"Am Limit": Rettungsdienst zeigt, wie dramatisch aktuell die Lage ist

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Erlangen: Hilfsorganisationen schlagen Alarm - eindringlicher Appell von BRK, ASB, Johannitern und Maltesern
Die Garage der BRK-Hauptwache Erlangen steht aktuell oft leer. Fast alle Krankentransportwagen sind im Einsatz ...
Erlangen: Hilfsorganisationen schlagen Alarm - eindringlicher Appell von BRK, ASB, Johannitern und Maltesern
BRK Erlangen-Höchstadt
Erlangen: Hilfsorganisationen schlagen Alarm - eindringlicher Appell von BRK, ASB, Johannitern und Maltesern
Die Garage der BRK-Hauptwache Erlangen steht aktuell oft leer. Fast alle Krankentransportwagen sind im Einsatz ...
Erlangen: Hilfsorganisationen schlagen Alarm - eindringlicher Appell von BRK, ASB, Johannitern und Maltesern
BRK Erlangen-Höchstadt

Bayerns Hilfsorganisationen schlagen wegen der explodierenden Corona-Zahlen Alarm. Das Personal sei physisch wie psychisch am Limit, erklären sie. Das BRK Erlangen-Höchstadt zeigt mit einem Foto, wie ernst derzeit die Lage ist.

  • "Situation im bayerischen Gesundheitswesen mehr als kritisch": Hilfsorganisationen schlagen Alarm
  • Corona- Pandemie belastet Rettungskräfte massiv - eindringlicher Appell von BRK, ASB, Johannitern und Maltesern
  • BRK-Präsident: "Personal ist physisch wie psychisch am Limit, zutiefst frustriert und auch verärgert"
  • Rettungsdienst im Dauereinsatz: BRK Erlangen-Höchstadt zeigt mit Foto, wie dramatisch aktuell die Lage ist

Infolge der vielerorts explodierenden Corona-Zahlen spitzt sich die Situation in den Krankenhäusern weiter zu. Die Intensivstationen in Bayern sind ausgelastet. Auch der Rettungsdienst befindet sich am Limit. Mit einem Foto auf Facebook zeigt das Bayerische Rote Kreuz Erlangen-Höchstadt (BRK), wie dramatisch die Lage ist. Die abgebildete Garage der Hauptwache Erlangen ist nahezu leer - mit Ausnahme eines Ersatzfahrzeugs sind alle Krankentransportwagen unterwegs. Die Situation sei schlimmer als vor einem Jahr, sagt Thomas Heideloff inFranken.de am Montag (15. November 2021). Der Rettungsdienstleiter spricht von einer "teuflischen Verquickung"

BRK Erlangen-Höchstadt wegen Corona am Limit: "Hauptproblem ist, überhaupt ein freies Bett zu kriegen"

Die immens hohen Corona-Fallzahlen bringen neben den Krankenhäusern auch die bayerischen Hilfsorganisationen in Not. Patienten müssen oft in andere Kliniken verlegt werden - zum Teil sogar in andere Bundesländer. "Nicht nur die Kliniken sind am Rande ihrer Kapazität, auch Rettungsdienst und Krankentransport sind voll ausgelastet", heißt es vonseiten des BRK Erlangen-Höchstadt. Laut BRK-Rettungsdienstleiter Thomas Heideloff betreffen die Patientenverlegungen neben den Covid-19-Infizierten auch Patienten mit anderen Erkrankungen, etwa Menschen mit einem Herzinfarkt.  

Für die Beschäftigten des Roten Kreuzes habe die Pandemie zu einer "extrem hohen Belastung" geführt. Rund 30 Prozent der Mitarbeiter seien ehrenamtlich tätig, berichtet Heideloff. Auf der Facebook-Seite des BRK schildert der Rettungsdienstleiter, mit welchem Kraftakt die Infektionstransporte von Corona-Patienten verbunden sind. "Was heißt das für unsere Mitarbeiter aus Haupt- und Ehrenamt? Stundenlanges Arbeiten unter Vollschutz, Schwitzen, kein Wasser trinken, kein WC, Anziehen und Ausziehen." Nach dem Transport müssten zudem noch Krankenwagen und Ausrüstung desinfiziert werden. "Das Ganze ist sehr, sehr zeitaufwendig", konstatiert Heideloff gegenüber inFranken.de.

Die Lage sei für das Personal in zweierlei Hinsicht schwer. "Das eine ist die körperliche Belastung. Hinzu kommt die Sorge: Bringe ich den Patienten rechtzeitig ins Krankenhaus?", sagt der Rettungsdienstleiter. "Das Hauptproblem ist aber, überhaupt ein freies Bett zu kriegen", betont er. Die Transportwege hätten sich durch die Belegung der Kliniken mit Infektionsfällen verlängert. Doch auch nicht-infektiöse Patienten könnten teilweise nicht mehr in ein nahes Krankenhaus eingeliefert werden, sondern würden in 40 Kilometer oder mehr entfernte Häuser verlegt. Die Abfrage nach einem freien Bett dauere oft lang. Die Folge: "So ein Transport kann sich schnell über vier, fünf Stunden hinziehen", erklärt Heideloff. 

