Die Coburger Experimentierplattform "Making Culture" würdigte Kurt Tucholsky.
Sein Leben war kurz, allzu kurz. Nur 45 Jahre alt war Kurt Tucholsky, als er sich am 21. Dezember 1935 in Göteburg das Leben nahm - verfemt von den Nazis, vertrieben aus seiner Heimat Deutschland.
Doch so kurz Tucholskys Leben auch war, so umfangreich, so vielfältig ist sein Schaffen. Der Versuch, das Leben und Wirken dieses Autors in einen einzigen Abend zu packen, zwingt jedenfalls zu strikter Auswahl.
Sprachliche Masken
In der Kürze eines solchen Abends die Fülle von Tucholskys Werk sichtbar werden zu lassen - dieses ehrgeizige Ziel verfolgte die Coburger Experimentierplattform "Making Culture" mit ihrer Tucholsky-Huldigung in der ehemaligen Briefsortierhalle im Alten Postgebäude am Lohgraben. "Was jetzt kommt, weiß niemand" - unter diesem Motto präsentierten Frederik Leberle, Anne Rieckhof und Elvira Nettelroth sowie Dominik Tremel als musikalischer Begleiter Texte, Gedichte und Chansons.
Tucholsky, der Autor der vielen Pseudonyme und sprachlichen Masken - er wird an diesem Abend in seiner zeitlosen Aktualität spürbar. Auch heute erschreckend hellsichtig wirkt Tucholskys Blick auf die politischen Zustände, seine Weitsichtigkeit, die kommendes Unheil früh aufziehen sah.
Krieg dem Krieg
"Wohin treiben wir?" - so fragte Tucholsky in seinem Text "Krieg dem Krieg" im Jahr 1919: "Wir lenken schon lange nicht mehr." Seine prophetisch klingende Prognose, "dass etwas heran kriecht, das uns zu vernichten droht."
Querschnitt des Schaffens
Das Programm, zusammengestellt von Friedrike Beck-Meinke, bot einen spannenden Querschnitt durch Tucholskys Schaffen, das immer auch ein politisches Schaffen war. Sein feines Gespür für gesellschaftliche und politische Entwicklungen, seine Fähigkeit, menschliche Schwächen zu entlarven, Verlogenheit zu demaskieren, ist heute aktueller denn je - in der großen Politik wie im privaten Miteinander.
Mahner, Warner, Satiriker
Die klar gegliederte Programmfolge stellte Tucholsky unter verschiedenen Aspekten vor - als Mahner, Warner und Prophet, als Satiriker und Romantiker, als Reiseberichterstatter und als Kunstkritiker.
Mit klarer, prägnanter Diktion stellten Elvira Nettelroth und Frederik Leberle die Texte vor. Anne Rieckhof als Sängerin mit gutem Gespür für den Chansontonfall und Dominik Tremel am E-Klavier bereicherten den Abend.
Da ich die Tucholsky- Veranstaltung initiiert habe und die Programmabfolge gemeinsam mit den Künstlern gestaltet habe, würde mich die Meinung der Leser sehr interessieren. es war mein erstes Projekt dieser Art, und wenn es ein gutes Echo fand, würde ich mich an ein weiteres dieser Art wagen. Es wäre schön, ein paar Stimmen- auch kritische, dazu zu hören. Vielen Dank- Friederike Beck-Meinke