Ingo Gugisch aus Weidhausen ist Personaldirektor bei Starbucks Deutschland. Faire Löhne sind ihm wichtig - ein liebevoller Milchschaum auch.
Ein Name verbindet rund um den Globus viele Kaffeefreunde: Starbucks.1971 von drei Studienfreunden in San Francisco gegründet, die das Unternehmen nach dem Steuermann Starbuck aus dem Roman "Moby Dick" benannten, gibt es heute weltweit mehr als 25 000 Filialen. In Deutschland wurde 2002 der erste Starbucks-Store eröffnet - inzwischen gibt es 160. Für das Personal (auf englisch: Human Resource, kurz "HR") zeichnet als HR Director Ingo Gugisch verantwortlich. Der 45-Jährige stammt aus Weidhausen im Landkreis Coburg. Im Gespräch mit dem Tageblatt geht es - natürlich - um Kaffee. Aber auch um Polen, Kunstwerke im Milchschaum und den 1. FC Nürnberg.
Es ist Samstagnachmittag, die Sonne scheint und Sie müssen sich entscheiden: Bier oder Kaffee?!
Ingo Gugisch: Kaffee! Und zwar am liebsten einen Caffè Latte, und dazu - was es ja auch bei Starbucks gibt - einen Zitronen-Muffin oder einen Käsekuchen.
Trinken Sie viel Kaffee?
Ich bin kaffeesüchtig! (
lacht) Naja, so fünf, sechs Tassen am Tag sind es schon.
Was fasziniert Sie an Kaffee?
Ich vergleiche das gerne mit Wein: Das ist ja auch eine eigene Wissenschaft. Beim Kaffee gibt es genauso viele unterschiedliche Geschmacksrichtungen - das fängt schon bei der Anbauregion, der Verarbeitung und der Röstung an. Dies ist ausschlaggebend für den Säuregrad, den Körper oder die Aromen im Kaffee, wie schokoladige oder nussige Geschmacksnoten. Und reicht bis zum Ausschenken und Genießen des Cafés. Wir nennen es "Latte Art", wenn noch eine kunstvolle Verzierung, zum Beispiel ein Herz, in den Milchschaum kommt.
Als Sie zu Starbucks kamen, hatten Sie zwar sofort Ihren hohen Posten, mussten aber trotzdem erst einmal in einer Filiale hinter der Café-Bar arbeiten. Warum war das so - und, vor allem: Wie war das so?
Jeder, der bei uns ins Unternehmen kommt - ganz egal, auf welcher Position - arbeitet zunächst zwei Wochen lang in einem unserer Stores. Es geht darum, das Geschäft von der Pike auf zu lernen, sich mit allen Prozessen vertraut zu machen - und es geht auch darum, den Spirit und die Philosophie des Unternehmens aufzunehmen.
Mir haben diese zwei Wochen sehr viel Spaß gemacht. Man ist immer beschäftigt, und es wird nie langweilig.
Das klingt aber auch nach Stress. Und für die Store-Mitarbeiter geht es nach zwei Wochen nicht zurück an den Schreibtisch, sondern der Stress hinter der Bar hält an.
Wir haben sehr viele Mitarbeiter, die schon seit 10 oder einige sogar 15 Jahre bei uns sind und die auch noch immer mit viel Leidenschaft aktiv sind. Aber, ja, es gibt auch Mitarbeiter, die nach einigen Wochen oder Monaten feststellen, dass ihnen die Tätigkeit zu stressig ist.
Bei großen Ketten, egal welcher Branche, kommen oft Vorwürfe, was einen schlechten Umgang mit Mitarbeitern betrifft. Was kann ein Personalchef von Starbucks tun, damit es bei seinem Unternehmen nicht dazu kommt?
Ich bin seit kurzem Mitglied im Präsidium des Bundesverbands der Systemgastronomie (BdS); darin zusammengeschlossen sind Firmen wie McDonald's, KFC, Nordsee oder eben auch Starbucks. Vor zehn Jahren gab es im Verband eine Neuausrichtung, und zwar dahingehend, dass uns die Tarifbindung sehr wichtig ist. Alle BdS-Mitglieder verpflichten sich seitdem zur Tarifbindung. Dort sind neben Gehalt auch die Arbeitsrahmenbedingungen festgelegt, die eine faire Grundlage für das Miteinander bieten. Diese Einhaltung ist mir als Personalleiter sehr wichtig.
Liegt das Tarifgehalt auf dem Niveau des Mindestlohns?
Aktuell wird ein neuer Tarifvertrag verhandelt. Das Tarifgehalt wird über dem Mindestlohn liegen und ich hoffe sehr, dass wir bald den endverhandelten Tarifvertrag vorliegen haben, um diesen dann deutschlandweit umzusetzen.
Warum engagieren Sie sich im BdS?
