Der gemeinsame Nenner lautet: Es muss sich etwas verändern im Steinweg. Doch das Patentrezept hat niemand. Auch eine Öffnung für Autos wird nur als möglicher kleiner Schritt betrachtet. Zumindest für den Versuch dürfte es im Stadtrat eine Mehrheit geben.
Der große Saal im Münchner Hofbräu wäre bei der Veranstaltung des Bürgervereins Coburg-Stadt voll gewesen. Aber weil oben das Landestheater probte, musste der Bürgerverein mit seiner Diskussion über den Steinweg in den Gastraum umziehen. Der war denn auch bis auf den letzten Platz besetzt, hauptsächlich mit Steinwegsanrainern und Stadträten.
Was tun im Steinweg? Antworten auf diese Fragen werden seit Jahren gesucht. Die Einzelhändler klagen, dass zu wenig Laufkundschaft vorbeikommt und dass diejenigen, die gezielt kommen (oder kommen würden) nicht in unmittelbarer Nähe der Geschäfte kurz parken dürfen. Zumindest ein Teil der Händler möchte das geändert haben.
Autofrei oder nicht? Andere wollen die Autofreiheit - Händler genauso wie Anwohner, die sich nicht daran stören, dass der Weg zum Auto etwas weiter ist. Eine Öffnung des Steinwegs in eine Richtung für Autoverkehr im Schritttempo von 8 bis 18 Uhr, versuchsweise zumindest für eine gewisse Zeit: Das hatten die CSB im September beantragt, dafür könnte es im November, wenn Stellungnahmen der Verwaltung vorliegen, eine Mehrheit im Stadtrat geben. Zumindest lassen die Äußerungen der verschiedenen Stadtratsmitglieder in der Diskussion diesen Schluss zu, wie nicht nur Stadtrat Jürgen Heeb (Pro Coburg) und Bürgervereinsvorsitzender Gernot Kirchner folgerten.
Doch eine Öffnung für den Autoverkehr allein wird es nicht richten - auch darüber waren sich alle Redner einig, sowohl die Gegner einer solchen Öffnung, wie Stadtratsmitglied René Hähnlein (Linke) oder Matthias Schmidt-Curio, Geschäftsführer der Sprachenschule Asco. Auch die Befürworter der Verkehrsfreigabe wollen, dass so ein Schritt gut geplant und durchdacht ist, sagte Eva Wiesner vom gleichnamigen Fotogeschäft. Ein Gesamtkonzept müsse her für den Steinweg; bis das fertig ist, könne ja die Probephase mit dem Autoverkehr laufen.
Als Positivbeispiel nannten mehrere Redner die Ketschenvorstadt - da funktioniere das mit dem Einbahnverkehr und den Kurzzeitparkplätzen ja auch. Und natürlich müsse die Stadt auch kontrollieren, dass die Geschwindigkeitsbeschränkungen und die erlaubte Parkzeit eingehalten werden.
Probephase - das bedeutet für die SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Bettina Lesch-Lasaridis: "Verlässliche Kriterien müssen her." Welche Veränderungen bringt Autoverkehr mit sich - ziehen Leute weg, wie eine Anwohnerin drohte, oder lassen sich mehr Läden nieder? "Man sollte es versuchen und nach einem Jahr evaluieren", sagte auch CSU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Oehm. "Wir brauchen ein klares Vorher-Nachher-Bild und klare Bewertungskriterien", forderte Schmidt-Curio. Er verwies auf Sonneberg, wo ebenfalls ein Teil der Fußgängerzone wieder für Autos freigegeben worden sei, um den Händlern zu helfen. "Aber der Handel ist nicht zufrieden. Es hat nichts Positives gebracht."
Dass fehlende Kurzzeitparkplätze vor dem Laden zumindest von den Kunden bedauert werden, konnte Werner Mitschke bestätigen, der mit seinem Fotogeschäft von der Mohrenstraße (Parkplätze vorm Haus) in den Steinweg umzog. "Ich habe darauf gesetzt, dass das Schlickgebäude wirklich eine Passage wird", nannte er als einen Grund für den Umzug.
Der Bereich des Steinwegs, in dem sich Mitschkes Geschäft befindet, würde nach den derzeitigen Vorschlägen aber weiterhin Fußgängerzone bleiben. Lediglich die Jungen Coburger haben angeregt, den gesamten Steinweg für Elektrofahrzeuge freizugeben. Für normale Autos wäre am Unteren Bürglaß Schluss.
Einigkeit bestand auch darüber, dass der Steinweg samt Lohgraben und Postareal ein umfassendes Entwicklungskonzept brauche. Zwar ist der hintere (untere) Teil des Steinwegs schon seit 1985 Sanierungsgebiet, der Lohgraben und der Bereich zwischen Brunnen- und Badergasse gehört aber nicht dazu. Den will die CSU nun zusätzlich aufnehmen lassen und schlägt vor, eine Ladenpassage mit Rolltreppen im ehemaligen Schlickgebäude zu schaffen. "Vom Steinweg muss eine Verbindung zum Kaufhof möglich sein", sagte CSU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Oehm.
Für Gisela Escherich klingen diese Vorschläge insgesamt widersprüchlich: "Da machen wir einen begrünten Lohgraben und den Durchgang durchs Schlick-Gebäude - dann kommen die Leute oben an, und dort fahren Autos." Doch was am Ende überhaupt verwirklicht werden könnte, weiß noch niemand zu sagen - erst soll das Sanierungsgebiet Ketschenvorstadt abgeschlossen werden, und das Geld ist in Coburg auch knapp. "Ich befürchte, dass es dann einfach bei der Öffnung für Autos bleibt", sagte René Hähnlein.
Was ist gewollt
für den Steinweg?
Zitate "Funktionierender Einzelhandel ist wichtig für Urbanität und Zentralität." Siegmar Schnabel, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Coburg
"Am Lohgraben geht ja keiner freiwillig durch!" Jürgen Oehm, Vorsitzender CSU-Stadtratsfraktion
"Öffentlicher Raum kann nicht von drei, vier oder 20 Geschäftsleuten bestimmt werden." Christa Minier, Altstadtfreunde Coburg.
"Wir werden ausziehen. Wir haben nachts die Besoffenen und tagsüber den Lärm." Eine Anwohnerin.
"Die Debatte ist seit Jahren die gleiche. Es ist zum Gruseln!" Ingmar Bartel, Händler im Steinweg und Befürworter einer Freigabe für Verkehr.
"Für die Möglichkeit, dass sich für den Handel vielleicht etwas verbessert, eine Fußgängerzone aufzugeben, halte ich für schwierig." Matthias Schmidt-Curio, Asco.
"Wir sind hier, weil wir alle dasselbe Interesse haben: einen attraktiveren Steinweg." Werner Mitschke, Geschäftsinhaber im oberen Steinweg.
"Alle Händler bekennen sich zu dem Standort Steinweg." Christian Müller, Vorsitzender CSB-Stadtratsfraktion.
"Es muss auf jeden Fall etwas passieren, sonst wird es noch schlimmer und bestenfalls stagniert es." Gernot Kirchner, Vorsitzender des Bürgervereins Coburg-Stadt.