Das letzte Stündlein schlägt zu Buche

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Eine Bestattung kann zeuer werden. In der Sterbekasse Herzogenaurach und Umgebung legen die Mitglieder für den eigenen Tod Geld zurück. Foto: BdF
Eine Bestattung kann zeuer werden. In der Sterbekasse Herzogenaurach und Umgebung legen die Mitglieder für den eigenen Tod Geld zurück.  Foto: BdF
Hans Weiland blättert in alten Büchern der Sterbekasse HerzogenaurachFoto: Christian Bauriedel
Hans Weiland blättert in alten Büchern der Sterbekasse HerzogenaurachFoto: Christian Bauriedel
 
Hans Weiland blättert in alten Büchern der Sterbekasse HerzogenaurachFoto: Christian Bauriedel
Hans Weiland blättert in alten Büchern der Sterbekasse HerzogenaurachFoto: Christian Bauriedel
 

Eine Bestattung kann teuer werden. Die Mitglieder der "Sterbekasse Herzogenaurach und Umgebung" legen schon zu Lebzeiten Geld zur Seite, um die Angehörigen nicht zu belasten.

Opa ist tot. Alle weinen, die Trauer sitzt tief. Er war ein lieber Mensch, lebte stets nach dem Spruch "Das letzte Hemd hat keine Taschen". Sein neuer Mercedes ist gerade mal drei Jahre alt. Und die Familie hat ihr Erspartes für den Hausbau aufgebraucht. Wer kümmert sich jetzt um die Beerdigung? Und: Was soll es kosten?

Die meisten Menschen werden vom Tod überrascht. Es gibt aber auch Mitmenschen, die sich schon zu Lebzeiten mit ihrem Ableben beschäftigen. Nicht nur philosophisch, auch mit dem Geld, das eine würdige Bestattung kostet. In Herzogenaurach sind es genau 1167 Menschen. So viele Versicherte zählt die "Sterbekasse Herzogenaurach und Umgebung". Im Moment, muss man sagen. Denn der Kern der Vereinigung ist das Sterben.


Versicherte im ganzen Landkreis

"Die meisten Menschen denken zu spät daran, was nach ihrem Tod passiert", sagt Hans Weiland, Vorsitzender der Sterbekasse. Seit 2002 kümmert sich der 64- Jährige um das Geld, das die Vereinsmitglieder, die aus dem ganzen Landkreis stammen, einzahlen. Der insgesamt siebenköpfige Vorstand verwaltet jenes Geld, das Menschen zurücklegen, um einmal ihre Bestattung bezahlen zu lassen.

"Unser Ziel ist eine gute Vorsorge auch für die Zeit danach", sagt Weiland. Es gehe darum, Gutes zu tun, vor allem der Familie, auf die bei der Beerdigung relativ hohe Kosten zukommen. Die letzte Rechnung selbst begleichen zu können, das ist der Beweggrund der Menschen, die in die Sterbekasse einzahlen.

935 Euro werden ausgezahlt

Das Prinzip ist einfach: Jeder Versicherte zahlt seinen Jahresbeitrag ein. Im Versicherungsfall, also wenn das letzte Stündlein geschlagen hat, wird die Versicherungssumme fällig. Eine Kopie der Sterbeurkunde und die Rückgabe der Police reicht und das Geld wird noch in der Zeit vor der Beerdigung ausgezahlt. "Momentan sind es 935 Euro, die man im Todesfall bekommt", sagt Weiland. Man könne auch zweifach und dreifach einzahlen, um die Summe zu erhöhen. Die Jahresbeiträge sind nach Altersgruppen gestaffelt (siehe Infobox). Logisch, denn mit dem Alter steigt auch das Risiko. Rein statistisch zumindest.

Weiland betont, dass eine Mitgliedschaft nicht nur etwas für Ältere ist. Die Sterbekasse nehme auch nur Menschen bis 60 Jahre auf. "Ideal wäre es, wenn man vor dem vierzigsten Lebensjahr eintritt, um sich die Leistungen zu sichern." Der Vorsitzende schlägt einen Ordner auf. Gerade bereitet er die Generalversammlung am Sonntag vor. Weiland kennt sich mit Zahlen, Zinsen und Zuwächsen aus. Bis 2009 war er Chef der Herzogenauracher Sparkasse. Alle fünf Jahre muss die Sterbekasse, die es seit knapp 120 Jahren gibt, ein mathematisches Gutachten erstellen lassen. Komplexe Formeln reihen sich aneinander.

Das Ziel der Rechnung klingt ein bisschen makaber, ist aber für Versicherer wichtig: Wie wahrscheinlich ist der Tod und wie viele der Versicherten könnten statistisch Anspruch auf ihr Sterbegeld haben? "Wir haben zwischen 20 und 25 Sterbefällen pro Jahr", sagt Weiland, das habe die Erfahrung gezeigt.

Was kostet das Ende?

Mit wie viel schlägt aber eigentlich das letzte Stündlein zu Buche? Was eine Bestattung kostet, sei sehr unterschiedlich, sagt die Herzogenauracher Bestattungsunternehmerin Manuela Petratschek. Eine durchschnittliche Erdbestattung kostet etwa 5000 bis 7000 Euro, je nach Gestaltung. Eine Feuerbestattung 4000 bis 5000 Euro. Die allergünstigste Bestattung, wenn also die Angehörigen die Formalitäten selbst regeln, komme auf knapp 2400 Euro. Das bedeute aber auch ein schlichtes Ende im rohen Kiefernsarg, ohne Trauerfeier, mit dem kleinsten Blumenschmuck und einem Platz auf dem anonymen Urnenfeld.

"Es wird immer mehr aufs Geld geschaut", sagt Manuela Petratschek. Ob die Menschen sich nicht mehr leisten wollen, oder schlicht das Geld fehlt, könne sie nicht sagen. Es gebe aber immer wieder Fälle, in denen Familien vor große finanzielle Probleme gestellt werden. "Letztes Jahr musste eine Frau ihr Auto verkaufen, um die Bestattung eines Angehörigen bezahlen zu können", sagt Petratschek, die selbst Mitglied in der Sterbekasse Herzogenaurach ist.

Sterbegeld nur noch als Zusatz

In Deutschland gibt es um die 800 Sterbekassen, sagt Helmut Vogel, Vorsitzender des Deutschen Sterbekassenverbands mit Sitz in Bochum. Auch die Herzogenauracher sind an den Dachverband angeschlossen. Seit 2004 gibt es bei den gesetzlichen Krankenkassen kein Sterbegeld mehr. Seitdem boomen die Zusatzversicherungen.

Im Gegensatz zu großen Versicherungen habe man bei der Sterbekasse etliche Vorteile, sagt Weiland. So gebe es keine Gesundheitsprüfung beim Eintritt. Zudem könne das volle Sterbegeld schon nach sechs Monaten Mitgliedschaft in Anspruch genommen werden. Bei Versicherern könnten das schon mal zwei bis drei Jahre sein. "Keiner weiß, wann seine letzte Stunde gekommen ist", sagt Weiland. Er wirbt, sich auch in jüngeren Jahren damit zu beschäftigen. "Wir wollen ja nicht, dass die Menschen nur ans Sterben denken." Einmal kümmern reiche. Dann könne man in Ruhe weiter leben.