Weil sie viereinhalb Jahre keiner Beschäftigung nachgegangen ist und Sozialleistungen bezogen hat, wollte die Stadt Coburg einer rumänischen Staatsbürgerin das sogenannte Freizügigkeitsrecht aberkennen.
Die Entscheidung fiel am Mittwoch. Worum ging es? Das Freizügigkeitsgesetz regelt, dass EU-Bürger sich in einem anderen Land der Europäischen Union Arbeit suchen können. Eine Arbeitserlaubnis brauchen sie dafür nicht. Was den Zugang zu Beschäftigung, Arbeitsbedingungen, Sozialleistungen und Steuervorteile angeht, müssen EU-Bürger genauso behandelt werden wie die Staatsangehörigen des Aufnahmelandes.
Zum konkreten Fall: Die Rumänin war 2008 nach Deutschland gekommen und hatte 2010 ihre ältere Tochter nachgeholt. 2012 bekam die Frau eine weitere Tochter. 2009 hatte sie neun Monate lang als Hilfsköchin gearbeitet, war danach viereinhalb Jahre arbeitslos und bezog in dieser Zeit für sich und ihre Töchter Sozialleistungen.
Durch die Stadt wurde ihr daraufhin mitgeteilt, dass sie ihr Freizügigkeitsrecht verloren habe, weil sie weder Arbeitnehmerin sei noch eine Arbeit suche.
Ihre Töchter hingegen hätten kein Freizügigkeitsrecht erworben.
Seit Mai dieses Jahres hat die Frau nun einen Job als Küchenhilfe - aber nur für 22 Stunden im Monat. Das heißt, sie ist auch weiterhin auf Sozialleistungen angewiesen. Ihrer Klage hatte sie zu Grunde gelegt, dass sie dennoch nach EU-Recht als Arbeitnehmerin gelte. Die Stadt hingegen ist der Ansicht, dass es sich bei 22 Monatsstunden als Küchenhilfe um eine "völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit" handelt.
Dem folgte das Verwaltungsgericht nicht, wie Richterin Angelika Janßen auf Tageblatt-Anfrage mitteilte. "Als die Stadt der Frau den Bescheid über den Verlust des Freizügigkeitsrechts geschickt hat, war sie tatsächlich ohne Arbeit.
Heute ist die Situation eine andere." Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes reichen die monatlichen Arbeitsstunden aus, der rumänischen Staatsbürgerin auch weiterhin das Freizügigkeitsrecht zu gewähren.
Duldung nach Haftstrafe Mit einem Vergleich endete die Klage eines irakischen Staatsbürgers gegen die Stadt Coburg. Seit 2001 ist der Mann als Flüchtling anerkannt und hat seit 2008 eine Niederlassungserlaubnis. Weil er aber mit Drogen gedealt und deshalb vom Amtsgericht Coburg zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden war, sollte er für sieben Jahre aus der Bundesrepublik ausgewiesen werden. Dagegen hat der Mann geklagt. Seine Erklärung: Die Haft habe ihn nachhaltig beeindruckt. Er sei drogenfrei, arbeite und trage zum Unterhalt der Familie bei.
Es bestehe keine Wiederholungsgefahr.
"Der Mann hätte das Land sowieso nicht verlassen müssen, weil er ja über eine Niederlassungserlaubnis verfügt", erläuterte Angelika Janßen. Nach seiner Straftat wurde ihm aber nun eine Duldung von drei Jahren zugestanden. In dieser Zeit dürfe er nicht wieder straffällig werden, sonst bleibe es bei der Duldung. "Das ist ein rein rechtlicher Akt", ergänzte Angelika Janßen.