Im "To act" in Weißenohe spielten Bands wie die Scorpions, Thin Lizzy, aber auch Motörhead. Die Weißenoher Musikkneipe war in ganz Deutschland bekannt.
Es sah aus wie ein unscheinbarer Tanzschuppen, mitten auf dem Land, und doch war es das Epizentrum der Rockgeschichte - das "To act" in Weißenohe. Entweder die Bands waren schon bekannt und spielten in den großen Hallen der Welt, oder sie starteten gerade ihre Karriere und traten in Weißenohe auf.
"Als Motörhead seine erste Deutschlandtour unternahm, traten sie in Berlin und Weißenohe auf. Im To act", sagt Urs-Peter Zitelmann aus Regenthal bei Pottenstein. Er kannte viele Stars von seiner Arbeit im Nürnberger Konzertbüro Hänsel und war Stammgast im Weißenoher Musikschuppen. Dass die zukünftigen Stars wie Lemmy Kilmister von Motörhead oder Manfred Mann mit den Dorfbewohnern Billard und Kicker spielten oder am Tresen nach der Show noch ein Bier tranken, war nichts Ungewöhnliches für die Jugendlichen der damaligen Zeit.
Anfang der 70er Jahre baute die Familie Hänfling, die ein Gasthaus mit Fremdenzimmer in dem idyllisch gelegenen Ort hatte, den ehemaligen Kuh- und Schweinestall auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu einem verschachtelten zwei- und teils dreistöckigen Tanzschuppen um.
"Das wurde richtig professionell umgebaut, mit einer Bühne, Kinobestuhlung, einem Tresen und einem Billardzimmer. Zwei Stockwerke hoch war das Gebäude mit einer Galerie, von der aus man auf die Bühne schauen konnte. Als Tanz auf der Tenne war es gedacht", erzählt Hermann Polster, der damals nicht nur Stammgast, sondern ab und zu auch Türsteher des Rockschuppens war und dem Inhaber Robert Hänfling gelegentlich half, da er Wehrdienstleistenden, die knapp bei Kasse waren, den erlassenen Einritt abarbeiten ließ.
Scorpions spielten, als sie noch unbekannt waren Plakate wurden oft bis in die Oberpfalz gefahren, in Weißenohe selbst wurde die Band mit weißer Kreide auf einer schwarzen Menütafel angekündigt. "Heute Scorpions, The Rattles oder Konstantin Wecker", stand dann drauf. Gerade die Newcomer aus Hannover waren froh, von Robert Hänfling zu einem Auftritt nach Weißenohe gerufen worden zu sein. "Es waren nette Jungs. Damals hatten sie noch keine Starallüren, hatten noch nicht einmal ein Album herausgebracht", erinnert sich Hermann Polster an den Auftritt der deutschen Weltklasseband, als Klaus Meine auf der Weiße noher Bühne mitten unter dem Spielen einfach so einen Kopfstand probte.
Als die Band berühmt war und Robert Hänfling nochmals um einen Auftritt bat, lehnten sie barsch ab, mit der Begründung, in diesem Schuppen nicht mehr aufzutreten, erinnern sich die Weißenoher an Robert Hänflings Enttäuschung.
Und doch zog dieser Schuppen immer mehr Musiker auch aus England, Österreich und Amerika an und immer mehr Musikbegeisterte aus ganz Deutschland pilgerten nach Weißenohe zu dem von außen unscheinbaren Gebäude. "Oft liefen Besucher lange suchend herum, bis sie mich fragten, wo das To act sei", erinnert sich der Freund des vor einigen Jahren verstorbenen Besitzers Robert Hänfling.
"Viele waren dann enttäuscht. Sie hatten etwas Spektakuläreres erwartet. Auch von der sanitären Einrichtung", erinnert sich Polster lachend. Tatsächlich gab es für Damen und Herren nur jeweils eine Toilette. Oft bildete sich vor den Türen eine Schlange wie an einer Supermarktkasse. Etwas feucht sah es dann oft in der Herren-Toilette am Boden aus, was die meisten Jugendlichen nicht störte, wenn sie mit etwas nassen Schuhsohlen wieder zurück wateten.
