"Wir haben bewiesen, dass wir gemeinsam stark sind"

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Im Dezember 2020 bekam das Coburger Gesundheitsamt Unterstützung durch die Bundeswehr. Landrat Sebastian Straubel begrüßte die Soldaten.
Im Dezember 2020 bekam das Coburger Gesundheitsamt Unterstützung durch die Bundeswehr. Landrat Sebastian Straubel begrüßte die Soldaten.
Rainer Lutz

Zwei Jahre nach dem ersten Corona-Fall im Coburger Land: Sebastian Straubel spricht über große Herausforderungen und das Verhältnis zu Berlin und München. Außerdem verrät er, worauf er stolz ist.

Seit 2019 ist Sebastian Straubel Landrat des Landkreises Coburg. Die Corona-Pandemie hat ihn somit von Anfang an in verantwortlicher Position gefordert- zumal auch das gemeinsame Gesundheitsamt von Stadt und Landkreis Coburg bei "ihm" am Landratsamt angesiedelt ist. Das Coburger Tageblatt sprach mit ihm. Denn es ist nunmehr zwei Jahre her, dass es am 11. März 2020 den ersten Corona-Fall im Coburger Land gab.

Herr Straubel, Sie haben die Pandemie im Coburger Land von Anfang an in verantwortlicher Position begleitet. Welcher Moment ist für Sie im Rückblick besonders einprägsam gewesen?

Sebastian Straubel: Es gab sehr viele Momente, die mir in Erinnerung bleiben werden. Alle aufzuzählen würde eine ganze Zeitungsseite füllen. Was mich aber während der Pandemie am meisten beschäftigt hat, sind die Maßnahmen, die man treffen musste und die Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger hatten. Da grübelt man immer hin und her und wägt ab. Das sind keine leichten Entscheidungen gewesen.

Können Sie sich auch noch konkret an den 11. März 2020 erinnern, als es den ersten Corona-Fall im Coburger Land gab?

Sebastian Straubel:Ja, an den ersten Fall hier in der Region werde ich mich sicher immer erinnern. Das war direkt ein verzwickter Fall mit vielen Kontakten. Die mussten alle ermittelt und kontaktiert werden, am Morgen danach standen die Telefone hier im Landratsamt nicht still. Zum Vergleich: an einem normalen Tag haben wir circa 300 Anrufe, an diesem Tag waren es um die 12.000.

Der ländliche Raum wird ja manchmal etwas belächelt, wenn es darum geht, leistungsstark zu sein. Wie fällt Ihr Urteil aus, wie die Menschen im Coburger Land mit der "Herausforderung Corona" zurecht gekommen sind?

Sebastian Straubel: Ganz im Gegenteil - das Coburger Land muss sich wirklich nicht verstecken. Gerade während der Corona-Pandemie haben die Bürgerinnen und Bürger hier bewiesen, dass wir gemeinsam stark sind. Das Miteinander und das Füreinander, die vielen ehrenamtlichen Hilfsangebote, die auf die Beine gestellt wurden - das wird, bin ich überzeugt, auf dem Land ganz stark gelebt. Und darauf, wie unsere Bürgerinnen und Bürger die Herausforderungen der Pandemie angenommen haben und das Beste aus der Situation gemacht haben, Schwächeren geholfen haben - darauf bin ich unglaublich stolz.

Berlin oder auch München hat manchmal sehr kurzfristig die Regeln geändert - die Kommunen als letztes Glied in der Kette mussten dann oft ausbaden, wenn Bürger verwirrt waren oder irgendetwas nicht auf Anhieb geklappt hat. Haben Sie sich von der "großen Politik" manchmal schlecht behandelt oder zumindest im Stich gelassen gefühlt?

Sebastian Straubel: Wir alle standen vor einer riesigen gesamtgesellschaftlichen Herausforderung, die wir so noch nicht erlebt haben. Wir mussten Schritt für Schritt vorwärtsgehen, um Gesundheit und Menschenleben zu schützen. Dabei war das kein einmaliges Ereignis, sondern ein sich ändernder Prozess. Die Entscheidungsträger in Berlin und München haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Natürlich gab es Herausforderungen - für alle, ob das in Berlin, München oder hier vor Ort war. Aber rückblickend kann man sagen, dass wirklich jeder sich sehr viele Gedanken gemacht hat und nach wie vor macht. Da bleibt es natürlich auch nicht aus, dass mal Entscheidungen wieder korrigiert werden müssen. In einer solchen Situation war schließlich noch keiner. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern haben wir alle ein Ziel vor Augen: So gut wie möglich durch die Pandemie zu kommen. Und dazu leistet jeder nach wie vor seinen Beitrag.

Bestimmt ist während dieses fast zweijährigen Dauer-Krisen-Modus auch mal etwas schief gelaufen. Gibt es Fehler oder Versäumnisse, die Sie im Nachhinein bereuen?

Im Nachhinein weiß man immer, was man hätte anders machen können, ganz klar. Ob es besser oder schlechter gewesen wäre, ist schwer zu beurteilen. Wir haben in der jeweiligen Lage stets sehr sorgfältig abgewogen und uns wirklich die Köpfe zerbrochen. Oftmals fühlte sich die Entscheidung für einen Teil richtig, für einen anderen falsch an - das ist bei jeder Entscheidung, von der viele Menschen betroffen sind, so. In der jeweiligen Situation haben wir die Entscheidung getroffen, weil wir sie unter Berücksichtigung aller Rahmenbedingungen für richtig hielten. Man darf nicht vergessen, dass wir alle noch nie in einer solchen Situation waren und daher auch keine Erfahrung hatten. Die Corona-Pandemie ist ein sich ändernder Prozess, die Lage verändert sich häufig. Und natürlich merken wir dann auch, dass man die Abläufe und Verfahren entsprechend anpassen muss und tun dies auch - stets mit dem Fokus darauf, dass wir uns an die geltenden Regelungen halten und die Abläufe gleichzeitig aber für die Bürgerinnen und Bürger so verständlich und unkompliziert wie möglich sind.