkt. An Sonn- und Feiertagen durften während des Gottesdienstes keine alkoholischen Getränke verkauft werden.
Verzehrgelder als Einnahmen
Zu den Einnahmen der Wirte gehörten die Verzehrgelder. Diese fielen in Ermreuth jeweils am 25. Juli an. Am Tag des hl. Jakob des Älteren hielten die Ermreuther ihre Gemeindeversammlung ab. Im Anschluss daran wurden die Teilnehmer - ausschließlich Männer - bewirtet. Für die Kosten kam die Gemeinde auf. Verzehrgelder fielen auch nach Arbeiten an, die im Auftrag der Gemeinde verrichtet wurden, zum Beispiel beim Wegebau.
Immer wieder sind besondere Ereignisse im Blick auf die Gastwirtschaften zu verzeichnen. Als der Wirt Hans Tremp junior 1699 heiratete, waren "dritthalbhundert" Gäste zur Hochzeit eingeladen. Die außerordentlich hohe Zahl von 250 Hochzeitsgästen hielt der Pfarrer in der Trauungsmatrikel fest.
Wirtin kommt 1708 zu Tode
1708 kam die Wirtin Kunigunda Merkel auf merkwürdige Weise zu Tode. Die alte Frau war "in den Backofen gekrochen, willens sich darinnen zu wärmen, darinnen sie aber plötzlichen Todes gestorben". Ursache war vermutlich eine Kohlenmonoxidvergiftung.
1741 wurde im oberen Gasthaus ein Kind geboren, dessen aus Fürth stammende Mutter auf der Durchreise war. Der Knabe Christian Behringer wurde tags darauf in Ermreuth getauft. Das Amt des Paten übernahm stellvertretend der Wirtssohn Nikolaus Baumann.
Reitersoldaten
Besonderes Aufsehen erregten Reitersoldaten, die gelegentlich ins Dorf einrückten. Im Jahr 1716 legte eine Abteilung Berittener auf der Durchreise eine längere Pause in Ermreuth ein. Die "Herren Offiziere", ein Leutnant, ein Fähnrich und ein Kadett, quartierten sich im oberen Gasthaus ein und ließen sich drei Tage lang bewirten. Sie "vergaßen" jedoch, ihre Rechnung zu bezahlen. Der Wirt Hans Tremp hatte alle Speisen und Getränke sorgfältig notiert und legte die Rechnung über acht Gulden 53 Kreuzer der Gemeinde Ermreuth vor. Die entstandenen Unkosten wurden auf die Gemeindebürger umgelegt. So weiß man, dass Ermreuth damals aus acht Höfen und 22 kleineren Gütern bestand, ferner gab es 22 Tropfhäuser, 4 davon waren "geringerwertig".
Nur Pächter
Die Wirte waren Beständner, also nur Pächter, weil die Wirtshäuser ursprünglich den Gutsbesitzern gehörten, ebenso die Brauerei, die seit dem 17. Jahrhundert existierte. Erst der letzte adelige Rittergutsbesitzer von Ermreuth, Uso von Künßberg, verkaufte die Gastwirtschaften und die Brauerei um 1850 an Privatleute.
Um 1900 existierten - zum Leidwesen des damaligen Pfarrers Seeberger - vier Gastwirtschaften im Ort. Das obere Gasthaus trug nun den Namen "Roter Ochse", das untere Gasthaus hieß "Zum weißen Lamm". Die mittlere Wirtschaft wurde im 19. Jahrhundert von Matthäus Wölfel betrieben. Der gelernte Bäcker legte noch mit 51 Jahren die Meisterprüfung als Brauer ab, um sein eigenes Bier brauen zu können. Sein Sohn Lorenz Wölfel führte die Wirtschaft weiter. Dieser übergab sie an seinen Schwiegersohn, den Metzger Johann Oßmann.
Die vierte und jüngste Gastwirtschaft gelangte in den Besitz von Andreas Nordhardt, einem Bäcker aus Kriegenbrunn. Er bekam die Betriebserlaubnis im Jahre 1901. Zur Auflage wurde ihm vom Bezirksamt gemacht, drei Fremdenzimmer einzurichten. Heute führen Jürgen und Petra Oßmann die Gastwirtschaft und die Bäckerei.
Auch eine der beiden ältesten Gastwirtschaften existiert heute noch. Die untere Wirtschaft wird von der Familie Ederer geführt, deren Stammvater 1760 aus der Oberpfalz nach Ermreuth gezogen war. Das Gasthaus ist bei Einheimischen und Fremden als Speiselokal beliebt. Der 1920 geborene Hans Ederer war nach dem Zweiten Weltkrieg als Wirt tätig. Heute führen sein Sohn Werner und dessen Frau Petra die Gastwirtschaft.
"Die Ermreuther können stolz sein auf ihre jahrhundertealte Wirtshaus-Tradition", bilanziert Kießling. In den Gasthäusern des Ortes sei der alte Spruch "Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen" noch immer aktuell.
Bezug
Die Broschüre "Ermreuther Gasthäuser" umfasst 56 Seiten und enthält viele Schwarz-Weiß-Fotos. In Ermreuth kann sie bei der Backerei Oßmann oder im Evangelischen Pfarramt, in Neunkirchen im Laden "Das Eck" gegen eine Gebühr von fünf Euro erworben werden. In Ausnahmefällen kann man sie auch direkt beim Autor bestellen (Telefon 09191/31540).