Schule und Auftritte gehören zum Alltag von Zirkuskindern

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Die Arbeit im Stall gehört für junge Artisten zum Alltag. Zum Aufwärmen ist in Omas Küchenwagen der richtige Platz (re. u.) Fotos: Lp
Die Arbeit im Stall gehört für junge Artisten zum Alltag. Zum Aufwärmen ist in Omas Küchenwagen der richtige Platz (re. u.)  Fotos: Lp
 
 
 
 

Die sechs schulpflichtigen Kinder beim Weihnachtszirkus Salto Mortale treten auch als Artisten auf. Das heißt für sie morgens Schule, nachmittags Training und Stallarbeit oder gar ein Auftritt in der Manege.

Francesco, Jordan, Toni und Adriano stürmen in die Küche ihrer Oma. Sie wollen sich aufwärmen. Doch Monika Büglers Küche ist keine gewöhnliche. Sie ist in einem großen Wohnwagen untergebracht und das Herzstück des Zirkus' Salto Mortale.

Die vier Buben zwischen neun und 17 sind die achte Generation der Zirkusfamilie. Insgesamt 19 Personen ziehen mit ihrer Darbietung durch ganz Deutschland. "Wir machen Zirkus von Familie für Familien", betont die Oma. Früher machte sie Hochseilakrobatik, heute übernimmt sie die Kasse und die Moderation.


Zirkuslehrer

Und für die Zirkuskinder ist sie Chefin und das Herz der ganzen Mannschaft zugleich. Für die Kinder ist vieles genauso wie bei allen Kindern; manches ist aber auch ganz anders.

Sie mögen Tiere. Aber: Andere Kinder haben vielleicht eine Katze oder drei Meerschweinchen.
Die vier Buben versorgen den frechen Ziegenbock und drei trächtige Kameldamen. Mit den Erwachsenen gehen sie schon am Morgen in das Stallzelt. Bei Zirkustieren ist das nicht anders als auf einem Bauernhof: Am Morgen wollen die Tiere versorgt werden.

Danach gibt es für alle Frühstück, erzählt die Oma. Und dann? Beginnt für die Kinder der Schulunterricht. Ganz normal in der Klasse am Ort, wo die Zirkuswagen gerade haltmachen. Und Ferien haben sie natürlich auch.
Gestern aber kam nach dem regulären Schulschluss zu ihnen noch ein Lehrer: Stefan Koenen. Er ist in Mittelfranken unterwegs als Lehrer speziell für Zirkus- und Schaustellerkinder, damit sie nicht unter häufigem Schulwechsel leiden und im Stoff mitkommen. Koenen kommt mit einem Wohnmobil, eine Art Klassenzimmer auf Rädern.

"Das ist eine Idee aus Nordrhein-Westfalen", weiß die Oma. "Dort gibt es das schon etliche Jahre; hier in Mittelfranken seit etwa einem Jahr" Koenens rollendes Klassenzimmer ist ein gebrauchtes Modell vom Rhein.
Monika Bügler und ihren Töchtern Veronika und Patrizia gefällt diese Extrabeschulung sehr. Denn Koenen kann sich um jeden seiner Schützlinge individuell kümmern. Auch an diesem Freitag.

Und dann beginnen die Ferien? Nichtstun und lange ausschlafen? Weit gefehlt. Am Freiatg um 16 Uhr war die Premiere des Weihnachtszirkusses in der Herzogenauracher Dr.-Dassler-Straße. Die zwei am Trapez, das waren der 13-jährige Toni und der jüngste Artist der Familie, der sechsjährige Riccardo. Die kühnen Saltos über Pferde schlugen der 14-jährige Francesco und sein Cousin Adriano. Ein Weile später ist der 17-Jährige ins Clownskostüm geschlüpft, um zusammen mit Veronika Bügler aufzutreten.

Ihre Schwester Patrizia war wie die Mutter früher Seiltänzerin. Bis zu einem bösen Unfall. Nicht bei der Arbeit in der Manege, wie man vermuten möchte. Patrizia ist ganz unglücklich auf einer glatten Treppe gestürzt, als sie die Kinder von der Schule abholte.

Trotzdem sagt Monika Bügler stolz: "Unsere Enkelkinder wollen beim Zirkus weitermachen. Die Ausbildung fängt gewissermaßen mit dem Laufenlernen an. "Man erkannt sehr bald, ob ein Kind an der Artistik Interesse hat. Dazu kann man niemanden zwingen, weder Kinder noch Tiere ", lautet ihre Philosophie.

Nur so scheint es zu funktionieren: Wenn sich die ganze Familie die viele Arbeit teilt und in den Wohnwägen eng zusammenrückt, um durch ihre Auftritte anderen Menschen eine Freude zu machen. "Wir machen jedes Jahr Wintertouren", erklärt dazu Bügler. Denn in der Weihnachtszeit rücken die Familien aus dem Publikum auch eng zusammen. Ein bisschen Stimmung sei dabei, ein bisschen Nostalgie und Erinnerung, glaubt sie aus den Kommentaren herausgehört zu haben.

Der Zirkus Salto Mortale gastiert bis 6. Januar in Herzogenaurach. Vorstellungen sind täglich um 16 Uhr. Nur Heilig Abend beginnt es schon um 14 Uhr. Auch Zirkusfamilien wollen Weihnachten feiern.