Unternehmer macht verzweifelt weiter und landet vor Gericht

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Ein Frachtvermittler aus dem Raum Coburg erhält eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann Aufträge an Speditionen erteilte, die Rechnungen dafür allerdings nicht bezahlte. Vorsatz wurde ihm nicht unterstellt.

212 offene Rechnungen und ein Schaden von rund 200 000 Euro: Das ist die Bilanz einer erfolglosen Geschäftstätigkeit, bei der der Geschäftsführer zudem noch mit seinem Privatvermögen versuchte, die drohende Insolvenz seines Unternehmens abzuwenden.

2003 gründete der Rentner, der lange Jahre im Speditionswesen tätig war und mittlerweile im Raum Seßlach lebt, zusammen mit seiner Tochter eine Frachtvermittlungsfirma in Niedersachsen. Dort arbeitete der 69-Jährige eigenverantwortlich, traf alle unternehmerischen Entscheidungen, organisierte Betriebsabläufe und kümmerte sich um die Verwaltungs- und Buchhaltungsaufgaben.
Es ging nicht gut: Verluste drückten das Unternehmen, die Staatsanwalt Phillip Karr in der Anklageschrift detailliert auflistete. Seit dem Geschäftsjahr 2008 schrieb die Spedition rote Zahlen und war am Ende mit insgesamt knapp einer Million Euro überschuldet.


Im Jahr 2008 verlegte der Rentner, der im Raum Coburg aufgewachsen ist, seine Firma schließlich nach Niederfüllbach. Ein polnischer Mitarbeiter habe zuvor die Firma verlassen, ein eigenes Speditionsunternehmen gegründet und die Kunden mitgenommen, berichtete der Mann bei seiner Zeugenvernehmung am Amtsgericht Coburg, wo er sich wegen Betruges verantworten musste. Auch die Banken hätten ihren Anteil an der Misere gehabt, sagte der Rentner, der aus gesundheitlichen Gründen mit 45 Jahren in den Ruhestand gehen musste und sich aufgrund seiner Schulden nur knapp über Wasser halten kann.

Rettungsversuch mit 20.000 Euro

Er habe versucht, die Firma noch zu retten, sein Privatvermögen von 20.000 Euro ins Unternehmen gesteckt, das Haus des Schwiegersohns in Ahorn verkauft und damit Bankschulden getilgt, gab er an.
Trotzdem vergab der Mann weiter Aufträge an Speditionen, unter anderem auch aus dem Raum Maroldsweisach und Seßlach, konnte die Rechnungen aber schließlich nicht mehr bezahlen und landete vor dem Richter.
Einen Vorsatz wollten weder die Staatsanwaltschaft noch Richter Wolfgang Bauer dem voll geständigen Angeklagten unterstellen. Dennoch: "Sie haben gemerkt, dass die Geschäftstätigkeit in die Miesen läuft und haben trotzdem weitergemacht", sagte Bauer. "Über Jahre hinweg war die Gewinn- und Verlustrechnung negativ. Das sollte mir als Unternehmer auffallen."

In seinem Plädoyer sagte Karr denn auch, dass der Angeklagte nicht zielgerichtet gehandelt habe, um seine Kunden um ihr Geld zu bringen: "Er hat das allerdings billigend in Kauf genommen." Das reiche für den Betrugsvorwurf aus. Mit seiner Forderung, den Rentner zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung zu verurteilen, blieb der Staatsanwalt an der untersten Grenze des möglichen Strafrahmens.

"Nicht auf Vorteil bedacht"

Der Verteidiger zeichnete ein Bild eines Mannes, der sein ganzes Vermögen in sein Unternehmen eingebracht habe und keinerlei Vorteil aus seiner Geschäftstätigkeit gezogen habe. "Bekommen hat er ein Auto, Benzinkosten und bei Reisetätigkeit 60 Euro pro Tag Aufwandsentschädigung", sagte er. Sein Mandant habe sich nicht bereichern wollen, fuhr er fort. Stattdessen versuche er weiterhin, im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten Schadenswiedergutmachung zu leisten, wie monatliche Zahlungen an die Insolvenzverwalterin belegten. Die Vorfälle, die sich ab März bis zum November des Jahres 2011 erstrecken und am gestrigen Donnerstag in das Hauptverfahren gipfelten, hätten seinen Mandanten stark belastet. Er bat das Gericht - auch weil der Mann nicht vorbestraft, voll geständig sei und so lange auf sein Verfahren gewartet habe - um ein mildes Urteil.

Der Rentner entschuldigte sich: "Ich habe versucht mit meinem Einsatz und meinen Ersparnissen alles zu mildern", sagte er.
Richter Bauer würdigte die Argumente, die für den Angeklagten sprachen, wie dessen Einsichtigkeit und dass ihm die Taten auch leicht gemacht worden seien. Zudem bestünde keine Wiederholungsgefahr, sagte er. Zu seinen Lasten spräche allerdings die Schadenshöhe und die Vielzahl der Delikte. Am Ende wurde der Mann wegen Betrugs zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
Beide Parteien nahmen das Urteil an.