"Es gibt Gewinner und Verlierer"

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Für die Erneuerung der Straßen im Bereich Spratzer/Schwedenschanze mussten die Anlieger noch eine Vorauszahlung leisten, den Rest übernimmt der Staat. Foto: Andreas Dorsch (Archiv)
Für die Erneuerung der Straßen im Bereich Spratzer/Schwedenschanze mussten die Anlieger noch eine Vorauszahlung leisten, den Rest übernimmt der Staat.  Foto: Andreas Dorsch (Archiv)
Für die Sanierung der Hauptstraße wurden die Anlieger nicht mehr zur Kasse gebeten. Foto: Andreas Dorsch (Archiv)
Für die Sanierung der Hauptstraße wurden die Anlieger nicht mehr zur Kasse gebeten.  Foto: Andreas Dorsch (Archiv)
 

Die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung reißt in Höchstadt erst einmal ein Loch in die Stadtkasse. Röttenbach profitiert eher davon.

Strabs - oder Straßenausbaubeitragssatzung. Ein Wortungetüm, das für den einen Grundstückseigentümer in der Vergangenheit mit Kosten im fünfstelligen Bereich verbunden war, für den hundert Meter weiter wohnenden heute aber keine Bedeutung mehr hat.

Auf Druck der Freien Wähler schaffte die CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag im vergangenen Jahr die Straßenausbaubeitragssatzung ab. Konnten Städte und Gemeinden für die Erneuerung maroder Ortsstraßen bis zu 80 Prozent der Kosten auf die Anlieger umlegen, ist das jetzt nicht mehr möglich.

Drei Beispiele aus Höchstadt: Ein Anwesen in der Hauptstraße, eines Am Spratzer und eines in der St.-Georg-Straße. Hier steht die Erneuerung der Straße unmittelbar bevor. Die Anwohner brauchen sich aber keine Sorgen mehr zu machen, sich an den Kosten beteiligen zu müssen. Ohne Eigenbeteiligung bekamen auch die Anlieger der Hauptstraße eine neu gestaltete verkehrsberuhigte Zone vor ihren Häusern.

Die Grundstückseigentümer im Bereich Spratzer/Schwedenschanze profitieren von der Abschaffung der Strabs nur noch zum Teil. Die Erneuerung ihrer Straßen wurde Ende 2013 abgeschlossen. Eine Vorauszahlung haben sie bereits geleistet, "und die bekommen sie auch nicht mehr zurück", sagt Bürgermeister Gerald Brehm (JL). Die Schlussrate müssen sie allerdings nicht mehr bezahlen.

Wie ein Grundstückseigner dem FT verriet, hat er für sein 1400 Quadratmeter großes Areal Am Spratzer 2600 Euro Vorauszahlung geleistet. Er spricht einerseits von Glück, dass er jetzt nichts mehr zahlen muss, aber gleichzeitig auch von Pech, weil die Änderung auch hätte früher kommen können.

Die Stadt rechnet die restlichen Kosten jetzt mit dem Freistaat ab. Der übernimmt nach der Abschaffung der Strabs den Anteil der Bürger für alle Maßnahmen, die bereits umgesetzt, aber noch nicht abgerechnet sind.

Höchstadts Bürgermeister sieht in der Abschaffung der Strabs "einen großen Gewinn". Allerdings übt er scharfe Kritik an der Ausführungsverordnung, nach der der Staat den wegfallenden Bürgeranteil ausgleicht. Die 70 bis 80 Prozent der Anlieger fehlen erst einmal und werden auch in Höchstadt größere Löcher in den Haushalt reißen.

Beispielsweise ist die anstehende Erneuerung der St.-Georg-Straße samt ihrer Nebenstraßen auf zwei Millionen Euro kalkuliert. Davon wären 70 Prozent, oder 1,4 Millionen Euro, von den Bürgern gekommen. Die bleiben jetzt aus. Dafür erhält die Stadt vom Staat eine Pauschale von 70 000 Euro für dieses und knapp über 100 000 Euro für nächstes Jahr. "Viel zu wenig", sagt der Bürgermeister. Die Differenz müsste jetzt aus dem Stadtsäckel kommen.

Geplant sind vom Staat Straßenausbaupauschalen für alle Kommunen. 100 Millionen Euro in diesem Jahr und 150 Millionen ab 2020 sind dafür eingeplant. Das Innenministerium hatte in den bayerischen Gemeinden die Bürgerbeteiligungen in den letzten sieben Jahren abgefragt, was durchschnittlich 62 Millionen Euro im Jahr ergeben hat. Mit den vorgesehenen 100 Millionen ist jetzt laut Finanzministerium "weit mehr Geld im System, als die Kommunen in der Vergangenheit Beiträge von ihren Bürgern erhoben hatten".

Bürgermeister Brehm sieht dieses Geld aber falsch verteilt. Alle Kommunen sollen eine von ihrer Größe abhängigen Pauschale erhalten. Für Brehm gibt es Gewinner und Verlierer. Gewinner wären die, die bisher nichts umgelegt haben und nun trotzdem eine Pauschale bekommen, wie beispielsweise München oder auch Röttenbach. Unter den Verlierern wäre Höchstadt, das die Bürger am Straßenausbau beteiligt hat, mit der Pauschale aber nicht weit kommt. "Es sollten nur die begünstigt werden, die bisher umgelegt haben", fordert Brehm.

Höchstadt müsse jetzt einige Straßen im eigenen Verfahren erneuern. Dafür werde eine Prioritätenliste erstellt und die fehlende Finanzlücke selbst geschlossen. Eventuell komme für Brehm auch eine Anhebung der Grundsteuer in Betracht, um ausbleibende Beiträge der Anwohner auszugleichen.

Eine höhere Grundsteuer wäre auch für Röttenbachs Bürgermeister Ludwig Wahl (FW) eine Lösung. Er sieht seine Gemeinde aktuell zwar als Gewinner, hält aber die Refinanzierung durch die Verteilung nach dem Gießkannenprinzip für nicht gelungen. Wahl habe deswegen auch schon bei seinem Parteifreund, Wirtschaftsminister Aiwanger, vorgesprochen.

Auf alle umlegen

Für Röttenbachs Bürgermeister ist die Abschaffung der Strabs der richtige Weg. "Weil jeder Bürger Straßen nutzt, sollte deren Erneuerung nach dem Solidarprinzip auch auf alle umgelegt werden", sagt Wahl. Da Röttenbach noch nie eine Straße zu hundert Prozent erneuern musste, seien in Röttenbach auch noch nie Verbesserungsbeiträge auf die Bürger umgelegt worden.

Für die Bürger in den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Höchstadt kommt die Abschaffung der Strabs etwas zu spät. In den letzten Jahren seien im Rahmen der Dorferneuerung überall Straßen erneuert worden. Dafür wurden Beiträge erhoben. "Das war für die Gemeinden schon lukrativ", sagt Norbert Stoll, Geschäftsstellenleiter der Verwaltungsgemeinschaft Höchstadt. Dafür habe es aber manche Anwohner auch mit fünfstelligen Beträgen getroffen.

Für Stoll war die Umlagepraxis auf Anlieger ungerecht: "Der an einer Staatsstraße zahlt nichts und der in einer Anliegerstraße 80 Prozent." Die aktuell geltende Regelung müsse aber auch nachgebessert werden, findet der Verwaltungschef. Die bedürftigen kleinen Gemeinden bekommen zu wenig und Städte wie München, die bisher nicht auf Ausbaubeiträge der Anwohner angewiesen waren, bekommen jetzt viel Geld.