In Röttenbach haben die Bürger entschieden. Von den 2306 abgegebenen Stimmen bekamen die Befürworter des Ratsbegehrens 125 mehr.
Kaum eine Viertelstunde nach Schließung der Wahllokale begannen am Sonntagabend die jungen Familien von der Initiative "Wir-lieben-Röttenbach" zu jubeln: Die Mehrzahl der Stimmen war für ihr Anliegen, im Westen der Gemeinde rund 7,5 Hektar Bauland auszuweisen.
Patrik Prell (FW), einer der jüngsten Gemeinderäte, übermittelte ihnen das Ergebnis, während die Wahlvorstände um Wahlleiterin Susanne Müller noch die nötigen Formalien erledigten. Es war eine schnelle Auszählung gewesen - trotz einer Wahlbeteiligung von fast 60 Prozent.
Schnell ausgezählt
Kurz vor 18 Uhr schätzte Hans Götz, der Wahlvorstand im Abstimmungsbezirk zwei im Rathaus, dass hier mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten zur Wahl gegangen war. "An die 400 werden es werden, dazu noch die 187 Briefwahlstimmen.
Unser Bezirk hat 1031 Wahlberechtigte."
Schlag 18 Uhr hebt er die Urne auf den Tisch und viele grüne Zettel fallen heraus. Das eingespielte Team sortiert sie nach Ja und Nein. Um 18.03 Uhr sind die Stapel fertig. Das eigentliche Auszählen beginnt.
Die Wahlleiterin sitzt derweilen schon an ihrem Schreibtisch und erwartet die Meldungen aus den anderen Wahlbezirken. 18.14 Uhr: Götz kommt mit dem Karton mit den Stimmzetteln die Treppe herunter; drei Minuten später kommt Walter Baumüller aus dem Bürgertreff, wo die Briefwahlstimmen ausgezählt wurden. Das waren über 600.
Vor der Rathaustür gibt's Umarmungen, freudestrahlende Gesichter und natürlich der Griff zum Handy. 125 Personen mehr haben für Ja gestimmt, macht die Runde. "Wir haben damit gerechnet, dass das eine knappe Kiste wird", sagt Michael Warter, der Sprecher der Initiative. "Wir sind superfroh.
Der Aufwand hat sich gelohnt."
Auch Norbert Holzmann, der Fraktionssprecher der Freien Wähler freut sich über das Ergebnis, die "mehrheitliche Zustimmung". Nun könne der Gemeinderat seine Arbeit fortsetzten. Als nächstes ist die Änderung des Flächennutzungsplan auf der Agenda. Dann werden in Etappen Baupläne für neue Straßenzüge im Westen aufgestellt, erläutert er.
Alle Bürger ins Boot holen
Wo bleibt der Bürgermeister? Er war im Jahreskonzert des Mauritius-Chores und wollte nicht vor dem Schlussapplaus die Kirche verlassen. Dafür muss er schon vor der Tür viele Hände schütteln.
Schon im Vorfeld, so sagt er, wurde Diskussionsbedarf erkannt. Obwohl es eigentlich ein Sachthema sei, streckte er seine Antennen aus und besprach das Thema Bauplätze in den Fraktionen.
Man war sich einig: "Dazu müssen wir die Bürger befragen." So kam es zu dem Ratsbegehren, dass von CSU und FW getragen wurde.
"Es hat mich gefreut, dass diese direkte Mitbeteiligung so ein großes Diskussionsvolumen hervorrief", sagt er, auch wenn er die Qualität mancher Beiträge skeptisch beurteilt und er eine gewisse Spaltung zu spüren meint. "Wir müssen das Ergebnis im Sinne der Gemeinde umsetzen und alle Bürger wieder ins Boot holen."
Die hohe Wahlbeteiligung zeigt ihm, dass der Weg des Rats richtig war, ganz an den Beginn die Bürgerbeteiligung zu stellen. Das war auch der Grund, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Nur, so fürchtet er im Nachgang, haben sich daran die Gemüter erhitzt, weil vielfach deren Ergebnis als Arbeitsplan interpretiert wurde. "Wir haben uns Möglichkeiten aufzeigen lassen, auch beim Thema Verkehr.
Eine Umgehungsstraße haben wir nie geplant", nennt Wahl als Beispiel für ein solches Missverständnis.
Demokratie in Reinform nennt er das ganze Procedere. Er sieht es als nächste Aufgabe, das Emotionale wieder auf die rationale Ebene herunterzuholen. Zweite Säule im Ortsentwicklungsprozess ist für ihn die Überarbeitung alter Bebauungspläne im Ortskern. Wenn es da konkret wird, will er wiederum Bürger-Werkstätten einrichten, in denen Probleme und Chancen erörtert werden können. Dass das sinnvoll ist, habe nicht zuletzt der Workshop vor der Abstimmung gezeigt.
Der Titel sollte heißen: Knappe Mehrheit stimmt in Röttenbach fürs Baugebiet. Die knappe andere Hälfte der Röttenbacher Bürger ist dagegen.
Die von der Gemeinde beauftragte Machbarkeitsstudie diente wohl eher zur Bestätigung der eigenen Pläne und als eine Art Testballon, erstmal große Lösungen ins Spiel zu bringen um die Bürger quasi zu schockieren. Damit sollte die eigentlich momentan gewünschte Ausweisung (mit immerhin 7,5 ha kein Pappenstiel) vergleichsweise harmlos wirken.
Die abgelehnte Umgehungsstraße wird in der Studie sogar als notwendig erachtet, um eine gewünschte Innenentwicklung im Ortskern überhaupt zu ermöglichen. Hier findet Rosinenpickerei statt.
Die Frage ist auch, wie sollen die über 1000 Baugebietsgegner ins Boot geholt werden? Es gibt nur ein Baugebiet oder eben keines. Mit netten Reden im Zuge von Schein-Bürgerbeteiligung wird die Akzeptanz nicht zu machen sein.
Hieß es doch zu Beginn im neuesten Baugebiet Bucher Weg 4 (das noch nicht einmal fertiggestellt ist), dass danach mit weiterer Ausweisung erst mal Schluss sei. Nun soll umgehend das nächste noch viel größere Baugebiet in Angriff genommen werden. Hier haben die Befürworter-Fraktionen im Gemeinderat und der Bgm. viel Vertrauen verspielt. Angesicht der riesen Werbekampagne der Befürworter (wer hat die Plakate eigentlich bezahlt?) von Demokratie in Reinform zu sprechen, wird höchstens amerikanischen Verhältnissen gerecht.
Die jungen Familien durften doch nur als Werbeträger für bessere Akzeptanz herhalten, nur ein kleiner Teil wird überhaupt die Möglichkeit nutzen können, günstigen Baugrund zu erwerben. Nicht zu vergessen die Vorkämpfer der Befürworter bzw. deren Anhang. Für den Großteil des Baugebietes wird es die Investoren nicht interessieren, wer die Häuser hinterher kauft. Und die nächste Grundbesitzer-Fraktion wartet schon ungeduldig, bis auch ihre Äcker vergoldet werden.