Die Spitalkirche St. Anna in Höchstadterhält eine Reliquie auf einer Stele. Damit wird des Barmherzigen Bruders Eustachius Kugler, des Kämpfers gegen die NS-Euthanasie, gedacht.
Weiche Handschuhe schützen die Hände von Goldschmied Alois Plätzer, als er zusammen mit Steinmetz Herbert Sailer den Reliquienschrein auf der Steinstele für die St. Anna-Kirche befestigt. Man könnte es auch umgekehrt sehen: Plätzer schützt das Behältnis aus vergoldetem Messing vor den Fingerspuren der Arbeit.
Der Schrein birgt einen Knochensplitter des 2009 von Papst Benedikt XVI. seliggesprochenen Eustachius Kugler (1867-1946). Das Mitglied des Pflegeordens der Barmherzigen Brüder war in der Zeit von 1905 bis 1925 auch in der Gremsdorfer Pflegeeinrichtung tätig. 1925 wurde er zum Provinzial der bayerischen Ordensprovinz gewählt. Als seine größte Leistung gilt der Bau des Ordenskrankenhauses in Regensburg.
Stele aus Muschelkalk Anlass für diese kunsthandwerkliche Auftragsarbeit ist das 500-jährige Bestehen der Bürgerspitalstiftung, deren Hauskirche die Annenkapelle beim Krankenhaus ist. Finanziert wird das Kunstwerk dank des Sponsorings der Firma Niersberger Immobilien aus Erlangen. Die Tochter des Geschäftsführers Christine Dippold hat bei der Renovierung der Annenkapelle 1997 den neuen Altar aus Muschelkalk geschaffen.
Deshalb wählte auch der Steinmetz wieder einen Stein aus Muschelkalk und bearbeitete ihn mit ähnlicher Struktur. "Der Stein ist 240 Millionen Jahre alt, stammt aus Krensheim im Taubertal und wiegt 400 Kilogramm", berichtete Sailer Dekan Kilian Kemmer und Bürgermeister Gerald Brehm (JL), der der Stiftung vorsteht.
Prior in Gremsdorf "Mit Muschelkalk ist auch das Bundesfinanzministerium verkleidet", führt Sailer weiter für die Verwendung des Steins an. Indirekt gibt er damit das Stichwort für Bürgermeister und Stadtpfarrer, denn das Gebäude in Berlin war in der NS-Zeit das Luftwaffenministerium.
Zwölf Jahre war Kugler Prior in Gremsdorf. Kranke Insassen - so sagte man damals - ließen er und seine Nachfolger zur Behandlung in das damals neue Höchstadter Krankenhaus bringen. Darin sieht der Dekan die besondere Verbindung zur Stadt. Verehrungswürdig ist Kugler für Kemmer durch seine Haltung zum Nationalsozialismus. Vehement wehrte sich der Ordensmann gegen die Umsetzung der NS-Dekrete zur Euthanasie, bis hin zu Verhören durch die Gestapo.
Trotzdem konnte er es nicht verhindern, dass aus Gremsdorf an die 250 Personen abgeholt wurden, um Opfer der NS-Tötungsmaschinerie zu werden.
Gleichwohl stellte sich Kemmer die Frage, ob ein Reliquienschrein mit einem Knochenpartikel heute nicht eher in die Kategorien Geisterbahnschrecken oder Rocky Horror Picture Show einzuordnen sei. Genau das verneinte der Theologe. Der Brauch der Reliquien in Kirchen und Altären rühre aus der Frühzeit des Christentums her, als sich die Gläubigen zum Gottesdienst an den Gräbern ihrer Verstorbenen beispielsweise in den römischen Katakomben versammelten.
Gegen Rechtsradikalismus Brehm sieht eine doppelte Verbindung zwischen dem Seligen und der Bürgerspitalstiftung.
Beide, Kugler wie die Stiftung, sind der Gesundheitsbetreuung und sozialen Fürsorge verpflichtet (gewesen). Darüber hinaus ist die Stele für das Stadtoberhaupt ein Zeichen gegen den heutigen Rechtsradikalismus und ein Gedenkort für die Leiden der Menschen durch Euthanasie-Gesetzgebung der Nazis.