Rödentals langjähriger Standesbeamter geht in Pension

2 Min
Uwe Sturde geht mit einem weinenden und einem lachenden Auge in seine Pension. Foto: Thomas Heuchling
Uwe Sturde geht mit einem weinenden und einem lachenden Auge in seine Pension. Foto: Thomas Heuchling

Uwe Sturde war 15 Jahre Standesbeamter. Ende März geht er in Pension, aber nicht bevor er seine 600 erreicht hat.

"Trag diesen Ring als Zeichen meiner Liebe und Treue", diesen Satz hat Uwe Sturde hunderte Mal gehört. Er hat es Menschen sagen lassen, die sich getraut haben. Sturde war - beziehungsweise ist - noch offiziell bis zum 31. März Standesbeamter in Rödental. "Bei meiner ersten Trauung haben mir die Ohren geglüht", erinnert sich Sturde und holt ein dickes Buch aus dem Schrank. "Hier, das ist meine erste Unterschrift unter einer Eheschließung", er blättert weiter, "über die Jahre hat die sich ganz schön verändert." Das war im Juli 1997, als er nach vier Jahren in der Kämmerei und der gleichen Dienstzeit beim Bauamt, zum Standesamt versetzt wurde.

"Am Anfang war es ein Sprung ins kalte Wasser, aber es hat immer viel Freude gemacht", sagt Sturde. Noch hat er 598 Ehepaare getraut, bis zu seiner Pension will Sturde auf eine glatte Zahl von 600 Trauungen kommen.
Viele Menschen, die bei ihm im Trauzimmer saßen, sieht er in Rödental beim Einkaufen oder auf der Straße. "Wenn jemand einen bestimmten Blick hat, dann sagt meine Frau immer: Die hast du auch getraut", sagt Sturde.
Er kann aus seiner langen Dienstzeit viele Anekdoten erzählen. Zum Beispiel wie aus Dimitri Dieter wird. "Angleichungen sind generell möglich, wenn Vor- und Nachname nicht eindeutig erkennbar sind. Eine Besonderheit sind verschriebene Namen von Aussiedlern, die dann wieder eingedeutscht werden", erklärt Sturde.

Oder die zwei Doppelhochzeiten, mit Mutter und Tochter, bleiben ihm auch im Gedächtnis. In Sachen Hochzeitskleidung hat er auch schon einiges erlebt. "Manche kommen ganz leger in Jeans und T-Shirt, aber viele natürlich in Kleid und Anzug." Einen bleibenden Eindruck hat ein Gothic-Pärchen bei ihm hinterlassen. "Die haben noch an alte germanische Götter geglaubt und kamen ganz in schwarz, aber waren sehr adrett, ordentlich und höflich."

Einmal stand Sturde auch um fünf vor sechs in der Früh im Trauzimmer. Denn am 5.5.2005 wollten sich zwei Liebende das Jawort geben. Ansonsten hat er schon an Heiligabend, an Silvester und auch schon heimlich abends um acht liebenden Menschen das Jawort entlockt.
Aber nicht alle Ehen halten ewig, deshalb gehört die Scheidung auch zu seinen Aufgaben. "Ich schätze, dass von den 600 Paaren, die ich getraut habe, sich ungefähr 50 haben scheiden lassen", sagt Sturde. Zweimal kam es vor, dass er die gleiche Person mit unterschiedlichen Partner getraut hat. "Bei einer Eheschließung geh ich nie auf eine Scheidung ein, das geht nicht", sagt Sturde.

Wie man das Eheversprechen auf türkisch oder polnisch abnimmt, weiß Sturde nicht. Dafür gab es dann einen Dolmetscher, der beim Übersetzen half. Doch Freudentränen sind international und kommen bei allen Nationalitäten vor, deshalb hat Sturde immer Taschentücher in seiner Trau-Mappe dabei.
In den ersten Jahren seiner Laufbahn hielt der CD-Player Einzug ins Trauzimmer. "Für viele Menschen gibt es ein besonderes Lied, dass sie hören möchten. Ich würde sogar Bob den Baumeister spielen, wenn ein Paar das wünscht", sagt Sturde.

Er blättert weiter in den Standesamt-Büchern, die für ihn auch traurige Erinnerungen beinhalten. Zwei Arbeitskollegen aus seiner Anfangszeit und einige Schulkameraden musste er schon ins Sterbebuch eintragen. "Da macht man sich Gedanken über das eigene Alter", sagt Sturde. Er lässt noch einige Seiten durch seine Hand streifen: "Ich habe meinen Beruf immer mit viel Freude ausgeübt, aber jetzt freue ich mich auf meine Pension. Nach über 50 Jahren ohne einen Tag arbeitslos zu sein, kann ich das auch."

Dann hat er endlich mehr Zeit für Hobbys und Familie. Mit der Jagd, dem Amateurfunken und seinem Garten hat er genug zu tun. "Meine Enkelkinder freuen sich auch, das ich mehr Zeit habe. Langweilig wird es mir nicht", sagt Sturde.

Seinen Kollegen wird er unter anderem fehlen, weil er der einzige ist, der die schwierige Sütterlinschrift in den alten Büchern lesen kann. Vielen Rödentalern und anderen Menschen bleibt er auf jeden Fall in Erinnerung, denn immerhin ist er auf hunderten Hochzeitsvideos und tausenden Fotos als Standesbeamter verewigt.