Es ist laut und riecht nach Benzin. Was in der DDR alltäglich war, ist heute Kult: der Trabant. Jürgen Richter aus Eggolsheim verleiht Trabbis.
"Kommt ein Lenkrad auf der Autobahn entgegen. Was ist das? Ein Trabant ohne Extras", schmunzelt Jürgen Richter. Seit zwei Jahren verleiht der 56-Jährige aus Eggolsheim-Drosendorf seine Trabantens - vier Stück stehen in seinem Fuhrpark.
"Ich bin mit Trabbis groß geworden. Was hier der Käfer war, war in der DDR der Trabant. Eine große Fahrzeug-Auswahl gab es nicht", erklärt der 56-Jährige, der ursprünglich aus der Nähe von Zwickau kommt. Bei seinem Umzug nach Oberfranken nahm er das "Stück Kulturgut aus der DDR" einfach mit.
Als Geschenk oder zur Hochzeit
"Ich will es den Leuten näherbringen. Im Gasthof wollten Flieger vom Segelflugplatz eine Runde mit meinem Trabanten fahren. Nebenan stand ein Porsche, aber die Menschen wollten lieber Bilder mit meinem Auto", erinnert sich der Lkw-Fahrer. Kurz danach entstand die Idee vom Verleih-Service, der vor allem als Geburtstagsgeschenk oder für Hochzeiten genutzt wird. "Ein Pärchen hat sogar seine Hochzeitsreise damit gemacht", erzählt Richter.
Luxus und Komfort sucht man beim Trabbi, der wegen der Verkleidung aus Kunststoff und Textilfasern auch oft "Pappe" genannt wird, vergeblich. "Es gibt keine Klima, keine Servolenkung, keine gescheite Heizung und keinen Bremskraftverstärker", zählt der Lkw-Fahrer die Unterschiede zum herkömmlichen Fahrzeug auf.
Eine Spritztour mit dem 26-PS-Fahrzeug wird da schnell zur Kraftprobe: "Das ist reine Muskelkraft." Doch die Mühe hat auch ihren Vorteil, meint Richter. "Es gibt nicht viel, was kaputtgehen kann." Denn: Während moderne Fahrzeuge etwa 130 Kabel im Innenraum aufweisen, sind es beim Trabanten gerade einmal acht.
Der puristische Innenbereich des Fahrzeuges zeigt sich auch an der fehlenden Tankanzeige oder den automatischen Scheibenwischern. Stattdessen gibt es ein Lineal, mit dem der Benzinstand gemessen wird. Ähnlich verläuft die Ölstand-Messung, der Fahrer muss dafür aber aus dem Trabant aussteigen. Immerhin gibt es einen Benzinhahn - eine Reserve, die für 80 Kilometer reicht. Und noch etwas Entscheidendes fehlt: Sicherheitsstandards.
Im Trabant finden sich weder Sicherheitsgurte noch Airbags. "Standardmäßig war das nicht drin. Ich wurde einmal von einem jungen Polizisten angehalten, der mir die Anschnallpflicht erklärte. Die ältere Kollegin hinter ihm lachte nur", schmunzelt Richter.
"Die Gesetzgebung richtet sich nach der Erstzulassung. Das Fahrzeug muss alle Sicherheitsvorkehrungen besitzen, die damals verlangt wurden, mehr nicht", erklärt Matthias Fritzsching, Kraftfahrzeug-Sachverständiger beim Tüv Süd in Forchheim. Warum die Fahrer von Oldtimern trotzdem nicht nachrüsten müssen? "Das kann man dem Halter nicht zumuten. Das wäre wirtschaftlich und technisch nicht zu lösen." Auch eine Unterscheidung von modernen und altmodischen Fahrzeugen wäre so nicht mehr möglich, sagt Fritzsching. Aber auch aus medizinischen Gründen kann ein Fahrer von der Gurt- und Helmpflicht befreit werden. "Ist das Anlegen des Gurtes oder des Helmes aus Gesundheitsgründen nicht möglich, kann man davon befreit werden", bestätigt Roland Brütting, Sachgebietsleiter bei der Zulassungsstelle Forchheim.
Ein medizinischer Notfall liegt beispielsweise bei Herzschrittmacher-Operationen vor - ein Arzt muss dies jedoch bestätigen. Auch Personen unter 1,50 Meter dürften diese Freistellung beantragen. Besonders skurril: Mit dieser Befreiung können Fahrer ohne Helm mit dem Motorrad auf der Autobahn fahren, erläutert Brütting.
Zumindest was die Gurte angeht, hat Jürgen Richter nachgerüstet. "Ich musste alle Trabanten nach dem Kauf erst einmal herrichten. Ich habe die Pappen neu verklebt, Roststellen entfernt, Sitze aufgepolstert. Es gibt kein Fahrzeug, in dasc ich nicht 150 bis 200 Stunden investiert hätte."
Der 56-Jährige repariert seine Fahrzeuge selbst. Die Teile bestellt er bei einem Bekannten, der einen Trabant-Restposten in Zwickau führt. Durch die viele Arbeit, haben die Kult-Autos vor allem einen ideellen Wert für den Eggolsheimer. Sein Liebling ist sein Trabant-Kübel der Nationalen Volksarmee. Funkgeräte, ein Feldtelefon und eine Halterung für eine Kalaschnikow sind nur einige Dinge, die den Unterschied zum üblichen Trabant ausmachen. Der Wert des Autos, das wie der Rest über keinen Luxus verfügt, liegt bei etwa 8 000 bis 10 000 Euro.
Es gibt kein Detail, was der 56-Jährige nicht kennt. Bis auf eines: den Kilometerstand. Denn der endet beim Trabi bei 99 999 Kilometern.