Hausmannskost ist nach wie vor gefragt

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Norbert Nägel vor dem eigenen Lokal am Atzelsberg Foto: Michael Busch
Norbert Nägel vor dem eigenen Lokal am Atzelsberg Foto: Michael Busch

Die Gastronomie hat es nicht einfach. Doch mit guten Ideen kann man auch heute noch punkten, meint zumindest Norbert Nägel, seines Zeichens Gastronom und Funktionär des Gastro-Verbandes.

"Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen." Viele Menschen kennen diesen Spruch, Genießer nutzen ihn, um ungehemmt ihrer Leidenschaft nachzugehen. Dieser Spruch ist ein Standardspruch sicher nicht nur in deutschen Küchen, ist er doch elementar für einen ganzen Wirtschaftszweig.

Und der Kunde, der Gast kommt ja auch. Sicher klagt die Gastronomie und die Hotellerie ebenso über schwere Zeiten wie andere Zweige auch. Aber dennoch werden die Lokalitäten aufgesucht, um sich bedienen zu lassen, nicht kochen zu müssen, das Außergewöhnliche zu genießen oder sich anregen zu lassen.

Der Fränkische Tag möchte aber mal "hinter den Herd" schauen.
Was hängt alles an solch einem Gastronomiebetrieb dran? Wie leicht oder schwer lässt sich mit der Bewirtung noch Geld verdienen? Welche Auflagen gibt es und wie wichtig ist die Hygiene? Zum Auftakt hat der Fränkische Tag den Kreisvorsitzenden der Kreisstelle Erlangen-Höchstadt des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) interviewt. Es geht um die Rolle der Gastronomen in der Region und Trends im Gewerbe.

Molekulare Küche, Eventküche - hat der Karpfen und der Schweinsbraten überhaupt noch eine Chance?
Norbert Nägel:
Mit Sicherheit! Gerade aus dem Grund, dass es solche Sonderformen gibt. Die kommen aber und gehen. Das Thema Molekular-Küche ist schon wieder am Abklingen. Da gab es Kataloge, Events und Vorführungen - eben ein Trend. Ich bin davon überzeugt, dass mittelfristig und langfristig die klassische, die regionale Küche überleben wird.
Die Gäste kommen doch oftmals, um vor allem die regionale Küche zu haben. Regional sticht sogar Bio aus - manchmal, weil es automatisch beinhaltet ist. Die familiengeführten Häuser, die klassischen Gaststätten, sind die, die auf dem Markt seit Jahren existieren und weiter existieren werden.

Also ist Karpfen und Kartoffelsalat, Schweinsbraten und Kloß trendy?
Mit Sicherheit. Nach den vermeintlichen Trends heißt es immer wieder "Back to the roots", die Hausmannskost ist gefragt. Die wird in den Gaststätten auch immer wieder angefragt. Die Erfahrung zeigt uns, dass im Verhältnis mehr Top- oder Mehr-Sterne-Häuser zumachen als die etablierten bodenständigen Unternehmen.
Es gibt Häuser, die lieber einen Stern abgeben, frei nach dem Motto: "Ich muss ein Geld verdienen, in Schönheit sterben bringt mir nichts!" Unter dem Strich geht es eben um das Überleben am Markt. Und die Mehrzahl der Kunden möchte ein Essen, das finanzierbar ist, wissen, wo die Zutaten herkommen, ordentlich versorgt sein. Nur in Ausnahmefällen geht es in die feudale Küche.

Der Trend "Großes Schnitzel, das über den Tellerrand hängt und möglichst billig ist" geht auch auf ein Ende zu?
Nein, das wird es immer geben. Es wird in manchen Landstrichen auch so angeboten. Ich kann zum Beispiel nicht die Fränkische Schweiz mit München vergleichen.
Da kann man verfolgen, dass es überall Spitzenqualitäten gibt, sich die Portionen und die Preise aber deutlich unterscheiden. Aber das muss auch jeder für sich selber ausmachen. Sowohl der Gastgeber als auch der Gast. Welche Zielgruppe will ich erreichen? - beim Gastronom. Wieviel Qualität will ich für mein Geld? - beim Gast. Letzlich muss dann aber alles stimmen.
08/15 - in kurzer Zeit viel Geld verdienen, wird in Zukunft so nicht mehr gehen. Das liegt aber eben auch daran, weil der Verbraucher sich informiert. Allein die Medien klären dort auf.

Aber geklagt wird doch in der Gastronomie! Auch bei uns in der Region?
Auf hohem Niveau wird bei uns geklagt. Sicher ist es nicht mehr einfach zu bestehen. Aber die Klagen treffen weniger die Angebote denn die Rahmenbedingungen. Es wird immer schwerer, Personal zu finden - das liegt halt auch an dem Ruf, den sich die Gastronomie über Jahre "erarbeitet" hat.

Lebensmittelskandale spielen keine Rolle?
Nicht so extrem. Wir sind wieder bei dem Bild, dass der Gast gerade in den regionalen Betrieben wissen will, wo etwas herkommt. Die Zusammenarbeit zwischen Metzgern, Bäckern und den Gastrobetrieben bestätigt dies ja auch.
Verbandsmäßig schauen wir ja auch darauf, dass diese Zulieferungskette gut funktioniert.

Lassen die Gastronomen sich denn überhaupt unter einen Hut in einem Verband bringen?
Schwer, aber wir müssen in der Essensgastronomie einiges tun. Wir beschäftigen uns mit den Mehrwertsteuerfragen - die war mal für die Gastronomie gedacht, bei der Hotellerie wurde es umgesetzt. Dabei hat die Gastronomie es deutlich schwerer. Die ist personalaufwendiger, die ist produktionstechnisch schwieriger. Wir brauchen dort viel Fachpersonal - das ist ein Thema des Verbandes.
Der Mindestlohn ist so eine Geschichte, den wollen wir vom Verband nicht, da es auch da regionale Unterschiede gibt. Aber wir müssen genauer differenzieren. Gerade bei einer schlechten Bezahlung bekommen wir eben kein gutes Personal mehr; und in der Folge verlieren wir bei der Qualität und letztlich den Kunden.
Ein Koch für 1200 Euro geht nicht. Da ist Abendarbeit, da ist Wochenendarbeit, das kann nicht funktionieren.

Gastronomie hat also Zukunftschancen? "Wer nix wird, wird Wirt!" gilt nicht mehr?
Das sind blöde Sprüche. Wir sind Unternehmer und haben ein ganz anderes Selbstbewusstsein. Wir müssen uns ja nicht verstecken. Der Gast selber will ja schon nicht mit einem Verlierer zusammenarbeiten. Und den Kunden gewinnen wir nur mit Professionalität.

Die Fragen stellte unser Redakteur Michael Busch.