Mit einer Konzertstunde erinnerten Danielle Maheux, Annerose Röder und Dietmar Engels an die vier Jahrzehnte währende Tradition der Abendmusiken in der Coburger St.-Nikolaus-Kapelle am Rosengarten.
von unserem Redaktionsmitglied
Jochen Berger
Coburg — Die Musik kehrt zurück in die Coburger St.-Nikolaus-Kapelle - wenn auch zunächst nur für einen Abend. Feine, bunte, vielfältige Klänge schweben herab von der Orgelempore unter der hölzernen Kassettendecke, füllen das mehr als ein halbes Jahrtausend alte Gotteshaus mit Musik. Sehr viel Musik hat die Kapelle am Rosengarten schon gehört. Immerhin vier Jahrzehnte gab es hier regelmäßig Abendmusiken - jeweils eine im Monat, jeweils an einem Dienstag.
Nach dem Tod der langjährigen Organisatorin Minni Maedebach war diese Tradition abgerissen. Mit ihrem Auftritt erinnern Danielle Maheux, Annerose Röder und Dietmar Engels nun an diese Tradition.
Frühbarock bis Gegenwart Viele instrumentale und vokal-instrumentale Kombinationen gab es hier schon zu hören.
Eine Triobesetzung mit Oboe, Orgel und Kontrabass dürfte aber wohl noch nicht dabei gewesen sein. Dabei lässt sich in dieser Besetzung, wahlweise auch solistisch oder in wechselnder Duo-Variante, bemerkenswert vielseitig musizieren. Die Oboistin Da nielle Maheux, Annerose Röder am Orgelpositiv und Dietmar Engels am Kontrabass führen jedenfalls vor, was alles möglich ist an Musik in der St.-Nikolaus-Kapelle, vom Frühbarock bis in die Gegenwart, von Samuel Scheidt bis zum "Concertino Pastoral" des französischen Organisten und Komponisten Joseph Noyon.
Gruß an Strawinsky Die abwechslungsreiche Vortragsfolge wird eröffnet mit einer dreiteiligen Partita für Orgel und Oboe des weitgehend in Vergessenheit geratenen Haydn-Zeitgenossen Johann Wilhelm Hertel. Schon hier überzeugt Danielle Maheux mit gut durchgeformtem Oboenton.
Giovanni Battista Pergolesis vierteilige Sinfonia erklingt dann in der Kombination mit Orgel und Kontrabass - mit einem schönen Gruß an Igor Strawinsky, der den letzten Presto-Satz knapp drei Jahrhunderte nach Pergolesi in seiner "Pulcinella"-Suite verwendet und verwandelt hat.
Dann kommt ein zeitgenössischer Komponist zu Gehör - der in Ahorn lebende Gerhard Deutschmann, dessen Werke in früheren Jahren regelmäßig in der kleinen Kapelle erklangen, manche darunter sogar als Uraufführung.
Souveräne Interpretin Mit seiner Choralpartita "Jesu, meine Freude" verdient sich Annerose Röder das uneingeschränkte Lob des anwesenden Komponisten für eine jederzeit souveräne, ausdrucksvolle Interpretation.
Und wer vergessen haben sollte, dass sich auf dem kleinen Orgelpositiv verblüffend klangfarbenreich musizieren lässt, wird durch ihre geschickte Registerwahl daran erinnert.
Dass der Kontrabass nicht nur ein wuchtiges orchestrales Fundament liefern, sondern durchaus auch singen kann, beweist Dietmar Engels mit Gabriel Faurés "Après un Reve".
Das einzige Werk in Triobesetzung bildet den Abschluss - die dreisätzige, melodisch geschmeidige und eingängige Sonate g-Moll für Oboe und Basso continuo von Domenico Maria Dreyer.
Nicht nur dafür gibt es am Ende ausdauernden Beifall der beachtlich zahlreichen Zuhörer. Zurück bleibt die Frage: War das vielleicht der Beginn einer neuen Reihe von Abendmusiken?
Interpreten Daniel Maheux stammt aus Quèbec (Kanada). Sie studierte Klavier, Klavierpädagogik und Oboe.
Sie unterrichtet an den Berufsfachschulen für Musik in Bad Königshofen und Kronach sowie am Gymnasium Albertinum in Coburg. Dietmar Engels ist Solo-Kontrabassist am Landestheater Coburg. Annerose Röder studierte Kirchenmusik in Eisenach und absolvierte ein Kapellmeisterstudium. Sie wirkte in Nordhausen, am Meininger Theater und im Loh-Orchester Sondershausen.
St.-Nikolaus-Kapelle wird derzeit als altkatholische Kirche genutzt. Im Laufe der Jahrhunderte diente sie vier christlichen Konfessionen sowie der jüdischen Gemeinde als Gotteshaus. Errichtet wurde sie 1442 neben einem Siechenhaus als Siechenkapelle. In den Jahren 1649/50 folgte eine Barockisierung durch den Einbau eines neuen Altars und einer Holzkassettendecke. 1706 wurde auf das hohe Satteldach ein Dachreiter mit welscher Haube aufgesetzt.
Im Rahmen der Nutzung als Synagoge wurde 1876 die Frauenempore erweitert und 1910 nach Plänen des Coburger Stadtbaumeisters Max Böhme durch eine überdachte Außentreppe zusätzlich erschlossen. Daneben entstand als Vorhalle ein massiver fünfseitiger Anbau. Ende der 1960er Jahre folgte ein Rückbau der Seitenemporen, wobei die Orgelempore erhalten blieb. Die spätgotischen Fresken im Chorraum wurden erst 1947 wieder entdeckt