In Wachenroth entsteht ein handgeschriebenes Evangeliar

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Auf zwei Seiten hat Michael Malzer (rechts) das Evangelium vom ersten Fastensonntag aufgeschrieben. Seine Frau Marion hält die Vorlage, ein gedrucktes Evangelienbuch in Händen. Im Bild stehend Pater Gabriel Ramos (noch mit Aschenkreuz auf der Stirn) und die jüngste der Familie, Miriam Malzer Foto: Evi Seeger
Auf zwei Seiten hat Michael Malzer (rechts) das Evangelium vom ersten Fastensonntag aufgeschrieben. Seine Frau Marion hält die Vorlage, ein gedrucktes Evangelienbuch in Händen. Im Bild stehend Pater Gabriel Ramos (noch mit Aschenkreuz auf der Stirn) und die jüngste der Familie, Miriam Malzer Foto: Evi Seeger
Die beiden Großen der Familie, Max und Marie, dürfen die Blätter zum Sonntagsevangelium ausmalen. Nesthäkchen Miriam ist noch zu klein dafür (von links). Foto: Evi Seeger
Die beiden Großen der Familie, Max und Marie, dürfen die Blätter zum Sonntagsevangelium ausmalen. Nesthäkchen Miriam ist noch zu klein dafür (von links). Foto: Evi Seeger
 

In Wachenroth schreiben die Gläubigen derzeit ihr eigenes Evangeliar. Pater Gabriel Ramos möchte so zum Nachdenken über die Bibeltexte anregen.

Diesen Bibeltext wird Michael Malzer so schnell nicht vergessen - vielleicht sein Leben lang nicht. Denn was im Lukas-Evangelium, Kapitel 4, Vers 1 bis 13 zu lesen steht, ist "sein Evangelium". Per Hand hat es der Wachenrother abgeschrieben und in ein neues Evangeliar übertragen. Vor ihm haben das schon andere Gemeindeglieder der katholischen Pfarrei Sankt Gertrud getan. Kirchenpflegerin Petra Wichert war die erste. Ihr folgten auf den nächsten Seiten Pfarrgemeinderatsvorsitzender Peter Arnold und Bürgermeister Friedrich Gleitsmann (CSU).
Die Idee, ein handgeschriebenes Evangelienbuch anzulegen, hatte der Ortsgeistliche, Pater Gabriel Ramos. Seit dem ersten Adventsonntag, dem Beginn des liturgischen Kirchenjahres, macht das Evangelienbuch die Runde in der Pfarrgemeinde. Bis zum Christkönigssonntag, dem letzten Sonntag im Kirchenjahr, soll es auf jeden Fall geführt werden.

Als Grund für dieses sehr persönliche Evangeliar nennt der Pfarrer eine Vertiefung der Evangelientexte. Eine Bibel finde sich heute nahezu in jedem Haushalt, jedoch sei sie häufig "mehr dekorativ", meint der Geistliche. Dabei sollten die Texte der Heiligen Schrift nicht nur in der Kirche, sondern auch in den Familien präsent sein.
Michael Malzers Evangelium ist das von der Versuchung Jesu. Der Teufel versucht Jesus in der Wüste und verspricht ihm alle Macht und Reiche dieser Welt, so er niederfalle und ihn anbete. "Beim Schreiben ist man hoch konzentriert", erklärt Michael Malzer. Schließlich wolle man ja keinen Fehler machen. Und - der Text bleibe hängen, man denke darüber nach. Am kommenden Wochenende in der Vorabendmesse zum ersten Fastensonntag wird Pater Gabriel dann diesen Text aus dem handgeschriebenen Evangelienbuch lesen. Wobei es für die jeweiligen Schreiber natürlich eine Selbstverständlichkeit ist, persönlich anwesend zu sein, wenn "ihr Evangelium" verkündet wird. Passend zum Text des jeweiligen Sonntagsevangeliums gibt es Malvorlagen für Kinder, die nach dem farbigen Ausmalen eine Woche lang im Schaukasten der Kirche ausgestellt werden. Derzeit malen die beiden älteren Kinder der Malzers, Marie und Max, sowie Lara und Lukas Beßler.

Das handgeschriebene Evangeliar bringt also etwas in Bewegung. Jeweils eine Woche lang bleibt das neue Evangelienbuch bei einem Schreiber. Natürlich wird darin geblättert, gelesen und nachgeschaut, wer welchen Text geschrieben hat. Ein intensives, durchaus beabsichtigtes Befassen mit dem Buch der Bücher. Mesner Werner Kaiser organisiert die Aktion. Für die Sonntage bis Ostern hat er schon Zusagen. "Nein, abgesagt hat noch nie jemand", sagt Kaiser. Und Angst vor dem Schreiben müsse auch niemand haben. "Wir schauen nicht auf die Schönheit der Schrift", sagt Pater Gabriel Ramos. Vielmehr sei ihm wichtig, dass seine Gemeinde über die Inhalte der Schrifttexte nachdenke. Das Weihnachtsevangelium kann man in dem Buch übrigens auf Deutsch, Spanisch, Englisch, Russisch und Arabisch nachlesen.