Der BdS versteht sich als Wertegemeinschaft. Die Werte - insbesondere die zwingende Tarifbindung - sind in der Charta der Systemgastronomie verankert. Insbesondere setze ich mich hier für Chancen bieten, Integration und Ausbildung ein. Und ich bin fest überzeugt, dass das Engagement im BdS sich gut auf die Mitarbeiter und damit auch auf das gesamte Unternehmen und die Branche auswirkt.
Sie sind viel in Deutschland unterwegs. Wissen Sie immer gleich, ob es in der Stadt, in der Sie gerade sind, einen Starbucks gibt, bei dem Sie einkehren können?
Es gibt da eine tolle App von Starbucks. Die zeigt an, wo sich gerade der nächstgelegene Store befindet. Diese App hatte ich übrigens schon bevor ich bei Starbucks gearbeitet habe.
Auch in Coburg gibt es viele Starbucks-Fans - aber noch keinen Starbucks-Store. Könnten Sie da nicht mal ein gutes Wort dafür einlegen?! Oder ist Coburg zu klein und damit zu uninteressant?
Unsere Standortschwerpunkte liegen tatsächlich auf Großstädte, wie etwa Nürnberg. Es gibt aber bei uns eine Firmenmotto: Wszystko Jest Mozliwe!
Wie bitte?!
Das ist polnisch und heißt: Alles ist möglich!
Wieso jetzt polnisch?
Weil Starbucks seit einem Jahr zum polnischen Unternehmen AmRest gehört, und jeder muss diesen Satz auf Polnisch lernen. AmRest betreibt zahlreiche Systemgastronomiebetriebe in Europa und Asien. Zuletzt wurden in Deutschland auch Filialen von KFC übernommen - geplant ist dies auch für Pizza Hut. Die Transformation der deutschen Starbucks-Stores in die AmRest-Gruppe war auch zunächst eine meiner Hauptaufgaben hier im Unternehmen.
Starbucks ist also gar nicht mehr Starbucks?
Doch. AmRest ist Eigentümer der Stores, Starbucks ist weiterhin Lizenzgeber und hat die Markenrechte. Produkte und Philosophie bleiben gleich. Die Philosophie ist, dass Starbucks für unseren Gast der "dritte Platz" sein soll - neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz.
Apropos: Ihr Zuhause ist jetzt München. Haben Sie noch Kontakt in die alte Heimat?
An Weihnachten und an Geburtstagen fahre ich eigentlich immer nach Weidhausen zu meinen Eltern. Ich bin auch sehr gerne in Coburg, auf der Veste oder auf dem Marktplatz.
Und es ist dann sehr schlimm für Sie, dort einen Kaffee trinken zu müssen, der nicht aus dem Hause Starbucks ist?
Nein. Kaffee trinken macht mir immer Spaß. Aber natürlich habe ich auch immer den Aroma-Check im Hinterkopf. Ich schaue mir beispielsweise an, wie die Milch geschäumt ist oder mich interessiert einfach die Kunst und Leidenschaft, die hinter der Zubereitung steckt.
Und wie lebt es sich als Coburger beziehungsweise Weidhäuser in München?
Gut. Aber ich trage schon gerne zur Schau, dass ich ein absolut überzeugter Franke bin! Und Club-Fan. (
lacht) Außerdem schwärme ich meinen Kollegen regelmäßig vom Samba-Festival in Coburg vor, das ich ja noch von seinen Anfängen her kenne. Leider habe ich es die letzten Jahre zeitlich nicht geschafft, es zu besuchen. Aber vielleicht klappt es ja mal wieder.
Dann stellt sich natürlich die Frage: Caipirinha oder Kaffee?!
(
lacht) Zunächst genieße ich einen südamerikanischen Blend, zum Beispiel unsere Pike Place Roast, um dann den Abend bei einem guten brasilianischen Caipirinha ausklingen zu lassen.
Was Verona Feldbusch mit Ingo Gugisch zu tun hat
Zur Person Ingo Gugisch, Jahrgang 1972, stammt aus Weidhausen und hat 1991 am Gymnasium Ernestinum in Coburg sein Abitur gemacht. Sein Studium in Bayreuth schloss er 1998 als Diplom-Wirtschaftsgeograf ab. Anschließend war er als Berater in der Regional- und Wirtschaftsentwicklung tätig. Es folgten zwei Jahre bei der Wirtschaftsförderung in Chemnitz. Dann wechselte er zu Telgate als späterer Personalleiter nach München; Telegat ist unter anderem bekannt für die Auskunftsdienste, für die einst Verona Feldbusch Werbung machte ("Da werden Sie geholfen"). Seit April 2016 ist Ingo Gugisch Personaldirektor bei Starbucks - oder, wie es offiziell heißt: HR Director Starbucks Germany. Ingo Gugisch ist verheiratet und hat zwei Kinder.