So erinnert das Landestheater an das Reformationsjubiläum

3 Min
Roland Kluttig, seit Herbst 2010 Generalmusikdirektor am Landestheater Coburg Foto: Marco Borggreve
Roland Kluttig, seit Herbst 2010 Generalmusikdirektor am Landestheater Coburg Foto: Marco Borggreve
Das Landestheater wird am Montag zum Tonstudio: Deutschlandfunk Kultur zeichnet das Sinfoniekonzert unter dem Motto "Bekenntnisse" auf.Foto: Jochen Berger
Das Landestheater wird am Montag zum Tonstudio: Deutschlandfunk Kultur zeichnet das Sinfoniekonzert unter dem Motto "Bekenntnisse" auf.Foto: Jochen Berger
 

Erstmals zeichnet Deutschlandfunk Kultur live im Landestheater Coburg ein Konzert auf. Im Gespräch erläutert GMD Roland Kluttig das Programmkonzept.

Das Reformationsjubiläum und die offizielle Eröffnung der Landesausstellung am Montag in Coburg haben ihre Spuren hinterlassen im Programm des 6. Sinfoniekonzerts des Landestheaters. Was Felix Mendelssohns "Reformationssinfonie" mit Karl Amadeus Hartmanns "Misere" und den "Jedermann"-Liedern von Frank Martin zu tun hat, erklärt Roland Kluttig.

Deutschlandfunk Kultur zeichnet am 8. Mai erstmals ein Konzert im Landestheater Coburg auf. Wie hat sich das ergeben?
Roland Kluttig: Das ist für uns natürlich toll. In meiner Berliner Zeit habe ich viel mit Deutschlandradio gearbeitet, ich habe Produktionen mit dem Sender gemacht, CDs coproduziert, deshalb bin ich dort bekannt. Sie bekommen immer die Programm unserer Sinfoniekonzerte, es gab schon einige Male Interesse. Dass es jetzt so gekommen ist, hat mich auch überrascht. Für uns stellt das schon einige Herausforderungen. Wir hatten hier noch nie eine Aufzeichnung, die Akustik ist ja bekannt, die Platzprobleme auf der Bühne sind bekannt. Wir sind alle noch sehr gespannt, wie wir das lösen werden. Das ist eine Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen darf.

Wie ist das Programm entstanden mit der ungewöhnlichen Abfolge Mendelssohn, Hartmann und Martin?
Für mich stand eigentlich die "Reformationssymphonie" gar nicht im Fokus meines Interesses, weil sie - wie Mendelssohn selbst gesagt hat - ein problematisches Werk ist. Als ich dann mitbekommen habe, dass am selben Tag die Landesausstellung in Coburg eröffnet wird, habe ich doch überlegt, ob ich nicht ein Programm machen kann, das sich zu dieser Thematik verhält. Insofern ist das jetzt ein sehr vom Konzept bestimmtes Programm.
Was sind Ihre Schwierigkeiten mit Mendelssohns "Reformationssymphonie"?
1838 schrieb Schumann: "Die Reformationssymphonie kann ich gar nicht mehr ausstehen, ich möchte sie lieber verbrennen." Das ist ein gewichtiges Wort. Meine Schwierigkeiten bestanden eher darin, dass ich immer nur den letzten Satz gesehen habe und dieses Pompöse, etwas Staatsfeierliche, was dieser Satz hat, und darüber mir die anderen Sätze gar nicht angeschaut habe. Und es lag auch an falschen Interpretationen, die man leider meistens zu hören bekommt. Es lag daran, dass Mendelssohn einfach viel zu dick gespielt wurde, quasi aus einem Rückblick von Wagner gesehen wurde.

