Ein Fan attackiert HSC-Spieler Steffen Coßbau beim Spitzenspiel von Coburg in Minden. Der gastgebende Verein denkt jetzt über Konsequenzen nach.
Aus sportlicher Sicht bot die Partie zwischen Minden und
Coburg alles, was man sich für ein Spitzenspiel der 2. Handball-Bundesliga wünscht: rassige Zweikämpfe, wechselnde Führung, ein dramatisches Ende. Die überaus unsportliche Aktion eines einzelnen Minden-Fans kurz vor der Halbzeit sorgt aktuell aber dafür, dass kaum noch über den 29:28-Auswärtserfolg des HSC diskutiert wird.
Was war geschehen? Wenige Sekunden vor der Pause startet HSC-Linksaußen Steffen Coßbau zum Gegenstoß, wird allerdings kurz vor der Siebenmeter-Linie gefoult. Der 28-Jährige taumelt und rutscht in Richtung Werbebande, hinter der sich ein Minden-Fan mit einer großen Trommel positioniert hat. Als der HSC-Spieler an der gepolsterten Bande zum Stehen kommt, haut der Fan die Trommel auf Kopf und Rücken von Coßbau.
HSC-Rechtsaußen Florian Billek kommt ihm zur Hilfe und stellt den Trommler, der ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Grünes Blut" trägt, zur Rede. Coßbau selbst bleibt unverletzt und relativ entspannt. Er bespricht sich kurz mit dem Schiedsrichter. Kurz darauf wird zur Halbzeit gepfiffen.
Angriff auf CoßbauDer HSC 2000 Coburg gewinnt also das Topspiel der 2. Handball-Bundesliga gegen GWD Minden. Doch im Jubel ging diese Szene kurz vor der Halbzeit fast unter. Ein Minden-Fan haut doch glatt mit einer Trommel auf den liegenden Steffen Coßbau. Bei aller sportlichen Rivalität: Sowas hat weder im Handball noch in einer anderen Sportart etwas zu suchen.
Posted by iTV Coburg on Montag, 29. Februar 2016
"Eine große Sauerei"
Seit Montag macht der Videomitschnitt in den sozialen Medien die Runde. Fast 90.000 Aufrufe zählt der Clip bis zum Dienstagnachmittag. Der Tenor: Für die überaus unfaire Aktion des Trommlers haben die Handball-Fans nur ein Kopfschütteln übrig. "Eine große Sauerei"und "Da fehlen einem die Worte" sind nur zwei der zahlreichen Kommentare. Und auch im Fan-Forum von GWD Minden ist die Aktion ein Thema. "Ich bin wirklich schockiert, was ich da gesehen habe. Wenn er in die Trommel hineingefallen wäre, wäre es eine unglückliche Situation gewesen. Aber das, was da gezeigt wird, geht gar nicht" schreibt ein Nutzer.
Bisher nie negativ in Erscheinung getreten
Die hitzige Diskussion ist natürlich auch schon bis zu den Verantwortlichen von GWD Minden vorgedrungen. Eine hörbar mitgenommene Sprecherin des Vereins sagte am Dienstag-Nachmittag am Telefon, dass man den Fan zur Rede stellen werde. Der Mann sei bisher nie negativ in Erscheinung getreten. "Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist."
Unabhängig davon, was bei dem Gespräch rauskommen wird, würde man die Aktion aufs Schärfste verurteilen. Der Trommler, der sich bisher nicht zu dem Vorfall geäußert- geschweige denn entschuldigt hat, müsse mit Konsequenzen rechnen - eventuell sogar mit einem Hallenverbot. "Diesbezüglich wird sicherlich eine Entscheidung fallen", so die GWD-Sprecherin, die betont, dass derartige Aktionen dem gesamten Handball schaden würden. "Dieser Sport lebt doch auch davon, dass Fans auch am Spielfeld für Stimmung sorgen dürfen. Das wird so natürlich kaputtgemacht."
Keine sportrechtlichen Konsequenzen
Weil der Vorfall nicht im Spielbericht vermerkt wurde, drohen Minden seitens der Handball-Bundesliga (HBL) keine sportrechtlichen Konsequenzen. Bei den Verantwortlichen des Ligabetriebs war die kurze Videosequenz am Dienstag natürlich trotzdem ein Thema. Und HBL-Pressesprecher Oliver Lücke macht unmissverständlich deutlich, dass "eine solche Aktion in der Liga nichts zu suchen hat. Egal, ob es eine Kurzschlussreaktion war oder nicht". Das habe man dem Verein in einer E-Mail mitgeteilt und darauf gepocht, die geltenden Sicherheitszonen hinter dem Tor zu überprüfen. "Das machen wir im Übrigen jetzt auch bei allen anderen Vereinen."
Auch wenn die HBL rechtlich nicht eingreifen kann behält man sich vor, den Verursacher für bestimmte Spiele ein Hallenverbot zu erteilen. "Beispielsweise für das Final-Four im Pokal. Das ist aktuell aber nur eine Überlegung und nicht konkret. Es könnte aber ein deutliches Signal sein, dass wir so etwas nicht dulden."
Seitens des HSC Coburg hat man Minden zwar zu einer Stellungnahme aufgefordert, will die Sache aber ansonsten nicht so hoch hängen. "Mehr wird von unserer Seite nicht passieren", sagt Pressesprecher Thomas Apfel, der
das Spiel emotional live kommentiert hatte. Auch Steffen Coßbau will gegen den Minden-Fan nicht rechtlich vorgehen. "Für ihn ist die Sache erledigt", informiert Apfel.
Der Live-Mitschnitt von der gesamte n Partie ist
hierzu sehen!
Minden-Fans: Hallenverbot nach Ausschreitungen
Es ist nicht das erste Mal, dass Fans von GWD Minden negativ auffallen. Beim Auswärtsspiel beim VfL Bad Schwartau Ende 2015 gerieten die Mindener Fangruppierung "Commando 1924" mit Ordnungskräften des VfL zunächst wegen eines umgeschmissenen Bierbechers aneinander. Es folgten Rangeleien und Handgreiflichkeiten, erst auf den Rängen und dann später im Foyer. Die Polizei musste sogar anrücken, gegen diverse Mitglieder des "Commando 1924" wurden Strafanzeigen gestellt.
Der Verein entschuldigte sich daraufhin prompt bei Fans, Spielern und Verantwortlichen des VfL Bad Schwartau und distanzierte sich ausdrücklich "von jeglicher Form gewalttätigen Verhaltens". Zudem kontaktierte GWD alle zukünftigen Gegner. Es wurde angeregt, der Fangruppe "Commando 1924" keine Tickets auszuhändigen. Für die Spiele in der heimischen KAMPA-Halle wurde für die namentlich bekannten Beteiligten im Januar 2016 ein Hallenverbot ausgesprochen und der Fanblock gesprerrt.