Corona-Lage laut BRK schlimmer als vor einem Jahr - Kritik an Impf-Verweigerern

Laut dem Rettungsdienstleiter des BRK Erlangen-Höchstadt ist die Situation schlimmer als vor einem Jahr. Der Grund ihm zufolge: "Das Virus hat sich verändert. Die Delta-Variante ist extrem aggressiv. Sie ist aggressiver als alle bisherigen Varianten." Verschärft werde die Lage durch den Mangel an Fachkräften. "Es gibt weniger Personal, aber mehr Patienten", sagt Heideloff.

Dass es trotz entsprechenden Angebots noch immer vergleichsweise viele Ungeimpfte gibt, trifft bei ihm auf Unverständnis. "Das ist widersinnig. Eigentlich sollten alle Menschen erkannt haben, dass es um den Gesamterhalt unseres Gesundheitssystems geht", gibt er zu bedenken. "Es ist verwunderlich, dass bei vielen noch nicht die Vernunft da ist, sich impfen zu lassen." Gerade für die Rettungskräfte sei es "frustrierend", diesbezüglich "die immer gleiche Geschichte" zu hören. Kritik in diesem Punkt hagelt es auch von anderen bayerischen Hilfsorganisationen. 

Neben dem BRK verfolgen auch der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und der Malteser-Hilfsdienst (MHD) die angespannte Lage mit Sorge. In einer gemeinsamen Pressemitteilung schlagen die Hilfsorganisationen Alarm. "Die Situation im bayerischen Gesundheitswesen ist mehr als kritisch", heißt es darin. Der Rettungsdienst sei überlastet, notwendige Operationen müssten verschoben oder kurzfristig verlegt werden, die Inzidenzen stiegen massiv an und jeden Tag würden neue Höchststände verkündet.

"Das Personal ist physisch wie psychisch am Limit, zutiefst frustriert und auch verärgert"

"Das Personal ist physisch wie psychisch am Limit, zutiefst frustriert und auch verärgert, dass der fast zweijährige und kräftezehrende Einsatz mangels Impfbereitschaft immer noch nicht beendet werden kann", sagt BRK-Präsident Theo Zellner. Die Infektionstransporte im Rettungsdienst sind in den letzten vier Monaten um fast das Vierfache gestiegen. Auch Zellner übt scharfe Kritik an nicht-geimpften Bürgerinnen und Bürgern. 

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"Mir fehlt die Solidarität der Ungeimpften gegenüber unseren Rettungs- und Pflegekräften", moniert er. Es sei längst keine Privatsache mehr, sich nicht impfen zu lassen. Vielmehr sei das Impfen ein notwendiger Akt zur Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems. "Die Freiheit des Einzelnen, sich nicht impfen zu lassen, hört dort auf, wo die Gesundheit des Anderen gefährdet ist."

Obwohl im Dezember 2020 ein historischer Höchststand an Infektionstransporten erreicht wurde, konnten sie vergleichsweise besser bewältigt werden. Die derzeitige Überlastung der Intensivstationen und Notaufnahmen, die zu einem überwiegenden Teilen durch ungeimpfte Patienten belegt sind, macht die Situation heute deutlich dramatischer. "Die schwierigste Phase der Pandemie steht uns in den kommenden Wochen bevor", vermutet der BRK-Präsident. 

"Impfquote in Bayern absolut enttäuschend": Hilfsorganisationen mit eindringlichem Appell

In Bayern liegt die Impfquote aktuell bei 65,4 Prozent (Stand: 14.11.2021; Quelle: LGL). Neben dem Roten Kreuz rufen auch die Organisationen Malteser und ASB die Bevölkerung zum Impfen auf. "Es ist erwiesen, dass der einzige Schutz und der einzige Weg aus der Pandemie die Coronavirus-Schutzimpfung ist. Angesichts der dramatischen Situation ist jetzt das Momentum für jede und jeden Unentschlossenen, den Weg zur Impfung zu beschreiten", appelliert Stephanie Freifrau von Freyberg, Landesbeauftragte des Malteser-Hilfsdienst in Bayern.

"Die Impfquote in Bayern ist absolut enttäuschend", sagt Norbert Tessmer, stellvertretender Landesvorsitzender des ASB Bayern. "Es scheint bis zum heutigen Tage nicht annähernd gelungen, ausreichend Menschen von der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Corona-Schutzimpfung zu überzeugen. Es liegt weiterhin an jedem und jeder nun verantwortungsvoll zu handeln, sich selbst und der Allgemeinheit gegenüber."

In Bayern werden die Corona-Vorschriften unterdessen erneut verschärft: Ab Dienstag (16. November 2021) wird unter anderem die 2G-Regel deutlich ausgeweitet.

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