Wohin mit all den Musikern?

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Suchen gemeinsam nach einer Lösung: Der Musiker Alexander Bantzhaff, der Vorsitzende von Cross Art, André Hofmann, E-Musiker und Eventmanager Martin Michel, die Musiker Matthias Schmidt (Pro Coburg) und Erik Dietzel.
Suchen gemeinsam nach einer Lösung: Der Musiker Alexander Bantzhaff, der Vorsitzende von Cross Art, André Hofmann, E-Musiker und Eventmanager Martin Michel, die Musiker Matthias Schmidt (Pro Coburg) und Erik Dietzel.
Christiane Lehmann
Die Band "Pantsdown" hat es sich gemütlich eingerichtet. "Hier ist ein echter Menschentreff. Das sollte sich Coburg auf die Fahnen schreiben", sagen die Bathi´-Brüder.
Die Band "Pantsdown" hat es sich gemütlich eingerichtet. "Hier ist ein echter Menschentreff. Das sollte sich Coburg auf die Fahnen schreiben", sagen die Bathi´-Brüder.
Christiane Lehmann

Wenn das neue Klinikum auf dem BGS-Gelände entsteht, braucht Cross-Art eine neue Bleibe für über 150 aktive Musiker. Die Zeit drängt. In Stadt und Land wird nach alternativen Räumlichkeiten gesucht.

Es ist kalt, der Eingang schäbig, die langen Kasernengänge trist. Doch hinter nahezu jeder Tür verbirgt sich der Traum eines oder mehrerer Musiker: Ob eigener Probenraum für die Band, Tonstudio oder Mischpult hinter der eigenen kleinen Bar, das BGS-Gebäude ist Heimat für über 150 Musiker. Aber wie lange noch?

Sobald das BGS-Gelände an den Krankenhausverband verkauft ist - die Verhandlungen sind vor dem Abschluss - steht fest: Auch, wenn der Mietvertrag übernommen wird, Cross-Art, der Verein zur Förderung von Kunst und Kultur, muss das Gebäude mittelfristig räumen.

"Es ist keine Gefahr in Verzug", heißt es von Seiten des Pressesprechers der Stadt Coburg, Louay Yassin. Oberbürgermeister Dominik Sauerteig habe versprochen, dass es zu einer sinnvollen Lösung komme.

Matthias Schmidt, selbst Musiker (Band Gizela) und Mitglied im Stadtrat für Pro Coburg macht Druck. "Wir brauchen dringend eine Taskforce, die an einer Lösung arbeitet", sagt er.

In dem Stadtratsantrag, den Pro Coburg vergangene Woche eingebracht hat, wird die Stadt aufgefordert, zusammen mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und dem Landkreis nach geeigneten Räumen, eventuell Industriebrachen, zu suchen. Auch ein Neubau sollte in Betracht gezogen werden - unter Berücksichtigung von Bundes- und Landesförderprogrammen. Der Antrag wird derzeit von der Verwaltung geprüft. Die Büros vom OB und dem Landrat befänden sich in Terminabstimmung mit allen Mietern des BGS-Areals, schreibt Yassin auf Nachfrage.

Bei den betroffenen und engagierten Musikern geht dennoch die Angst um. "Schließlich geht es hier auch Existenzen", macht Vorsitzender André Hofmann deutlich. "Wir sind nicht nur ein paar verrückte Punkmusiker - wie landläufig angenommen", unterstreicht Alexander Bantzhaff von der Band Cowboy Warriors. Hiphop, Techno, E-Musik, Samba, Rock und selbst Popmusik werde hier gemacht. "Wir sind ein Kunst- und Kulturverein, der durchaus pädagogische Arbeit im Jugendbereich leistet", betont Hofmann. Es gebe Bands mit Plattenverträgen und Betreiber von Tonstudios, die davon leben.

Dabei ist den Männern durchaus klar, dass es schwierig werden dürfte, ein passendes Objekt zu finden. Der Kasernenbau mit seinen dicken Wänden und statischen Zimmern ist ziemlich ideal - mal abgesehen von der Heizung, die es nicht gibt.

