Anders als viele seiner Kollegen tötet Gefügelzüchter Peter Schubert männliche Küken nicht unmittelbar nach deren Geburt. Der Unterrüsselbacher verbindet dabei ethische und ökonomische Überlegungen.
In einem Hühnerzuchtbetrieb geht es mitunter recht unbarmherzig zu. Die Männchen zum Beispiel sind nutzlos, weshalb auch schnell das Urteil über sie gesprochen ist. In der Regel werden männliche Küken deshalb gleich nach dem Schlüpfen mit CO2 getötet.
"Es kann nicht sein, dass man erst Leben entstehen lässt und es dann tötet, weil es nicht wertvoll ist", sagt dagegen Peter Schubert. Das Überraschende daran ist, dass Schubert kein Pfarrer ist, sondern einen Demeter-Geflügelbetrieb in Unterrüsselbach führt.
Schubert versteht unter dem Begriff "Bio" nicht nur gesundes Essen und regionale Wertschöpfung, sondern auch Aspekte der Tierethik.
Eine WG für Gockel Weil Überzeugungen das eine, Taten aber das andere sind, hat Schubert vor drei Jahren sein "Gockel-Projekt" ins Leben gerufen.
Seitdem wachsen die männlichen Küken bei ihm die ersten acht Wochen mit den Hennen auf und ziehen dann als eine Art Männer-WG in einen Gockelstall. 13 000 Gockel hat der Unterrüsselbacher vergangenes Jahr dort aufgezogen.
Derzeit leben etwa 2000 Gockel in der Wohngemeinschaft. War ein männliches Küken zuvor dem schnellen Tod geweiht, lebt es nun im Durchschnitt etwa 23 Wochen.
Dass die meisten Gockel von den Aufzuchtbetrieben überhaupt als wertlos abgetan werden, liegt oberflächlich gesehen offen auf der Hand: Sie legen eben keine Eier und sie sind auch keine Masthähnchen. Stattdessen fressen sie einfach nur den ganzen Tag. Pro Kilo Lebendgewicht wandern vier bis fünf Kilo Biofutter in den Kropf. Die Masthähnchen brauchen nur ein bis 2,5 Kilo Futter pro Kilo ihres Gewicht und sind nach zwei bis drei Monaten schlachtreif.
Die Legehennen hingegen sind auf einen hohen Ausstoß von Eiern hin gezüchtet und verbrauchen ihre Energie dafür.
Weißes Fleisch mit Biss Aber Schubert hat die Vorzüge eines Gockels längst erkannt und versteht es auch, diese an die Verbraucher zu bringen: "Es ist ein anderes Fleisch, das richtig nach Geflügel schmeckt. Es hat Biss, ist nicht so weiß und erinnert an das Geflügel zu Omas Zeiten."
Auch in weiteren Hinsicht kann der Gockel punkten: Sie nutzen den Auslauf besser. Die reinen Masthähnchen sind schlicht zu dick und zu faul, um sich weit vom Stall wegzubewegen.
Der Gockel dagegen liebt diesen großen Auslauf und pickt das Gras an vielen unterschiedlichen Stellen.
Zudem sind die Gockel gesundheitlich resistenter: "Jedes Hochleistungstier wird schneller krank", sagt Schubert, der mit seinem "Gockel-Projekt" noch andere Fliegen mit einer Klappe schlägt: "Im Gegensatz zu den Hennen brauchen Gockel keine hochwertigen Eiweißkomponenten wie Soja. Das Futter für die Gockel besteht aus Getreide, Hafer, Erbsen oder der Ackerbohne."
Letzere Bestandteile kann Schubert von heimischen Landwirten beziehen, was wiederum eine regionale Wertschöpfungskette garantiert.
Inzwischen hat sich Schuberts "Gockel-Projekt" weit herumgesprochen. Betriebe aus dem Stuttgarter, dem Münchner oder dem Frankfurter Raum kaufen bei den Schuberts weibliche Lebendküken - und längst auch Gockel mit dazu. Allerdings sind diese dann schon im Glas verarbeitet oder eingefroren für die Tiefkühltruhe.
Denn Schubert zieht die Gockel für seine Kunden auf. Letztere bekommen am Ende den Gockel als verzehrfertiges Endprodukt: als Sülze, Hühnerfrikassee oder als Geflügelsuppe.
Schubert stapelt tief Weil Frikassee aber nicht jedem schmeckt und auch Sülze eher ein regional beschränkter Gaumenschmaus ist, setzt Schubert vor allem in die Geflügelsuppe große Hoffnungen. Er hat sie jetzt auch für den Wettbewerb zum Demeter-Produkt des Jahres angemeldet.
Auf die Liste gesetzt werden durften dort sämtliche Produkte, die aus Betrieben des Anbauverbands stammen. Aus 3000 Produkten und Kosmetika traf der Verband bereits eine Vorauswahl. So sind auch die Unterrüsselbacher in der Prämierung mit dabei.
Jetzt kommt es nur darauf an, viele Stimmen von der Bevölkerung zu erhalten. Schubert rechnet sich allerdings nur wenig Chancen auf den Sieg aus.
"Wir sind nur ein kleiner Betrieb und nur in der Region bekannt", sagt Peter Schubert bescheiden.