Wegen möglicher Spionagegefahr schließt die Universität Erlangen-Nürnberg vom chinesischen Staat entsandte Doktoranden aus. Der chinesische Botschafter ist darüber entrüstet und findet deutliche Worte.
Update vom 12.08.2023: Chinas Botschafter weist Sorge vor Spionage durch Stipendiaten zurück
Der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken, hat Befürchtungen vor Spionage durch chinesische Studenten zurückgewiesen. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) habe angedeutet, dass chinesische Studenten eine Spionagegefahr darstellten, sagte der Diplomat der Berliner Zeitung. Zugleich habe der Verfassungsschutz einen Sicherheitshinweis veröffentlicht, in dem eine chinesische Behörde als Nachrichtendienst eingestuft worden sei.
"Solch ein Vorgehen ist meines Erachtens hysterisch, wahnsinnig und eine Sinophobie geworden, die behandelt werden muss." Der Sicherheitshinweis sei nichts als eine politische Farce und vergifte die Kooperationsatmosphäre. "Solches Vorgehen stigmatisiert nicht zuletzt bestimmte Gruppen. Daher mein Appell an manche deutsche Politiker und Behörden: Sie sollen sich um ihre eigenen Aufgaben kümmern und die Finger von den Studenten lassen."
Stark-Watzinger hatte Ende Juli in einem Interview die Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg gelobt. Seit 1. Juni gilt dort der Beschluss, Personen auszuschließen, die vom Chinese Scholarship Council (CSC) alleinfinanziert werden. Das Stipendienprogramm CSC vergibt Stipendien und untersteht dem Bildungsministerium des Landes. Es sei ein strategisches Instrument Chinas, mit dessen Hilfe technologische Lücken geschlossen werden sollen, indem Wissen aus dem Ausland gewonnen werde, warnte Stark-Watzinger damals. Zudem könnten die Stipendiaten die im deutschen Grundgesetz verankerte Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit nicht vollumfänglich ausüben.
Angesprochen auf die unlängst vorgelegte China-Strategie der Bundesregierung sagte der Botschafter der Zeitung: "Wenn Deutschland China als Wettbewerber und systemischen Rivalen betrachtet, entspricht dies nicht den Interessen beider Länder. Wir hoffen daher, dass Deutschland eine rationale China-Politik verfolgt. Eine China-Strategie aus ideologischer Sicht wird nur zu Missverständnissen führen und Fehlinterpretationen verstärken."
Originalmeldung vom 28.07.2023: Uni Erlangen schließt bestimmte Studierende aus
Wegen möglicher Spionagegefahr schließt die Universität Erlangen-Nürnberg vom chinesischen Staat entsandte Doktoranden aus. Der Beschluss gilt seit 1. Juni, wie eine Sprecherin der Friedrich Alexander Universität (FAU) am Donnerstag (27. Juli 2023) mitteilte.
Die Vorsichtsmaßnahme gilt nicht generell für alle chinesischen Studierenden, sondern für diejenigen, die vom Chinese Scholarship Council (CSC) alleinfinanziert sind. In der Regel handelt es sich laut Hochschule dabei um Promotionsstipendien. Darüber berichteten mehrere Medien, zuerst die Deutsche Welle und Correctiv. "Im Falle einer Ko-Auswahl beziehungsweise einer Ko-Finanzierung von Personen über Institutionen mit Reputation und Verankerung im demokratischen System sieht die FAU keine Gründe für eine Ablehnung", erklärte die Sprecherin.
Das Chinese Scholarship Council ist das chinesische Gegenstück zum Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), beide Organisationen vergeben Stipendien an den wissenschaftlichen Nachwuchs. Das CSC untersteht dem Pekinger Bildungsministerium und vergibt auch Stipendien in der umgekehrten Richtung für Studienaufenthalte deutscher Studierender in China.
CSC-Stipendiaten, die derzeit an der Erlanger Uni eingeschrieben sind, können weiterhin ihre Doktorarbeit schreiben. "Promovierende, die bereits an der FAU sind oder schon eine schriftliche Einladung erhalten haben, sind selbstverständlich nicht betroffen", erklärte die Sprecherin. "Im Augenblick handelt es sich dabei um eine mittlere zweistellige Zahl von Personen."
Die Hochschule begründet den aufsehenerregenden Schritt mit einer Prüfung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) - die Bundesbehörde wacht über die Einhaltung der Exportbeschränkungen für sensible Waren, Software und Technologie, insbesondere militärisch nutzbarer Produkte.
Die Prüfung habe die Universität einmal mehr dafür sensibilisiert, dass die Rahmenbedingungen mit den Anforderungen der Behörde im Einklang stehen müssten. "Um dafür Prozesse aufzusetzen, haben wir bereits 2021 eine eigene Stelle für das Thema Exportkontrolle eingerichtet", hieß es in der Stellungnahme der Universität.