Über 200 Brücken stehen im Kreis Erlangen-Höchstadt. Um ihre Standsicherheit ist es gut bestellt. Nur drei von ihnen fallen aus der Reihe. Sie müssen abgerissen werden. Das "Sorgenkind", die neue Aischbrücke in Höchstadt, wurde am Montag inspiziert.
Vorsichtig klopfen sie sich Zentimeter für Zentimeter den Beton entlang. Inspizieren Stellen, an die man sonst nicht so leicht heran kommt. Direkt über ihnen rollt der Verkehr, unter ihnen fließt die Aisch. Auf einem sieben Meter langen Brückenuntersichtgerät haben Ingenieur Klaus Schneider und Bautechniker Florian Leibgeber vom Staatlichen Bauamt in Nürnberg am Montag die neue Aischbrücke untersucht. Sie soll noch nächstes Jahr neu gebaut werden.
Eine Alternative zum Abriss gibt es nicht. "Sie ist schon unser Sorgenkind", sagt Schneider. Und sie ist kein Einzelfall: Nach der neuesten Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) gilt jede zweite der insgesamt 66.714 Brücken, die in kommunaler Hand liegen, als marode.
Das Staatliche Bauamt ist insgesamt für 120 Brücken im Landkreis Erlangen-Höchstadt zuständig, die zu Bundes- oder Staatsstraßen gehören.
Kontrolliert werden die Brücken ständig: einmal im Jahr auf Sicht, alle drei Jahre etwas genauer und alle sechs Jahre von einem Ingenieurbüro "auf Herz und Nieren", wie Karl Betz, Abteilungsleiter für Brücken und Ingenieurbau, weiß.
Bei letzterem geht es der Brücke mit großen Gerätschaften an den Kragen, um sie von allen Ecken - auch von unten - zu prüfen. "Jeder Quadratdezimeter muss einmal mit dem Hammer abgeklopft werden, um eventuelle Hohlräume zu erkennen", erklärt Betz.
5 bis 7,5 Millionen für Bestanderhaltungen Und auch dann ist die Untersuchung noch lange nicht abgeschlossen. Jedes Bauteil wird haarklein auf Verkehrs- und Standsicherheit kontrolliert: Fahrbahn, Gehsteige, Geländer, Pfeiler, Widerlager - also der Übergang zwischen der Brücke und dem Erddamm.
"Sollte es Sprünge oder Risse geben, werden diese genau festgehalten", sagt Betz. Für größere Bestandserhaltungen der Brücken stehen pro Jahr 5 Millionen Euro für Bundesstraßen und 7,5 Millionen Euro für Staatsstraßen zur Verfügung.
Am Ende einer großen Hauptprüfung gibt es eine Note, die sich aus sämtlichen Einzelbewertungen aller Bauteile der Brücke ergibt. "Ab 2,8 schauen wir uns die Brücke genauer an. Ab 3,0 kommt sie ins Sanierungsprogramm", erklärt Betz. Im Landkreis sind es derzeit drei Brücken, die noch schlechter als 3,0 abgeschnitten haben: Neben Aisch- und Flutbrücke in Höchstadt (beide 3,4) auch die Kanalbrücke in Dechsendorf (3,2). "Alle drei Brücken wurden mit Spannstahl gebaut. Er hat die Neigung, zu reißen. Heute wird ein dreifach so fester Stahl mit Zement-Injektionen verwendet", sagt Betz.
Die Bauarbeiten für die neue Aischbrücke und die anschließende Flutbrücke sollen nächstes Jahr beginnen und innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein. Wann es genau los geht, steht noch nicht fest. Gespräche mit der Naturschutzbehörde, dem Wasserwirtschaftsamt und der Stadt Höchstadt laufen laut Betz aber bereits auf Hochtouren. Beide Brücken (Baujahr 1964) werden dann komplett abgerissen und neu gebaut. Optisch ändere sich wenig. Die Kosten liegen bei zwei Millionen Euro pro Brücke.
Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren Bis die Kanalbrücke in Dechsendorf erneuert wird, wird es Betz zufolge dagegen noch drei bis vier Jahre dauern. Sie wird neben die bestehende Brücke neu gebaut. Kosten: bis zu sechs Millionen Euro, plus mehrere Millionen für die Anschlussstelle. "Die Straße muss ja angepasst werden," sagt Betz.
Eine Note von 3,0 haben die Kanalbrücke in Schallershof und die Überführung der Kreisstraße ER5 über die Staatsstraße 2242 bei Eltersdorf. Sanierungen stehen voraussichtlich 2015 an. Bei der Regnitzbrücke in Erlangen-Bruck ist man sich dagegen noch nicht sicher, ob sie saniert oder neu gebaut werden soll.
"In aller Regel wird eine Brücke saniert. Sie hat eine Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren", erklärt Betz. Der größte Feind der Brücke? "Salzwasser! Es enthält Chloride, die den Stahl angreifen und zum Rosten bringen. Der Beton platzt und verliert an Festigkeit." Insgesamt sind die Brücken im Landkreis Erlangen-Höchstadt laut Betz in einem "guten Zustand".
Diese Meinung teilt auch Dieter Mußack, zuständig für den Bereich Tiefbau im Landkreis. Der ist für insgesamt 56 Brücken verantwortlich.
Zwei davon, zwischen Unterschöllenbach und Kleinsendelbach an der Kreisstraße ERH 8, werden derzeit saniert. Geplanter Bauabschluss: Juni 2014. Kosten: 780.000 Euro.
Bei den 27 Brücken, um die sich die Stadt Höchstadt kümmert, stehen demnächst keine Bau- oder Sanierungsarbeiten an. Eine von ihnen, die alte Aischbrücke, wurde erst vergangenes Jahr saniert. Bei der Lebensdauer einer Brücke kommt es dem Bauamtsleiter Jürgen Ganzmann zufolge vor allem darauf an, für welche Belastung sie geplant war: "Der Verkehr wird immer mehr. Vor allem die Anzahl und das Gewicht der Fahrzeuge auf einer Brücke sind entscheidend."
Grund zur Sorge, die Brücken in Höchstadt könnten nicht sicher sein, sieht aber auch Ganzmann nicht: "Unsere Brücken sind in gutem Zustand.
Es gibt keine sichtbaren Schäden."
Noten für die Brücken:1,0 bis 1,4 Sehr gut; laufender Unterhalt erforderlich.
1,5 bis 1,9 gut; die Dauerhaftigkeit kann langfristig geringfügig beeinträchtigt sein; laufender Unterhalt erforderlich.2,0 bis 2,4 befriedigend; die Dauerhaftigkeit kann langfristig beeinträchtigt werden; mittelfristige Instandsetzung erforderlich.
2,5 bis 2,9 ausreichend; die Standsicherheit und/oder Dauerhaftigkeit können beeinträchtigt sein; kurzfristige Instandsetzung erforderlich.
3,0 bis 3,4 nicht ausreichend; die Standsicherheit und/oder Verkehrssicherheit sind beeinträchtigt; die Dauerhaftigkeit kann nicht mehr gegeben sein; umgehende Instandsetzung erforderlich.
3,5 bis 4,0 ungenügend; die Standsicherheit und/oder Verkehrssicherheit sind erheblich beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben; die Dauerhaftigkeit kann nicht mehr gegeben sein; umgehende Instandsetzung bzw. Erneuerung erforderlich.