Alljährlich bringen die Schützen ihre Traditionsfahne von 1715 mit einem Festzug vom Rathaus zum Vogelschießen am Anger gebracht. Die Ansprache zum Schützenauszug gelang Oberbürgermeister Norbert Tessmer nach eigener Aussage jedenfalls besser als der Bieranstich zwei Tage zuvor.
Die Begriffe "Schützenauszug" und "Schützeneinzug" werden häufig verwechselt, sagt Tessmer. Dabei lassen sie sich leicht erklären. Zu Beginn des Schützenfests ziehen die Schützen mit ihrer Fahne hinaus, vor die Stadt, auf den Anger. Nächsten Sonntag werden sie mit den neuen Schützenkönigen an der Spitze wieder hineinziehen und die Fahne ins Rathaus zurückbringen - der "Einzug".
Bei der Beschäftigung mit den Coburger Schützentraditionen fiel Oberbürgermeister Norbert Tessmer außerdem auf, dass die Fahne nächstes Jahr ihr 300. Jubiläum feiern kann. 1715 wurde sie gestiftet. Anlass war die Einweihung des Schützenhauses am Anger. Das soll 2015 auch gebührend gewürdigt werden. "Ich verspreche hoch und heilig, dass dann der Springbrunnen ausgeschaltet wird", sagte Tessmer vom Rathausbalkon herunter. Vermutlich meinte er damit die Fontänen rund um das Albert-Denkmal.
Dort musste sich die Abordnung der Königlich-privilegierten Schützengesellschaft Lichtenfels schon sehr vorsehen, dass die Anzüge und Dirndl nicht nass wurden. Denn die Gruppen von 14 Schützenvereinen und die Kapellen nahmen fast den halben Marktplatz ein.
Ob Tessmer auch auf den Bier-Springbrunnen anspielte, den er beim Anstich hatte sprudeln lassen? 14 Schläge brauchte er, weil sich beim ersten, zu heftigen, Schlag der Dichtgummi verschoben hatte. Prompt schäumte das Bier aus dem Loch. Das Debakel passierte ausgerechnet vor den Augen von Christian Ude, bis Mai OB in München und berühmt dafür, dass er beim Oktoberfest zur zwei Schläge brauchte. "Der Ude hat sich kaputtgelacht", berichtete Hans Michelbach, Bundestagsabgeordneter (CSU) und wie Norbert Tessmer Mitglied in der Schützengesellschaft Coburg 1354.
Trost erfuhr Tessmer am Sonntag dafür vom amtierenden Königsberger Bürgermeister Claus Bittenbrünn, der erstmals als Gast am Schützenauszug teilnahm: "Mir kam mal beim zweiten Schlag der Hahn entgegen!" Und Tessmer, der als Zweiter Bürgermeister vor einigen Jahren kein Problem gehabt hatte, das Fass mit zwei Schlägen anzuzapfen, nahm's mit Humor: "Ich werde jedes Jahr um einen Schlag besser."
Wenn die Schützen ihre Fahne auf den Anger bringen, begleiten die drei Bürgermeister mit Amtsketten angetan den Zug. Tessmer und Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU) gehören der SG an - Tessmer ging folglich im Schützenanzug, Birgit Weber trug zum schwarzen Dirndl die neue Schürze der Schützendamentracht. Das Dirndl mit Kettenschnürung trug sie nicht - sonst hätten sich womöglich die Amts- und die Zierkette ineinander verhedert.
Lediglich Dritter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD) kam in Zivil, da er der SG nicht angehört.
Platzmeister Stefan Schober, der auch die Vereine und Musikkapellen auf dem Marktplatz auf ihre Positionen lotste, hatte allen Grund, zufrieden zu sein: Bislang verläuft das Fest ruhig, und sogar das Wetter spielte beim Schützenauszug mit. Es gab lediglich ein paar ganz schüchterne Tropfen, während es im Bamberger Raum schüttete.
sb