Die Chaträume von Spielkonsolen und Onlinegames werden genutzt, um sich strategisch auszutauschen. Teilweise geht es dort aber auch ziemlich hoch her.
Es sollte ein spannender Abend an der Spielkonsole werden -
für einen 13-Jährigen aus Herzogenaurach endete der Spaß jedoch mit einem Polizeieinsatz. Der Teenager hatte sich ein für sein Alter nicht freigegebenes Spiel besorgt und beim "Zocken" über eine Chat-Funktion seinen Kontrahenten veralbert. Der fand das gar nicht witzig: Er bedrohte den Jungen unter anderem mit dem Satz "Ich stech dich ab".
Der 13-Jährige, der im Laufe des Chat-Gesprächs seine Adresse preisgegeben hatte, bekam es mit der Angst zu tun. Er informierte die Polizei. Die Beamten rückten an, stellten das Spiel - freigegeben ab 18 Jahren - sicher und beorderten die Mutter nach Hause.
"Sicherlich kein Einzelfall"
Vorfälle dieser Art lassen Eltern aufhorchen. Dass sich Kinder und Jugendliche beim Chatten im Netz auch mal im Ton vergreifen, ist den meisten bewusst. Dass, neben der "normalen" Kommunikation, Beleidigungen und Beschimpfungen auch in den "Plauderecken" von Online-Games und Spielkonsolen dazugehören, nicht unbedingt. "Bei dem beschriebenen Fall handelt es sich sicherlich nicht um einen Einzelfall, auch wenn uns konkrete Zahlen nicht bekannt sind", sagt Frank Kempe, Pressereferent beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Digitale Spiele würden unterschiedliche Kommunikationsmöglichkeiten bieten, sodass "auch hier alle Arten von Risiken vorkommen, vom Mobbing bis zur einfachen Beleidigung".
Auch die fränkische Polizei registriert immer wieder Fälle im Bereich "Internetkriminalität in Form von Bedrohung". Der Fall aus Herzogenaurach bildet in der Region aber eine Ausnahme. "Im Regierungsbezirk Unterfranken war in den letzten Jahren kein Fall mit Bezug zu einem Online-Spielechat dabei", informierte beispielsweise Pressesprecherin Kathrin Thamm. Auch in Ober- und Mittelfranken ist kein vergleichbarer Fall bekannt.
Gerade im Bereich der Spielkonsolen und Online-Spiele vergreift man sich im Spieleifer auch mal im Ton. "Das ist online natürlich einfacher, da läuft ja alles etwas lockerer ab. Aber auch dort sollte die Kommunikation respektvoll sein", sagt die diplomierte Medienpädagogin Kristin Langer. Mobbingsituationen würden vermehrt bei Online-Rollenspielen mit Teamcharakter auftreten. Gerade unerfahrene Spieler würden hier zum Opfer verbaler Beschimpfungen. "Die meisten Spieleentwickler versuchen dem entgegenzuwirken, indem man Spieler beispielsweise blocken kann, oder indem Begriffe im Chat direkt gesperrt sind."
Strategischer Nutzen
Natürlich wird im Bereich der Spielkonsolen und Online-Games nicht nur gemosert, provoziert und beleidigt. Die Chat-Funktionen haben auch einen strategischen Nutzen. Spielpartner verabreden sich zum "zocken", feuern sich an und geben sich taktische Anweisungen. Doch wie im normalen Leben, tummeln sich hier eben auch die fiesen Spielverderber, die über die Stränge schlagen.
Artet der digitale Streit aus und wird man wie im oben beschriebenen Fall massiv bedroht, sollte man sich sofort an die Polizei wenden und Anzeige erstatten. "Internet-Täter sind rechtlich genauso angreifbar wie anderswo auch", erklärt Rechtsanwalt Ansgar Koreng vom Deutschen Anwaltsverein. Zivilrechtliche Forderungen als zweiter Schritt seien hingegen nur schwer durchzusetzen. "Wir haben schon oft erlebt, dass der Versuch scheitert." Das läge auch daran, dass die Täter nicht zu ermitteln sind, weil Daten vorschnell gelöscht werden. "Wenn einem so etwas widerfährt, sollte man unbedingt Beweise sichern."
Vom Freizeitspaß zum Schulfach
In Deutschland noch undenkbar, in Norwegen bald Realität: Ein Gymnasium will laut der Website "dotablast.com" ab dem kommenden Schuljahr zum ersten Mal "eSports" (also Sport-Computerspiele) als Wahlfach anbieten. Im Unterricht sollen die knapp 30 Schüler lernen, als Team zusammen zu spielen und ihre Fähigkeiten zu verbessern. In fünf Unterrichtsstunden pro Woche werden die Schüler in einer extra dafür eingerichteten Klasse unterrichtet. Für das neue Wahlfach fallen auf der "Garnes Vidaregåande Skule" in Bergen keine anderen Fächer aus.
Spielkonsole und Terrorismus: Geheime Botschaften
Wecken Spielekonsolen und Online-Games zunehmend das Interesse terroristischer Gruppen? Viele Experten sind davon überzeugt. Nach den Anschlägen von Paris hatte unter anderem Belgiens Innenminister Jan Jambon die These aufgestellt, dass die Terroristen zuvor über die "PlayStation 4" kommuniziert haben könnten.
Fakt ist: Im Gegensatz zu den Sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook ist die Überwachung der Kommunikation bei Spielkonsolen und Online-Games deutlich schwieriger. Experten sind sich sicher, dass Gruppen wie der Islamische Staat (IS) die Chat-Möglichkeiten nicht nur zum Zwecke der Frühradikalisierung nutzen. Als undurchsichtige Gesprächsplattform bieten sich hier noch andere Optionen: Beispielsweise kann ein Nutzer bei bestimmten Spielen Nachrichten mit einer Spraydose an eine Wand malen. Die Botschaft verschwindet nach kurzer Zeit.
Geheimdienst ist informiert
Die Geheimdienste versuchen schon länger, derartige terroristische Aktivitäten aufzuspüren. So sollen sich die amerikanischen Fahnder vor einigen Jahren unter anderem Zugang zum Spiel "World of Warcraft" verschafft haben, um mögliche virtuelle Terroristen-Treffen abzuhören.
Den Herstellern sind die Gefahren bewusst. Zuletzt teilte "Sony" mit, dass dem Unternehmen bewusst sei, dass ihre Spielkonsolen "wie alle modernen vernetzten Geräte" Potenzial für Missbrauch bieten. Nutzer sollen "anstößige, verdächtige oder illegale Aktivitäten" melden. Zudem würde man alles dafür tun, "in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Behörden angemessene Schritte einzuleiten".
Beliebtes Hobby bei Jugendlichen
Neben der Kommunikation und der Informationsbeschaffung spielt die Möglichkeit, im Internet zu "zocken", eine wichtige Rolle bei Jugendlichen: Etwa ein Drittel der Jungen spielen laut einer Polizeistudie mindestens mehrmals die Woche alleine im Internet, bei den Mädchen sind es nur knapp zehn Prozent. Nur etwa ein Fünftel der Jugendlichen spielt weder im Internet noch an der Konsole. Beliebter bei den Jungen ist das Spielen mit anderen Internetnutzern.
Im Internet existieren eine Reihe von Seiten, auf denen Eltern und Kindern bei möglichen Problemen im und mit dem Internet Unterstützung finden:
www.polizei-beratung.dewww.klicksafe.dewww.jugendschutz.netwww.internet-abc.dewww.spieleratgeber-nrw.de