"Der Boden erzählt vom Leben"

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Grabung entlang der ICE-Trasse bei Forchheim. Das Foto entstand im vergangenen Jahr, es zeigt die Ausgrabungen im Bereich des künftigen Bahnsteigs bei Kersbach. Foto: ArchDienst GmbH
Grabung entlang der ICE-Trasse bei Forchheim. Das Foto entstand im vergangenen Jahr, es zeigt die Ausgrabungen im Bereich des künftigen Bahnsteigs bei Kersbach.  Foto: ArchDienst GmbH

Archäologie geht nicht nur Spezialisten an. Daher lädt das Landesamt für Denkmalpflege drei Tage nach Forchheim ein.

Wer die Stadt Forchheim für einen wenig aufregenden Ort hält, der kann sich von den Archäologen eines Besseren belehren lassen. Ralf Obst jedenfalls hält Forchheim für "superspannend". Der Spezialist für Denkmallisten und Denkmaltopographie im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (Bamberg/Seehof) verweist auf die Grabungen der letzten beiden Jahre. Frühmittelalterliche Funde - beispielsweise von Keramiken - weisen Forchheim demnach als einen "herausgehobenen Ort" aus.

Das ist eine der Erkenntnisse, die die Menschen von Freitag bis Sonntag nach Forchheim locken dürfte. Hier treffen sich die Archäologen aus Ober- und Unterfranken, um über die Bedeutung jüngster Funde zu informieren.


Blick über Archäologen-Schulter

Dorothee Ott (Pressesprecherin beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München) betont, dass die Forchheimer Tagung keine Veranstaltung nur für das Fachpublikum ist: "Die Archäologen wollen der Öffentlichkeit einen Einblick geben, was in der Bodendenkmalpflege alles passiert ist. Die Tagung bietet die Möglichkeit, den Archäologen über die Schulter zu schauen." Bei diesen im zweijährigen Turnus veranstalteten Tagungen herrsche erfahrungsgemäß "großer Andrang".

Wohl auch deshalb, weil die professionellen Archäologen auf eine starke ehrenamtliche Unterstützung zählen können. Dieses Engagement für die heimische Bodendenkmalpflege habe in Bayern eine große Tradition, sagt Ralf Obst: "Die Tagung ist für die Hobby-Archäologen ganz wichtig", wirbt Obst für einen Besuch in Forchheim. "Hier gibt Wissensvermittlung in einer Art und Weise, dass man es auch versteht."


Breites Spielfeld

Die Aufgabe von Ralf Obst während der Tagung wird es sein, Leute miteinander bekannt zu machen, Arbeitsgruppen zu kreieren - und auch neue Ehrenamtliche zu gewinnen: "Wir suchen keine Schatzsucher, sondern Leute, die im Sinne der Landesarchäologie tätig sind. Das ist ein sehr breites Spielfeld." Die Arbeit reiche von der Feldbegehung bis zur Museumsarbeit.

Der Archäologe Andreas Büttner, der "kreative Kopf der Forchheimer Tagung" (Dorothee Ott), betont, dass es "oft die ganz unscheinbaren kleinen Funde sind, die große Aufschlüsse liefern". Am Samstag werden sich die Referenten speziell mit der Archäologie in Forchheim beschäftigen. Und zeigen, wie Keramikwaren und Scherbenfunde auf Handelsorte und Regionen hinweisen, mit denen Forchheim in Kontakt stand. So hätten jüngste Funde Hinweise auf die Karolingerzeit gegeben, "die vorher nie fassbar war", sagt Andreas Büttner. Die Tagungen des Landesamtes würden bewusst an Orten veranstaltet, "wo wir besonders viel zu berichten haben".

Aus Forchheim gibt es so viel zu berichten, dass die Funde im kommenden Jahr eine eigene Ausstellung erhalten. Dann schlägt die Stunde von Christina König, denn die stellvertretende Leiterin des Pfalzmuseums ist selbst Archäologin. Die Forchheimer Ausgrabungen in St. Anton hätten neue überraschende Erkenntnisse zum frühen Mittelalter zu Tage gefördert. Nun gebe es neue Belege für Forchheim als Handelsplatz. "Ich bin überzeugt, da liegt noch mehr im Boden", sagt König. Den Reiz der Grabungen sieht sie darin, dass so die "Geschichte der einfachen Leute der Vergangenheit" erzählt werde. Während Chroniken meist von Königen und und besonderen Menschen handeln, "erzählt der Boden vom Leben", sagt Christina König.


www.bfld.bayern.de

Wer etwas über diese Erzählungen erfahren will, dem empfiehlt Markus Ulrich ausdrücklich, sich am Sonntag an den Exkursionen zu beteiligen (zu finden ist das gesamte Programm der Tagung im Netz unter www.bfld.bayern.de). Ulrich ist Referatsleiter für die Führung der Denkmalliste in ganz Bayern und als Referent für die Denkmalliste der Bodendenkmäler in Ober- und Unterfranken zuständig. Eine Fülle von Einblicken werde die Tagung liefern, sagt er - und wirbt beispielsweise für den Abendvortrag am Samstag: Da werde Markus Schußmann über die Höhensiedlungen der Bronze- und Eisenzeit berichten; den Bogen "über ganz Franken" spannen und "starke Forchheim-Bezüge" ins Gespräch bringen.
Interessant, sagt Ralf Obst, seien ja nicht nur die Funde an sich. "Es kommt darauf an, die Verflechtungen zu sehen und die Querverbindungen herzustellen. Daher ist jede Ausgrabung ein Erkenntnisgewinn - und liefert neue Antworten auf alte Fragen." Wobei Obst ausdrücklich die Bedeutung ehrenamtlicher Forscher hervorhebt. Auch in der Region Forchheim seien immer wieder Siedlungen, Gräber und Denkmäler von der Steinzeit bis zum Mittelalter nur dank der Wachsamkeit geschulter Hobby-Archäologen gefunden worden.