Frank Ortloff aus Dormitz verbringt die Weltmeisterschaft in Brasilien. In seinem Tagebuch-Eintrag heute: Wie wird nachts gefeiert?
Salvador, Bahia, 15.Juni 2014: Heute schreibe ich mal morgens um sieben, statt abends um zehn Uhr. Das Ganze hat einen einfachen Grund: Ich habe Salvadors Nachtleben getestet. Oder zumindest, versucht es auszukosten. Aber dem Tag nach...
Seit mein Koffer inklusive Badehose endlich den Weg nach Brasilien gefunden hat, nutze ich den Urlaub auch dazu, um braun zu werden. Morgens am Strand wird man gleich mal von einem Dutzend Afro-Brasilianer empfangen, die mir freundlicherweise alle Sonnenschirm und Liegestuhl anboten. Na ja, richtig aufdringlich waren die Männer nicht. Ein "nao obrigado" - "nein, danke" - genügte, um sie abzuwimmeln.
Brasilien am Strand Erst einmal habe ich dann die sagenumwobene Bademode der Brasilianer studiert. Dazu habe ich zwei Dinge zu sagen: Das Gerücht, alle Männer hier, würden hautenge Slips tragen, entkräfte ich hiermit. Das Gerücht, weibliche Brasileiros wählen ihre Mode am Strand nach dem Motto "weniger ist mehr" aus, trifft zu. Besonders die ältere Generation scheint dies verinnerlicht zu haben.
Die Sonne scheint hier ununterbrochen - sogar durch einen eben so heftigen Regenschauer hindurch. Zu Mittag habe ich Salvadors Nationalgericht verzehrt: Garnelen, oder eigentlich Garnelenbrei, im frittierten Backteig. Ungesund, ja. Lecker, auch ja! Währenddessen machten sich um mich herum schon die ersten Engländer bereit. Obwohl ich in dieser Bar einen sehr guten Platz in der Nähe des Fernsehers ergattert hatte, machte ich mich noch einmal auf den Heimweg ins Hotel. Schließlich wollte ich mir für das Nachtleben etwas anderes anziehen.
Umzingelt von Engländern Gerade rechtzeitig zurück, bevor alle Bars von den englischen Fans eingenommen wurden, nahm ich um vier Uhr meinen Public-Viewing-Platz in einer angesagten Bar ein. Meine Nachbarn: Ein nettes englisches Ehepaar, das vor 13 Jahren nach Neuseeland ausgewandert ist. Der Mann entsprach dem typischen Klischee eines Hardcore-England-Fans. Bei seiner Frau bin ich mir aber ziemlich sicher, dass ihr Herz für Italien schlug. Immerhin ist ihr Vater Italiener. Aber ihrem Mann zu Liebe unterstütze sie beide Teams... Was nach der Niederlage auch bitter notwendig war.
Durch die Nacht Nach dem einen oder anderen Caipirinha machte ich mich nach Abpfiff auf den Weg in einen angesagten Club. Die Schlange davor überzeugte mich aber, noch einmal einen Halt in einer Bar einzulegen. Schnell kam ich mit einem jungen brasilianischen Paar ins Gespräch. Die Brasilianerin erklärte mir, dass sie ein Jahr in Brisbane studiert hatte. Ob auf Englisch oder mit meinem schlechten portugiesisch - der Kontakt zu den Menschen um mich herum war bis jetzt immer schnell hergestellt. Schließlich kam ich mit einer jungen Frau näher ins Gespräch.
Allerdings kam mir das Ganze ein wenig spanisch vor, dachte ich doch immer wieder, dass es sich um eine derer Gruppen brasilianischer Mädels handeln könnte, vor denen überall gewarnt wurde. Ich hätte schwören können, dass sie nicht älter als 16 ausschaute. Und ihr Lebenslauf - seit zwei Jahren mit dem Studium fertig und jetzt, mit 26 Jahren, Anwältin - erschien mir auch ein bisschen zu "schön". Gelüftet habe ich das Geheimnis nicht, sondern mich wieder in Richtung Club aufgemacht.
Eine Schlange gab es nicht mehr, allerdings sollte ich nachts um zwei Uhr immer noch 20 Euro Eintritt bezahlen. Und das, während alle weiblichen Besucherinnen zufällig auf einer Gästeliste standen. Alles Verhandeln nützte nichts. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es in diesem Fall wirklich darum ging, die "Gringos", also die ausländischen Männer, abzuzocken. Mich nicht. Na ja, eigentlich war der Abend ein Reinfall, schließlich kam ich nicht mal zum Tanzen. Dafür kann ich wieder neue Geschichten erzählen...
Und jetzt heißt es: Vorbereiten auf das große Match.