Der Bundesgerichtshof befasst sich am 7. Juli mit dem "Guru aus Lonnerstadt". Seine Revision war damit erfolgreich.
Wirklich überrascht wirkt der "Guru aus Lonnerstadt" nicht, als ihn die Nachricht erreicht. Ganz ruhig sitzt er auf seinem Stuhl. Er hat mit nichts anderem gerechnet. Spürte, dass es so kommen wird. Sogar den Termin hat er bereits erahnt, sagt er auf seiner Terrasse in Ailsbach: "Das ist für mich keine Überraschung."
Seine Revision war erfolgreich. Mit seinem Fall befasst sich am 7. Juli der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren. Wegen der "Misshandlung von Schutzbefohlenen" wurden der Guru und seine Lebensgefährtin im August vergangenen Jahres vom Landgericht Nürnberg schuldig gesprochen. Das Urteil: jeweils drei Jahre Gefängnis. Sie sollen in Kauf genommen haben, dass der damals 15-jährige Sohn der Partnerin des Gurus in eine "potenziell lebensbedrohliche" Lage geraten sei. Er war an Mukoviszidose erkrankt, nahm aber keine Medikamente mehr.
Der Bundesgerichtshof hat nun mehrere Möglichkeiten. Es kann das Urteil abändern, aufheben oder an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverweisen. "Der Bundesgerichtshof steigt in die Sache ein. Das ist sehr positiv zu sehen", findet Axel Graemer, Verteidiger des Gurus aus Erlangen. "Eine Revision gibt es oft, aber in 95 Prozent der Fälle wird sie fallen gelassen. Das hier ist also schon etwas Besonderes", erklärt er.
Graemer rechnet nun mit einer milderen Strafe für seinen Mandanten. Bei der Revisionshauptverhandlung wird der Anwalt persönlich anwesend sein, um sich mit dem Senat auszutauschen und seine Argumente aufzuführen. Eine höhere Strafe hat der Guru nicht zu befürchten. "Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen wäre", sagt Graemer. Neue Zeugen werden in Karlsruhe allerdings nicht geladen. Es geht lediglich um die Rechtsfrage: Beruht das Urteil auf Rechtsfehlern und wurde das Strafgesetz- und das Strafprozessbuch richtig angewendet?
Der Guru und seine Lebensgefährtin sehen die Verhandlung in Karlsruhe als Chance, schildern zu können, wie es wirklich war: "Eltern müssen ihre Kinder doch so erziehen können, wie sie es für richtig halten. Kinder muss man mit einbeziehen und das haben wir getan", ist der Guru überzeugt. "Sie haben für sich selbst entscheiden können, wir waren aber immer da als Familie."
Der gebürtige Forchheimer und seine Partnerin rechnen beide damit, dass das Urteil des Landgerichts komplett aufgehoben wird. "In Nürnberg wurde alles abgelehnt", ärgert sich der Guru. So wurde ihm zufolge nicht nur die Hauptzeugin, die damals in dessen Haus wohnte, nicht zugelassen. Auch einen "ganzheitlichen Gutachter", den sie sich gewünscht hatten, weil er "Körper, Geist und Seele" in seine Untersuchung einbezieht, hätten sie nicht bekommen.
Kleebauernhaus ist leer Gegen den Vorwurf, eine Sekte zu sein, wehren sich der Guru und seine Partnerin nach wie vor: "Wir waren nie eine Sekte und sind es auch heute noch nicht." Das befreundete Ehepaar der beiden Sonnenanbeter ist inzwischen aus dem Kleebauernhaus in Lonnerstadt ausgezogen. Die Familie ist Anhänger des Gurus. Das Amtsgericht Erlangen entzog ihnen 2013 das Sorgerecht für ihre drei Kinder. Seitdem lebten der ehemalige Siemens-Ingenieur und dessen Frau alleine im Kleebauernhaus. Die Ehefrau arbeitet nun wieder als Gymnasiallehrerin im Raum Ansbach. Da sie deshalb nun nicht mehr als bedürftig gelten, hatte die Gemeinde ihnen eine Frist gesetzt, aus dem Haus, das als Obdachlosenheim diente, auszuziehen. Das Ehepaar stellte zunächst einen Antrag, doch darin bleiben zu können, wohnt nun aber in der Nähe des Arbeitsplatzes der Frau.
Sein eigenes Schicksal bettet der "Guru" in einen größeren Zusammenhang mit dem Hunger und politischen Krisen in der Welt ein: "Im Sommer crasht's", ist er sich sicher. Für ihn besteht eine Verbindung zwischen seinem Fall und der aktuellen Weltlage. Und sein Gespür sagt ihm auch, dass in Karlsruhe für ihn alles gut ausgehen wird.