Eine Familie aus Syrien wird im Wachenrother Ortsteil Weingartsgreuth mit offenen Armen aufgenommen. Pfarrer Torsten Bader appelliert an andere Gemeinden, keine Vorbehalte gegen Asylbewerber zu haben.
Ihr sehnlichster Wunsch ist es, wieder ein ganz normales Leben führen zu können. Dort, wo sie herkommen, ist das schon seit Jahren nicht mehr möglich. Terror, Bombenangriffe, Tod und Zerstörung bestimmen den Alltag. Einen Schulbetrieb für die Kinder gibt es nicht mehr, Lebensmittel werden immer knapper und sind kaum noch bezahlbar.
Da blieb Vater Ahmed (43), Mutter Wafa (36) und den vier Kindern Salam (17), Mahmod (16), Majed (12) und Hamza (8) nichts anderes übrig, als aus ihrer Heimatstadt Damaskus zu fliehen. Für die sechsköpfige Familie begann eine Odyssee von Vorderasien über das nordöstliche Afrika und durch halb Europa, die jetzt im fränkischen Weingartsgreuth ein vorläufiges Ende gefunden hat.
Seit Mai unterwegs Hier leben die jungen Syrer nun, nachdem sie in Deutschland um Asyl gebeten haben.
Auf ihrer im Mai gestarteten Flucht teilten sie das Schicksal tausender anderer, die täglich versuchen, dem Krieg in ihrer Heimat zu entfliehen.
Mit dem Flugzeug ging es von Damaskus in die ägyptische Hauptstadt Kairo, berichtet Familienvater Ahmad in gebrochenem Englisch. Von dort aus starteten sie mit eng zusammengepferchten 300 Menschen in einem kleinen Boot Richtung Lampedusa. "Wir waren zwölf Tage auf diesem kleinen Schiff unterwegs", erinnert sich Ahmad. Die letzten zwei Tage habe es nichts mehr zu essen gegeben, am letzten auch nichts mehr zu trinken. An Schlaf war nicht zu denken, blickt die 17-jährige Salam zurück. Für die 300 Flüchtlinge auf dem Boot gab es zudem nur eine einzige Toilette.
Kurz vor dem Ziel gekentert Kurz vor der italienischen Insel zwischen Sizilien und Tunesien sei das Schiff gekentert.
Drei Polizeiboote hätten die Flüchtlinge aus dem Meer gefischt und nach Lampedusa gebracht, berichtet Vater Ahmad. Als hier als Wunschziel Frankreich fiel, wurden die Syrer sofort in einen Zug über Rom und Nizza nach Paris gesetzt. Lange blieb die syrische Familie dort aber nicht. Ahmad zeigte eine Zug-Fahrkarte für die ganze Familie nach Frankfurt und schon ging es mit dem Segen der französischen Behörden nach Deutschland. Von einem Aufnahmelager bei Saarbrücken wurden die Flüchtlinge weiter über das fränkische Aufnahmelager Zirndorf nach München verfrachtet.
Als die dortigen Behörden mitbekamen, dass für eine Wohnung in Weingartsgreuth eine syrische Familie gesucht werde, bekamen die Syrer ein Bayernticket und einen Google-Maps-Ausdruck und wurden auf den Weg nach Weingartsgreuth geschickt. Hier warteten schon ehrenamtliche Helfer der evangelischen Kirchengemeinde.
Diese hatte sich entschlossen, in eine im Weingartsgreuther Gemeindehaus leer stehende Wohnung Asylbewerber aufzunehmen. Es sollte nur eine Familie sein.
Unter der Bevölkerung des beschaulichen Wachenrother Ortsteils herrschte anfangs schon eine gewisse Skepsis, gibt der evangelische Pfarrer Torsten Bader zu. Doch schon nach wenigen Wochen fühlen sich die Flüchtlinge im Ort richtig wohl. Das Verhältnis der Einheimischen zu ihren Neubürgern beschreibt Pfarrer Bader in einem Satz: "Wenn die Syrer heute ausgewiesen werden sollten, würde sich Weingartsgreuth bewaffnen."
Dass es so ist, ist in erster Linie einer Gruppe von Helfern zu verdanken. Allen voran Rosemarie Schmidt, bei der die Fäden für Hilfsaktivitäten zusammenlaufen.
Auch Richard Sapper, Wolfgang Knorr und Galina Eronina tragen dazu bei, dass die Syrer von "unserer Familie" sprechen.
Noch Helfer gesucht Die muslimische Familie aus Damaskus ist in Weingartsgreuth angekommen. Drei ihrer Kinder besuchen die Realschule in Höchstadt, ihr Jüngster die Grundschule. Alle lernen mit Begeisterung Deutsch und können auch schon erste fränkische Ausdrücke. Der Vater würde gerne arbeiten, darf aber nicht.
Rosemarie Schmidt kann weitere Helfer immer gebrauchen. Wer Fahrdienste übernehmen oder die Kinder jetzt in den Ferien zu Ausflügen einladen möchte, sollte sich bei ihr unter Tel. 09548/762 melden.
Für Pfarrer Bader haben sich alle Vorbehalte aufgelöst. Für ihn "kommen nicht Asylbewerber, sondern Menschen". Er empfiehlt auch kleineren Gemeinden, Mut zu haben und Familien dezentral aufzunehmen.