Rosinen picken, Rest stehenlassen

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Der Chef der Erlanger Taxigenossenschaft, Bernward Finck, ist entsetzt über die Pläne des Verkehrsministers. 92 Taxen fahren zurzeit in Erlangen in einem eh' schon hart umkämpften Markt. Foto: Michael Busch
Der Chef der Erlanger Taxigenossenschaft, Bernward Finck, ist entsetzt über die Pläne des Verkehrsministers. 92 Taxen fahren zurzeit in Erlangen in einem eh' schon hart umkämpften Markt.  Foto: Michael Busch

Das Verkehrsministerium in Berlin will rechtliche Hürden abschaffen, um den Nahverkehr zu stärken. Die Vorschläge sehen aber nur kundenfreundlich aus.

"Der Kunde profitiert erst einmal", gibt Bernward Finck zu. Der Vorsitzende der Erlanger Taxigenossenschaft will eventuelle Vorteile nicht ableugnen. "Doch die Freude dürfte nur von kurzer Dauer sein", bewertet er die vom Verkehrsminister Andreas Scheuer vorgestellten Pläne zur Veränderung im Personenbeförderungsgesetz.

Ungleiche Konkurrenz

Das Bundesverkehrsministerium will den hart umkämpften Markt für Fahrdienstangebote liberalisieren. Aus einem Eckpunktepapier des Ministeriums geht hervor, dass wesentliche Auflagen für neue Mobilitätsdienstleister gestrichen werden sollen. Das Taxigewerbe müsste sich damit auf mehr Konkurrenz einstellen. Doch die Einstellung "Konkurrenz belebt das Geschäft" sei fatal. Finck warnt vor einem nicht durchdachtem Konzept.

Um das zu verstehen, erklärt er die bestehende Situation. "Wir haben als Taxiunternehmer Auflagen und Bedingungen, die für die neue Konkurrenz nicht mehr zählen." Für Taxen gibt es eine Beförderungspflicht, die Zahlung des Mindestlohns an eingestellte Fahrer, ein hoher Verwaltungsaufwand für die sozialrechtlichen und -steuerlichen Arbeiten. "Und es gibt für Mietwagen bisher eine Rückkehrpflicht, die dann nicht mehr gelten soll." Diese Pflicht beinhaltet, dass die bisherigen Mietwagen zum Standort zurückfahren mussten. In Zukunft soll das nicht mehr der Fall sein.

Mischkalkulation beim Taxi

"Wir Taxifahrer müssen nach einer Fahrt zurück zu einem Platz fahren, der von der Kommune zur Verfügung gestellt wurde", sagt Finck. Es handelt sich um die typischen Standplätze, die auch durch ein Verkehrsschild gekennzeichnet sind. In Zukunft sollen auch Mietwagen nicht mehr zum Stützpunkt zurückkehren und dürfen sich überall bereithalten. "Und das überall, also an keinem speziellen Standort", sagt Finck. Somit kann jeder Parkplatz in der Stadt ein "Mietwagenstandort" werden.

Damit zusammenhängend müsse auch die Beförderungspflicht betrachtet werden. Denn zurzeit gilt für Taxen: "Wir müssen alle mitnehmen." Nur wenige Ausnahmen sind geregelt, bei denen ein Taxifahrer einen potenziellen Fahrgast ablehnen kann. "Wir fahren Senioren, die zum Arzt müssen, egal wie kurz die Strecke ist. Wir helfen denen beim Gepäcktransport, beim Reingehen beim Arzt." Es würden Betrunkene gefahren, um zu verhindern, dass diese eigenständig am Verkehr teilnehmen. "Wir fahren Kranke, Behinderte, wir fahren jeden."

Das müssen "die Neuen" nicht mehr, geht es nach Scheuer. Die Folge ist für Finck klar: "Die picken sich die Rosinen heraus und überlassen den unlukrativen Rest uns." Da spiele es keine Rolle, dass die Preisgestaltung eine Mischrechnung ist, die auf vielen Faktoren beruht. Diese Rechnung müssen die Mietwagen nicht berücksichtigen, sie können mit Dumping-Preisen alles unterbieten. Und dann wird der Kunde irgendwann wegen der fehlenden Taxen dem Preisdiktat der Mietwagen unterliegen. "Das war es dann mit dem Vorteil", sagt Finck. Es sind noch mehr Kritikpunkte, die er anführt. Strukturschwache Gegenden werden ohne Taxis nicht versorgt, auch kritische Zeiten nicht abgedeckt. "Wir haben da einen öffentlichen Auftrag und stehen auch mitten in der Nacht zur Verfügung."

Finck hofft, dass es zu diesen radikalen Einschnitten nicht kommt. Ein erstes Einlenken Scheuers gab es bei einer Demonstration der Taxifahrer am Donnerstag in Berlin.