Verhandlung in Coburg: Eine Art moderner Robin Hood?

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Am Landgericht Coburg wird der Fall einer Veruntreuung von Klientengeldern verhandelt. Foto: Jochen Berger
Am Landgericht Coburg wird der Fall einer Veruntreuung von Klientengeldern verhandelt. Foto: Jochen Berger

Ein Betreuer und Nachlasspfleger aus dem Kreis Coburg soll vier Jahre lang über 370 000 Euro von reichen an arme Klienten "umgebucht" haben.

Es geht um eine Summe von rund 370 000 Euro, die ein Mann aus dem Landkreis Coburg veruntreut haben soll. Er war als Betreuer und Nachlassverwalter im Raum Coburg, Sonneberg und Haßfurt eingesetzt und soll das Geld von den Konten seiner Klienten abgehoben und für eigene Zwecke verwendet haben. Nun sitzt der Mann auf der Anklagebank vor der dritten großen Strafkammer am Landgericht Coburg.

Laut zweier Gutachter leidet der schwerkranke Mann unter anderem an einer hirnorganischen Störung und ist deshalb möglicherweise nur eingeschränkt schuldfähig.

Angeklagter rätselt selbst

In 338 Fällen hob der Mann in einem Zeitraum von 2011 bis 2015 teils hohe Summen von den Konten der Klienten ab. Den entstandenen Schaden konnte sich der Angeklagte nur schwer erklären. "Es sind ja unheimliche viele Rechnungen und auch Akten verschwunden", sagte er. Auch sei nie von seinen Forderungen die Rede. "Wenn ich meine Forderungen gegenrechnen würde, dann kann nur ein kleiner Betrag übrig bleiben, den ich schulde", so der Angeklagte.

Er gab aber unumwunden zu, dass er zugunsten der sozial Schwächeren von den Reichen Geld genommen habe. "Es ist doch ungerecht, wenn der Arzt zu Privatpatienten dreimal kommt und die armen Schlucker stattdessen Kamillentee trinken müssen", sagte er. Dann habe er eben mal eine teure Salbe oder Kuchen mit dem Geld der Reichen gekauft.

Gutachter: Ein Helfersyndrom

Allerdings lässt sich der Verbleib der hohen Summen mit diesen Begründungen nicht erklären. Als die Kammer zum Beispiel immer wieder nachhakte, was der Beschuldigte mit einer Bargeldabhebung in Höhe 35 000 Euro gemacht habe, sprang Rechtsanwalt Jens Petzold in die Bresche. "Mein Mandant erinnert sich aufgrund seiner Erkrankung tatsächlich nicht, was er mit dem Geld gemacht hat." Dies bestätigte Gutachter Dr. Christoph Mattern, nach dessen Aussage der Angeklagte Defizite in seiner Gedächtnisleistung und in der Wahrnehmung habe. "Seine Steuerungsfähigkeit ist erheblich vermindert und es ist durchaus plausibel, dass sich das bis 2011 zurück erstrecken kann." In seinem Gutachten bezeichnete Mattern den Beschuldigten letztendlich als einen sehr sozialen Menschen, der sich loyal gegenüber seinen Klienten verhalte und ein Helfersyndrom habe. "Er kann nicht Nein sagen. Er hat eine überdurchschnittliche Hilfsbereitschaft und kann sich nicht abgrenzen."

So ähnlich äußerte sich auch ein Polizeibeamter, der als Zeuge aussagte. Der Angeklagte sei ein sehr angenehmer Mensch, der um Aufklärung bemüht sei. "Was er menschlich geleistet hat, muss man ganz hoch anrechnen, aber seine Buchführung war eine Katastrophe", so der Beamte. Demnach stapelte der Mann Rechnungen und Unterlagen für jeden einzelnen Klienten lose in einzelne Wäschekörbe. Und: "Er hat Geld umgebucht von Leuten, die viel hatten, auf Konten von denen, die weniger hatten", so der Beamte.

Die Lebensweise des Angeklagten hingegen bezeichnet der Beamte als sehr einfach und bescheiden. "Für sich persönlich hatte er keine großen Ausgaben, man kann sagen, dass er minimalistisch lebte", so der Beamte. Im Vorfeld hatte ein Rechtsgespräch zwischen dem Rechtsanwalt Jens Petzold und Staatsanwältin Carolin Schellhorn stattgefunden. Der Verteidiger wollte eine Bewährungsstrafe für seinen Mandanten aushandeln. Dies hatte die Staatsanwältin aufgrund der Höhe des Schadens zunächst abgelehnt, aber letztendlich schloss sie dies zu einem späteren Zeitpunkt nicht aus.

Die Verhandlung wird fortgesetzt.