Weiter stellt sich die Frage: Sollte ein Objekt gefunden werden, wer zahlt das? Der Verein hat kein Geld, um ein solches Projekt tatsächlich zu stemmen. Und für die Stadt gehört dies nicht zu den Pflichtaufgaben.

"Es muss ins Bewusstsein von Politik und Bürgern, was hier tatsächlich stattfindet", sagt Matthias Schmidt. 60 Bands und 177 aktive Musiker - das sei einmalig in Deutschland. Pro Coburg spricht in dem Stadtratsantrag sogar von einem "Leuchtturmprojekt". Deshalb könnten sich André Hofmann und seine Mitstreiter durchaus auch einen Neubau für das Kulturzentrum vorstellen. "Keine Frage, dass es das Globe braucht", sagt Schmidt, aber einen Ort für die Szene, die sich derzeit auf dem BGS-Gelände engagiert, brauche es ebenso. Er spricht von einer Kunstmanufaktur - ähnlich wie die Digital-Manufaktur in Rödental. Jetzt gehe es darum, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und ein Konzept dafür auszuarbeiten. Schmidt hofft auf einen baldigen Termin für eine Art "Runden Tisch".

Jetzt den Bedarf ermitteln

"Jetzt muss mit einer Stimme gesprochen werden", sagt die Kulturbeauftragte Antoinetta Bafas. Sie möchte zunächst das Gespräch mit Alexander Bantzhaff suchen, um sich ein genaues Bild von der Situation vor Ort zu machen.

Zunächst müsse abgewartet werden, welche Gebäude überhaupt dafür in Frage kommen. Die Bürgermeister von Stadt und Landkreis sind derzeit auf der Suche.

Für Bafas stellt sich die Frage, wer überhaupt alles mit umziehen würde. Aus Erfahrung weiß sie, dass "bei solchen Projekten manche leider auf der Strecke bleiben". Sie fände es tragisch, wenn sich Bands durch die Umstrukturierung auflösen würden. "Aber vielleicht gründen sich ja auch neue", so ihre leise Hoffnung. Zum Wunsch eines eventuellen Neubaus, sagt sie nüchtern: "Jeder wünscht sich alles." Zunächst müsse der Bedarf ermittelt werden.

Ein "Leuchtuurmprojekt" im Umbruch

Die Immobilie Das Gebäude, das früher von einer Einheit der US-Army genutzt wurde, dient schon lange als Quartier für Bands. Schon bald nach dem Abzug des Bundesgrenzschutz (BGS) 1999 aus Coburg quartierten sich Bands und Musikprojekte hier ein, im Provisorium mit Dixie-Klos vor der Tür. Der damalige Kultur- und Sozialreferent Norbert Tessmer, später Oberbürgermeister (SPD), setzte sich dafür ein, dass das Gebäude weiter genutzt werden konnte. Schließlich hatte hier die Coburger Bandszene einen festen Anlaufpunkt.

Unterstützung Am Ende nahm die Stadt 200000 Euro in die Hand, um das Gebäude soweit zu ertüchtigen, dass es fließend Wasser darin gab und die Mobiltoiletten abtransportiert werden konnten. Eine Heizanlage wurde dagegen nicht eingebaut. Denn das Gelände gehört nach wie vor der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima).

Brandschutz 2019 wurden 19000 Euro in Brandschutzmaßnahmen investiert. 7500 Euro kamen damals von einem Crowdfunding-Projekt. Es wurden Rauchschutztüren eingebaut, Feuerlöscher angeschafft und ein Fluchtplan erstellt. Ihm Rahmen dieser Maßnahmen mussten einige Bands ihre Räume aufgeben.

Mieter ist der Verein Cross-Art, der die Probenräume untervermietet. Längst ist das Haus so etwas wie ein Kreativzentrum für Musiker geworden; 62 Bands, 177 aktive Musiker, sechs Tonstudios sind untergebracht. Die Stadt unterstützt es jährlich mit einem Betriebskostenzuschuss, sagt André Hofmann, der Sprecher des Vereins. Das BGS-Gelände nutzen außerdem Fahrschulen und die Verkehrswacht. Auch sie müssen wohl weichen.