Bei gut besuchten Konzerten standen die Gäste auch schon mal wie Ölsardinen aneinander gequetscht vor der Bühne, um ihre Idole zu bewundern. 400 Menschen passten grob geschätzt hinein, oft mehr als doppelt so viele suchten Einlass. "Bei einem großen Konzert mit der Band Jane ließen wir zehn Personen rein, dann sperrten wir die Tür wieder ab. Bis der nächste Schwung Einlass erhielt", so der Weißenoher Hermann Polster. Im oberen Stock tranken die Musikfans ihr Bier auf der Galerie und schauten den Stars von oben herab auf den Kopf. Peter Horton war damals entsetzt und forderte Hänfling auf, sofort die Galerie zu räumen, erinnert sich Polster.
Weißenohe war zweireihig zugeparkt Bei den Besuchern war der Schuppen beliebt, die Newcomer-Bands brauchten es, ob es ihnen gefiel oder nicht. Und viele der Bands, wie beispielsweise auch Status Quo, erlangten danach Weltruhm oder brachten einige Alben heraus. Das To act war ein Begriff und somit auch das Dorf Weißenohe. Selbst in den Großstädten wie Hamburg kannte man das To act.
Bürgermeister Rudolf Braun, der damals noch Lichtequipments verlieh und sich um die Lightshows in Discos kümmerte, wurde vom Schatzmeister des Bundesverbands Licht und Ton auf das To act angesprochen. Außerdem managte Braun damals die Band "Growing Sounds", die auch in dem Schuppen aufgetreten sind. "Es gab keine anderen Spielstätten", sagt Braun. Vor allem nicht für kleinere Bands.
Es zeigte nicht nur, wie fortschrittlich die Hänflings damals schon dachten und handelten, vielmehr bewies Robert Hänfling ein glückliches Händchen, hatte einen Blick für das Erfolgreiche im harten Musikgeschäft. Die Weißenoher Straßen waren zweireihig komplett zugeparkt. Ein Feuer oder Notfall hätte nicht passieren dürfen. Weder im Konzertschuppen, noch im Ort. Keine Chance auf Durchkommen für die Rettungsfahrzeuge.
Das war etlichen Bewohnern schon ein Dorn im Auge. Immer häufiger tauchte die Polizei in Weißenohe auf. Und immer häufiger kamen die Junkies in das To Act. "Man konnte schon beobachten, dass immer öfter offensichtlich Drogen verkauft wurden. Die Anwohner hatten Angst, dass ihre Kinder in das Milieu gezogen wurden, aber es gab dort drinnen eher vom guten Weißenoher Bier Berauschte als Drogenleichen", erinnert sich Polster. Und Urs-Peter Zitelmann fügt hinzu: "Manche Junkies verzogen sich in eine der vielen Ecken. Man konnte das in dem zwei- und dreistöckigen verwinkelten Bau nicht kontrollieren."
Irgendwann, Mitte der 80er Jahre, haben die Behörden zum letzten Konzert geladen. Das To Act wurde auf Anordnung geschlossen und nach mehrfachen erfolglosen Wiederöffnungsversuchen dann schließlich zu Sozialwohnungen umgebaut. Dass dort, wo so manche Familie ihr Bett oder ihren Fernseher stehen hat, einst Jane, Horselips oder Thin Lizzy ihre Songs schmetterten und mit Gitarrenriffs begeisterten, kann sich heute kaum mehr jemand vorstellen. Und doch waren es großartige Auftritte in einer Zeit, in der noch alles möglich war.
Im To Act hab´ ich in den frühen 70gern z.B. Inga Rumpfs Atlantis, Kin Ping Meh und Lake gesehen, und noch ein paar mehr. Aber das, was dem Faß den Boden ausgeschlagen hat, war 1975 Soft Machine und ihr neuer Gitarrist Allan Holdsworth. An diesem Abend hat sich für mich die Gitarristenwelt grundlegend geändert. Schon deswegen werde ich das To Act in Weissenohe nie vergessen. Leider ist Allan erst kürzlich in USA verstorben, ein riesen-Verlust!
Das mit den Scorpions stimmt nicht so ganz. Das Konzert war am 5.02.1978, ich war live dabei. Und da hatten sie schon mehrere Alben herausgebracht und waren in Japan Superstars, nur in Deutschland waren sie noch nicht so bekannt. Es waren ca. 20 Zuschauer da, von denen nur einer richtig mitging, mitklatschte und mitrockte. War schon eine etwas seltsame Atmosphäre. Ich erinnere mich auch noch, dass sie sich während des Konzertes ausdrücklich bei Robert bedankt haben, dass er ihnen diesen Auftritt ermöglichte.
...kann mich dunkel daran erinnern. Das war einmalig.