Wie lässt sich den Schwierigkeiten in der "Reformationssymphonie" begegnen?
Den Musikern, die aus der Alten Musik kommen, haben wir auch einen neuen Blick auf Mendelssohn zu verdanken. Die ersten drei Sätze sind auf jeden Fall auf dem hohen Niveau von Mendelssohns bekanntesten Symphonien. Sehr besonders finden ich den dritten Satz, ein romantisches Andante, das schon fast wie ein Schumann-Satz klingt. An dem vierten Satz hat er selbst viel herumgedoktert und hat ihn nicht zum Abschluss gebracht. Man merkt dem Mendelssohn die Schwierigkeiten an. Aber wenn man versucht, das Orchester leichter spielen zu lassen, dann kriegt man auch den letzten Satz in den Griff. Trotzdem war mit in der Konzeption des Programm klar: Ich kann mit diesem letzten Satz nicht aufhören. Der Ablauf ist genau umgekehrt, wie man es eigentlich erwarten würde. Die Symphonie kommt zuerst, nach der Pause wird das Misere von Karl Amadeus Hartmann erklingen.

Warum haben Sie
Hartmann und Martin ausgewählt?
Es gibt viele Gründe, warum ich die Stücke von Hartmann und Martin in den zweiten Teil gesetzt habe. Der Hauptgrund ist: Der 8. Mai ist ja der Tag des Kriegsendes. Das kann man nicht außer Acht lassen. Es ist ja immer schwierig, Werke zu finden, die das reflektieren. Ich wollte ein Werk, das in einer Art innerer Emigration entstanden ist. Das trifft auf Hartmann und auf Martin zu. Hartmanns "Misere", 1933/34 entstanden, beschreibt für mich Erscheinungsformen einer Diktatur, teilweise auch unter Benutzung sehr grotesker Momente. Das ist ein kurzes, herausforderndes Werk, das als Fragezeichen hinter den Mendelssohn sehr gut passt.

Wie passen die "Jedermann"-Lieder in den Kontext dieses Konzerts?
Als Schlusspunkt in diesem Programm habe ich die "Jedermann"-Lieder von Frank Martin herausgesucht, Martin hat diese 1944 geschrieben. Er lebte ja in der Schweiz, war insofern nicht so direkt vom Kriegsgeschehen betroffen, nichtsdestotrotz zeigen diese Lieder, dass ihn das Kriegsgeschehen stark mitgenommen hat. Die Texte stammen aus dem "Jedermann", der ja in der Zeit der Bauernkriege spielt. Frank Martin ist sehr reduziert, sehr effizient in seiner Klangsprache. Für mich ist er eine Art Bruder Benjamin Brittens. Bei Martin freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Peter Schöne. In Coburg haben wir ihn ja bisher nur in zwei Charakterrollen kennen gelernt - als Faninal im "Rosenkavalier" und jetzt als Förster im "Schlauen Füchslein". Peter Schöne ist aber eigentlich bekannt als ein exzellenter Liedersänger - in diesem Bereich ist er zwischen Japan und Concertgebouw zuhause mit einem starken Schwerpunkt in der Moderne. Der zweite Teil ist wie ein großes Fragezeichen hinter Mendelssohns Symphonie, ohne dass ich sie dadurch ad absurdum führen möchte. Das ist durchaus ein Programm-Experiment. Ich nehme den Mendelssohn sehr ernst und seine eigenen Zweifel an diesem Stück.




Live und im Rundfunk



Concertino Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Karl Amadeus Hartmann - Philharmonisches Orchester, Leitung: Roland Kluttig - 6. Mai, 11 Uhr, Landestheater Coburg

Sinfoniekonzert Werke von Felix Mendelssohn-Bartholdy, Karl Amadeus Hartmann und Frank Martin - Philharmonisches Orchester, Solist: Peter Schöne (Bariton), Leitung: Roland Kluttig - 8. Mai, 20 Uhr, Landestheater Coburg,

Aufzeichnung Das 6. Sinfoniekonzert am Montag wird von Deutschlandfunk Kultur aufgezeichnet und drei Tage später bundesweit ausgestrahlt: Donnerstag, 11. Mai, 20.03 Uhr

Vorverkauf Eintrittskarten im Vorverkauf gibt es in der Tageblatt-Geschäftsstelle und an der Theaterkasse.