Wie Erinnerung in Coburg zur Mahnung wird

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Marta Kijowska bei ihrer Lesung im Casimirianum.Foto: Jochen Berger
Marta Kijowska bei ihrer Lesung im Casimirianum.Foto: Jochen Berger
Sabine FriedrichFoto: Jochen Berger
Sabine FriedrichFoto: Jochen Berger
 
Marta Kijowska und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
Marta Kijowska und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
 
Dieter StößleinFoto: Jochen Berger
Dieter StößleinFoto: Jochen Berger
 
Marta Kijowsky und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
Marta Kijowsky und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
 
Marta Kijowsky und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
Marta Kijowsky und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
 
Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
 
Marta Kijowska und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
Marta Kijowska und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
 
Marta Kijowska und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
Marta Kijowska und Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
 
Marta KijowskyFoto: Jochen Berger
Marta KijowskyFoto: Jochen Berger
 
Marta KijowskyFoto: Jochen Berger
Marta KijowskyFoto: Jochen Berger
 
Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
Karlheinz SchoofsFoto: Jochen Berger
 
 
Marta KijowskaFoto: Jochen Berger
Marta KijowskaFoto: Jochen Berger
 
 
 

Die beiden Autorinnen Marta Kijowska und Sabine Friedrich geben mit einer gemeinsamen Lesung im Casimirianum als literarische Chronistinnen Einblick in den polnischen und deutschen Widerstand in der Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Draußen am historischen Haupteingang des Gymnasiums Casimirianum hängen zwei Plakate friedlich nebeneinander: Marta Kijowska und Sabine Friedrich. Die beiden Autorinnen aus Krakau und Coburg sind die Gesichter dieses Abends, der mit einem Tag Verspätung an den 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers von Auschwitz erinnern soll. Gedenken und Versöhnung, Erinnerung und Mahnung - dafür stehen auch die beiden Bücher, die Kijowska und Friedrich im Gepäck haben. Bücher, die dem Abend in der Aula des Casimirianums das Motto "Chronistinnen des Widerstands" bescheren.

Eine polnisch-deutsche Begegnung auf literarischer Ebene - ein durchaus symbolisch zu verstehender Dialog angesichts der konfliktreichen Geschichte beider Länder. Der Widerstand gegen den Wahnsinn des Zweiten Weltkrieges, der Widerstand gegen den Völkermord der Nationalsozialisten - an diesem Abend wird er aus zwei Perspektiven geschildert.
Dem polnischen Widerstand widmet sich die in Krakau geborene Autorin Marta Kijowska. Ihr Protagonist: Jan Karski, der einst dem polnischen Untergrund als Kurier in heikler Mission diente und den Kijowska als "Kurier der Erinnerung" beschreibt. Die Autorin schildert darin den Versuch des 1914 in Lodz geborenen Karski, der eigentlich eine Diplomatenkarriere vor sich hatte, als die Wehrmacht 1939 Polen überfiel. Als Kurier des polnischen Widerstands, der die polnische Exilregierung in London mit Informationen versorgte, versuchte Karski gleichzeitig, die britische und anschließend die amerikanische Regierung dazu zu bewegen, den Holocaust zu stoppen - freilich vergeblich, wie die Geschichte bekanntlich lehrt.

Vergeblich auch die Anstrengungen der verschiedenen Widerstandsgruppierungen in Deutschland, das Hitler-Regime zu stürzen - Bemühungen, denen Sabine Friedrich einen Roman von wahrhaft epischen Ausmaßen gewidmet hat. Gut 2000 Seiten ist ihr Band dick. Lapidarer Titel: "Wer wir sind".

Wer aber sind die Polen und Deutschen heute und was haben sie aus der Geschichte gelernt? Auch darum geht es an diesem Abend, den gleich vier Vereine und Institutionen gemeinsam veranstaltet haben: Coburger Literaturkreis, Evangelisches Bildungswerk, Katholische Erwachsenenbildung und das Netzwerk für Toleranz. In dieser speziellen Konstellation gleichsam eine Allianz gegen das Vergessen.

Denn die Gnade der späten Geburt - sie darf für die jüngere Generation kein Freibrief zum Vergessen sein. Und damit niemand hinter den Verbrechen der Vergangenheit längst vergangene Verhaltensmuster vermutet, hat Pfarrer Dieter Stößlein vom Evangelischen Bildungswerk in seiner Begrüßung gleich eine eindringliche Mahnung parat: "Der Weg nach Auschwitz begann mit Intoleranz." Als Vorsitzenden des Coburger Literaturkreises bewegt Alois Schnitzer angesichts der beiden Erinnerungsbände diese entscheidende Frage: "Wie schafft man es, dass sich Geschichte nicht wiederholt?"

Als Moderator des Abends bemüht sich der Historiker Karlheinz Schoofs, Direktor des Arnold-Gymnasiums Neustadt, um Gerechtigkeit bei der Bewertung: "Die Geschichte tut sich im Rückblick leicht zu sagen, der Widerstand hat versagt." Wie wichtig aber rechtzeitiger Widerstand sei - darauf verweist Sabine Friedrich mit großem Nachdruck angesichts der aktuellen Nachrichtenlage an Europas Grenzen, aber auch im Inneren Deutschlands: "Wir müssen gar nicht sehr in die Vergangenheit schauen. Was momentan bei uns an den Außengrenzen Europas passiert - das ist das Verbrechen, dem wir uns noch stellen müssen."

Mit einigen Ausschnitten aus ihren beiden Büchern lassen die Autorinnen dann die Erinnerung an den Kampf des polnischen wie des deutschen Widerstands im Zweiten Weltkrieg sehr eindringlich lebendig waren. "Untereinander zerstritten, im eigenen Land verfolgt, im Ausland misstrauisch beäugt" - das war aus Sabine Friedrichs Sicht die Ausgangssituation des deutschen Widerstands.


Chronistinnen des Widerstands

Marta Kijowska, geboren in Krakau, hat 2014 als ihr fünftes Buch die Biografie ""Kurier der Erinnerung - - Das Leben des Jan Karski"" herausgebracht, in dem sie an den polnischen Intellektuellen und Widerständler Jan Karski erinnert, der den Holocaust stoppen wollte. Die Germanistin, die seit Langem in München als Publizistin und Übersetzerin lebt, hat erst im Juni 2014 in einer Lesung den Coburgern die moderne polnische Literatur nähergebracht . - Marta Kijowska: "Das Leben des Jan Karski. Kurier der Erinnerung", gebundene Ausgabe 24,95 Euro

Sabine Friedrich, in Coburg geboren, veröffentlichte 2012 ihr hochgelobtes Monumentalwerk "Wer wir sind", mit dem sie dem deutschen Widerstand ein Denkmal setzte. Die promovierte Germanistin und Autorin mehrerer Romane lebt seit 1996 wieder in Coburg. - Sabine Friedrich "Wer wir sind", Roman, 2032 Seiten, 29,90 Euro

Veranstalter Der Abend wurde gemeinsam veranstaltet vom Coburger Literaturkreis, dem Evangelischem Bildungswerk, der Katholischen Erwachsenenbildung und dem NEtzwerk für Toleranz.