Martin Grau beendet seine Wettkampfsaison. Aufgrund mehrerer teilweise undefinierter Probleme legt der Biengartener Hindernisläufer eine längere Pause ein.
                           
          
           
   
          Martin Grau wird die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro am Fernseher verfolgen. Dass der 3000-Meter-Hindernisläufer die geforderte Norm dafür nicht geschafft hat, ist schon länger klar - jetzt steht aber auch fest, dass der 24-Jährige die Zeit zum TV-Gucken haben wird. Gemeinsam mit Trainer Markus Mönius hat sich der aus Biengarten bei Höchstadt stammende Spitzenathlet entschieden, die Wettkampf-Saison vorzeitig zu beenden. Grund dafür sind zahlreiche kleinere und größere Wehwehchen.
  
  Alles auf die Spiele ausgerichtet
 
"Es ist eine Kette von Ereignissen und Problemen", erklärt Mönius, der im Gespräch gar nicht genau weiß, wo er anfangen soll. Im weiten Vorausblick auf Olympia absolvierte Grau Ende des vergangenen Jahres ein Trainingslager auf 2400 Höhenmetern in Kenia. 
Nach weiteren Einheiten in Portugal und vor dem zweiten Aufenthalt in Kenia erzielte der Sportler des LSC Höchstadt bei einer Leistungsdiagnostik Bestwerte, das Erreichen der Rio-Norm von 3:30 Minuten war nur noch eine Frage der Zeit. "Ich war so fit wie noch nie", erinnert sich Grau.
Doch dann begann sich der Wind zu drehen. Mit leichten Zahnschmerzen reiste Grau im April zum Trainingslager in Südafrika. "Es hat sich herausgestellt, dass nur ein kleiner Fremdkörper im Zahnfleisch steckte, doch der Zahnarzt in Südafrika wollte Geld verdienen und hat einen großen Eingriff für nötig gehalten", erzählt Grau, der sich deshalb erst bei seiner Rückkehr nach Deutschland behandeln ließ und mit leichten Schmerzmitteln weitertrainierte - eine gemeinsame Entscheidung des Bundestrainers, von Mönius und ihm selbst. 
Zu allem Überfluss fing er sich eine Erkältung ein.
Der Trainingsplan sollte sich an das für Grau so erfolgreiche Jahr 2014 orientieren. "Wir haben den Vorgaben des Bundeskaders vertraut und nicht kontrolliert", sagt Mönius, der die Schuld - sofern es für das Saison-Ende seines Schützlings überhaupt einen Schuldigen gibt - auf mehrere Schultern verteilt sieht. "Ich habe mir gedacht, das ist viel, aber ich kann das", sagt Martin Grau, der unter den fünf Teilnehmern des Trainingslagers das anspruchsvollste Programm zu absolvieren hatte. 
  
  Ein schleichender Prozess
 
Der Ehrgeiz in der Gruppe, Zeitdruck in Graus erster Olympia-Saison und die Euphorie in einer malerischen Umgebung führten zu einem Über-Training. "Der Prozess dahin ist schleichend", erklärt Mönius. 
Während Grau auf den ersten zwei Kilometer meist den Ton angab, brach er gegen Ende der folgenden Laufwettbewerbe ein, fühlte sich immer müde und kam nie unter 3:45 Minuten ins Ziel. "Von da an haben wir von Tag zu Tag improvisiert, bis wir die Entscheidung getroffen haben, ganz aufzuhören", sagt der Höchstadter.
  
  Druck von vielen Seiten
 
Die Analyse, woran es genau gelegen hat, sei noch nicht abgeschlossen. Neben dem Dauer-Olympia-Quali-Druck belastet Grau sein Studium (Internationales Management in Ansbach), dazu leidet er vermutlich an einer Fehlstellung der Hüfte. "Ich werde die Pause nutzen, um an sämtlichen Baustellen zu arbeiten", kündigt er an. Die mündliche Zusage, dass sein Kaderstatus erhalten bleibt, habe er erhalten. 
Und trotz der für einen Leistungssportler besonders schmerzlichen Zwangspause schaut der 24-Jährige bereits nach vorne. 
"Zum Glück ist mit dem Herzen alles okay. 2017 wird ein Übergangsjahr. Mein Fernziel ist die Europameisterschaft 2018 in Berlin." 
Dem 17. August, an dem in Brasilien die olympischen 3000 Meter Hindernis über die Bühne gehen, blickt er ohne Wehmut entgegen: "So ist es leichter zu verkraften, als wenn ich um eine Hundertstel gescheitert wäre."