Die junge Höchstadterin Jule-Marie Brinkel hat drei Monate lang in einer Geburtsstation in einem der ärmsten Länder der Welt gearbeitet.
"Was ist Mut und Courage in der heutigen Zeit?" Jule-Marie Brinkel, eine junge Höchstadterin, angehende Hebamme, zur Zeit noch in der Ausbildung, antwortet darauf so: "Als ich vor über einem Jahr Ende Januar in Madagaskar landete und mein selbst gewähltes, vorbereitendes Praktikum zur Ausbildung als Hebamme beim Verein ,Mobile Hilfe Madagaskar‘ aufnahm, waren meine Vorstellungen und Erwartungen nicht mehr als eine vage Idee aus Reiseführern, Internetseiten und Erzählungen anderer.
Man hatte berichtet, dass im März 2018 mit dem Bau eines Krankenhauses begonnen werden sollte. Entsprechend hatte ich das Bild eines einfachen Gebäudes vor Augen, vielleicht noch mit einer Baustelle. Ich wurde bei Ankunft eines Besseren belehrt! Es gab nur eine kleine Krankenstation, in der versucht wurde, den schwangeren Frauen bei der Geburt zu helfen und so die Sterblichkeitsrate bei Müttern und Neugeborenen zu senken."
Verein wurde 2009 gegründet
Die Krankenstation wurde von der Aschaffenburgerin Tanja Hock gegründet, die vor rund 15 Jahren auf die unerträglichen Zustände im Gesundheitswesen von Madagaskar aufmerksam geworden war. Die damals 30-jährige gab ihr sicheres Leben in Deutschland auf und ging für eine Schweizer Hilfsorganisation nach Madagaskar. Über 90 Prozent der Madagassen lebten in extremer Armut, hatten nicht einmal Zugang zu Trinkwasser. Ihre Lebenserwartung war äußerst gering.
2009 gründete Tanja Hock ihren Verein "Mobile Hilfe Madagaskar" - und eine rollende Rettungsstation für schwangere, obdachlose Frauen. Zu ihren ersten Plänen gehörte der Bau einer Krankenstation. Diesen Plan verwirklichte sie in dem kleinen madagassischen Dorf Ambovo.
Als Jule-Marie Brinkel von der Hilfsorganisation hörte, kam ihr die Idee, noch vor Beginn ihrer Hebammen-Ausbildung für ein Vierteljahr in der "Mobilen Hilfe für Madagaskar" mitzuarbeiten. Dabei will sie nicht verhehlen, dass in erster Linie natürlich das Abenteuer lockte, ein Land weitab von Deutschland kennenzulernen. Es reizte sie das Fremde, die Natur dort, aber auch die Menschen in Madagaskar. Die persönliche Hilfe in der mobilen Geburtsstation Ambovo wurde für Jule-Marie erst dort, an Ort und Stelle, zu einer Herzens-Angelegenheit.
Einsicht in die Notwendigkeit
Courage in der heutigen Zeit heißt für Jule-Marie, sich freiwillig für etwas zu entscheiden, was man als wichtig erachtet, die Einsicht in die Notwendigkeit über persönliches Interesse zustellen und etwas zu wagen, wovor man eigentlich sogar etwas Angst hat. Courage macht das Leben schöner, bunter und tiefer und intensiver. Courage entwickelt sich, wenn irgendwo Unrecht geschieht und man versucht, dagegen anzugehen. Und so entwickelte sich bei Jule-Marie das couragierte Gefühl, in Ambovo aktiv mitzuhelfen und zur Beseitigung der Not dort einen persönlichen Beitrag zu leisten.
Und Jule-Marie berichtet weiter: "Die folgenden Tage und Wochen füllte sich die einfache Geburtsstation zunehmend mit Leben: Die ersten Babys wurden in den bescheidenen Räumlichkeiten geboren. Ich erinnere mich beispielsweise an eine sehr glückliche Mutter, die nach zwei tot geborenen Kindern nun ihren ersten lebendigen und gesunden Jungen in den Armen hielt. Kinder, die aufgrund komplizierter Geburtsverläufe geschwächt zur Welt kamen, empfingen alle Hilfe durch geschultes Personal und durch verfügbare Geräte, um ihnen den bestmöglichen Start ins Leben zu bieten." So konnte Jule-Marie resümierend nach ihrem Einsatz in Ambovo feststellen: "Meine Zeit dort erfüllte mich mit viel Freude. Ich sah, wie schnell und ergiebig sich die Dinge dort entwickeln, und all das aufgrund der Hingabe vieler einzelner, ganz unterschiedlicher Menschen aus aller Welt. Ich konnte viel für meine Ausbildung als Hebamme lernen und der Kontakt zur Organisation ,Mobile Hilfe Madagaskar‘ wird mir wohl immer ein Herzensbedürfnis bleiben."