Zwei beflügelnde Solisten

3 Min
Birgit-Thorgerd Müller und Milos Mlejnik (Bild unten) beeindruckten als Solisten bei der Serenade auf der Veste. Fotos: Jochen Berger
Birgit-Thorgerd Müller und Milos Mlejnik (Bild unten) beeindruckten als Solisten bei der Serenade auf der Veste. Fotos: Jochen Berger
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Bei der 19. Serenade auf der Veste musste das Publikum in diesem Jahr auf das Open-Air-Flair verzichten. In der Großen Hofstube aber erlebten die zahlreichen Zuhörer eine mitreißende Uraufführung bei tropischen Temperaturen.

Konzerte mit dem Coburger "Collegium musicum" haben manchmal fast ein wenig den Charakter großer Familienfeiern. Sie bieten die Gelegenheit zum Wiederhören mit beliebten Solisten, die entweder bereits mehrfach in Coburg zu erleben waren oder gar aus Coburg stammen. Bei der 19. Serenade auf der Veste lockten als Solistennamen Birgit-Thorgerd Müller und Milos Mlejnik. Die aus Coburg stammende Geigerin, seit vielen Jahren Mitglied des Züricher Opernorchesters, und der slowenische Cellist und Hochschul-Professor sind dem "Collegium" seit langer Zeit verbunden und haben offenkundig viele Fans in der Vestestadt.
Der Andrang jedenfalls war beträchtlich - und der verdiente Applaus am Ende eines anspruchsvoll vielseitigen Konzertabends nicht minder. Mit Blick auf die ungewissen Wetterprognosen war die Serenade in diesem Jahr vorsorglich vom Burghof der Veste in die Große Hofstube verlegt worden.
Die Hofstube bescherte Interpreten wie Zuhörern bei tropischen Temperaturen zwar anstrengende äußere Bedingungen zwischen blitzenden Ritterrüstungen. Doch angesichts des unmittelbar nach Konzertende einsetzenden Regens wurde der Verzicht auf die Freiluft-Atmosphäre nachvollziehbar.
Luigi Boccherini und Wolfgang Amadeus Mozart, Dmitri Schostakowitsch und Franz Ries - so bunt und kontrastreich las sich die Vortragsfolge, die als Höhepunkt und Abschluss gar noch eine Uraufführung bereit hielt: das Doppelkonzert für Violine und Violoncello des in Ahorn lebenden Komponisten Gerhard Deutschmann.

Geschmeidige Melodik

Für diesen Abend hatte sich das "Collegium musicum" gleich zwei Musiker aus den Reihen des Philharmonischen Orchesters als Verstärkung geholt - die koordinierte erste Konzertmeisterin Megumi Ikeda, die freilich ausnahmsweise am ersten Bratschenpult zu erleben war, und den Bratschisten Martin Peetz. Bei einigen Programmpunkten übernahm zudem Solist Milos Mlejnik die Führung der Cellogruppe.
Der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lange Zeit am spanischen Hof wirkende italienische Komponist Luigi Boccherini ist ein Garant für melodisch geschmeidige Musik, wie drei seiner Menuette für Streichorchester bewiesen. Hier entfaltete das "Collegium musicum" unter Thomas Ehrles Leitung ebenso tragfähigen Klang wie bei der selten zu hörenden Ballettmusik "Les petits riens" von Wolfgang Amadeus Mozart.

Virtuosität und Ausdruckswucht

Vollends beflügelt agierte das Streichorchester dann in Boccherinis B-Dur-Konzert für Violoncello. Das "Collegium" ließ sich hier spürbar inspirieren und mitreißen von der Virtuosität und dem intensiven Ausdrucksdrang Milos Mlejniks. Mit singender Tongebung ließ er das empfindsame Adagio aufblühen, mit energischen rhythmischen Akzenten musizierte er die raschen Ecksätze.
Effektvolle Kost ist das Bravourstück "La Capricciosa" des heute nur noch wenig bekannten Geigenvirtuosen, Komponisten und Musikverlegers Franz Ries - von Birgit-Thorgerd Müller technisch jederzeit souverän serviert. Stilsicher und mit feiner Tongebung interpretierte sie zudem Sicilienne und Rigaudon von Fritz Kreisler.
Seit einigen Jahren stellt sich Thomas Ehrle immer wieder auch als Bearbeiter vor. In diesem Fall hatte er drei der 24 Präludien aus op. 87 von Dmitri Schostakowitsch für Streichorchester arrangiert. Sie wurden vom "Collegium musicum" klangschön und intensiv im Ausdruck musiziert.
Für die beiden Uraufführungs-Interpreten Birgit-Thorgerd Müller und Milos Mlejnik hat Gerhard Deutschmann sein Konzert für Violine, Violoncello und Streichorchester geschrieben. Dabei ist ihm ein Werk gelungen, mit dem er das schmale Repertoire der Doppelkonzerte für diese Besetzung um einen sehr wirkungsvollen Beitrag bereichert. Das Konzert wartet mit einprägsamen Melodien auf, bietet aber auch Gelegenheit, Virtuosität zu demonstrieren. Das Duo Müller und Mlejnik beeindruckte mit einer ungemein engagierten, klanglich intensiven Deutung. Das spannungsvolle Dialogisieren der beiden Solisten spornte immer wieder auch das von Thomas Ehrle aufmerksam geleitete "Collegium" an.

Deutschmann-Zugabe

Kein Wunder, dass es am Ende begeistert ausdauernden Beifall für beide Solisten wie für den anwesenden Komponisten gab. Von Deutschmann stammte dann auch die erste von zwei Zugaben - die Streicherfassung seines "Poème pour Eve".

ber 1953 darf als der Entstehungstag des "Collegium musicum" bezeichnet werden. An diesem Tag feierte die "Gesellschaft der Musikfreunde" den 80. Geburtstag ihres Begründers Carl Fichtner. Josef Ehrle sorgte für die musikalische Umrahmung mit einem eigens gegründeten Orchester, das aus Schülern und Lehrern, aus Musikliebhabern und Profis des Landestheaterorchesters bestand.

Serenaden Die künstlerische Arbeit machte so viel Spaß, dass man beschloss, als "Collegium musicum" öffentlich Konzerte zu veranstalten. Seitdem gibt es das traditionelle Weihnachtskonzert am 4. Advent. Die sommerlichen Serenaden im Abtsgarten Ebrach wurden ersetzt durch Konzerte vor Schloss Rosenau und später im Burghof der Veste .

Leitung Seit Herbst 1978 liegt die Leitung bei Josef Ehrles Sohn Thomas Ehrle.

Gastspiele Im Zeichen der Partnerschaft zwischen Coburg und Gais (Südtirol) gastierte das "Collegium musicum" in der dortigen Pfarrkirche 1987, 1991, 1995 und 200