Die Staatsanwaltschaft Coburg beschuldigt einen ehemaligen Wirt, im Oktober 2012 seine Ehefrau erschossen zu haben. Die Anklageschrift liegt jetzt vor. Die Verteidigung hält indes an der Version fest, der Schuss habe sich gelöst, als der 55-Jährige über seinen Hund gestolpert sei.
War es das tödliche Ende eines Beziehungsdramas oder doch ein tragischer Unglücksfall, was sich im vergangenen Herbst im Alten Schützenhaus in Coburg abgespielt hatte? Fakt ist, die Ehefrau des damaligen Wirtes, Ulrich S., starb dort am späten Abend des 6. Oktober durch einen Schuss aus einer doppelläufigen Schrotflinte. Die Anklage der Coburger Staatsanwaltschaft, die am Montag öffentlich wurde, beschuldigt Ulrich S., den tödlichen Schuss auf seine Ehefrau abgegeben zu haben. Zu den Motiven des 55-Jährigen macht die Staatsanwaltschaft allerdings keinerlei Angaben.
In wenigen Worten beschreibt die Anklage, die auf Totschlag lautet, wie Ulrich S. gegen 22.45 Uhr aus der Küche auf seine Ehefrau feuerte, die in etwa 1,20 Meter Entfernung - von der Mündung der Waffe an gerechnet - an der Badezimmertür stand. Das Projektil traf die Frau in den Bauch, verletzte innere Organe und Gefäße.
Sie starb innerhalb weniger Sekunden.
Hans-Heinrich Eidt, der Verteidiger des 55-Jährigen, sieht das Geschehen in der Tatnacht als tragischen Unglücksfall. Im Prozess, der am 22. Juli vor dem Coburger Landgericht beginnt, wird Eidt darlegen, dass Ulrich S. sich die Bockdoppelflinte besorgt hatte, um damit einer Rattenplage im Keller der Coburger Traditionsgaststätte im Weichengereuth Herr zu werden.
In Eidts Schriftsatz, der im Gegensatz zur knappen Anklageschrift ganze 14 Seiten umfasst, liest sich das Geschehen etwa so: Die Ehefrau hält sich im Bad auf und ruft Ulrich S. etwas zu. Er versteht den Zuruf nicht, läuft deshalb - bereits mit der Flinte in der Hand, weil er gleich zur Rattenjagd aufbrechen will - auf seine Frau zu und stolpert dabei über den kleinen Hund der Familie.
Der Schuss löst sich und verletzt die Frau tödlich.
"Ich weiß, dass sich die Geschichte abenteuerlich anhört", gibt Anwalt Eidt unumwunden zu, schließlich gibt es keinerlei Zeugen und Ulrich S., der als einziger weiß, was tatsächlich geschehen ist, schweigt. Dennoch ist Eidt überzeugt, dass seine Unfall-Version belegt werden kann. Bewusst ist sich der Anwalt aber auch, dass sein Mandant wohl nicht mit einem Freispruch rechnen darf.
Waffenbesitzer vor Gericht Um die Herkunft der Waffe wird es im Übrigen schon am Donnerstag vor dem Coburger Amtsgericht gehen. Wegen Verstoßes gegen die waffenrechtlichen Bestimmungen - wie es im Juristendeutsch heißt - muss sich ein Mann verantworten, der Ulrich S. die Bockdoppelflinte am frühen Abend des 5.
Oktober, also einen Tag vor der Tat, übergeben haben soll - angeblich für die Jagd auf Ratten.
Ulrich S. war vor Jahrzehnten als Sportschütze der rechtmäßige Besitzer der Schrotflinte (Hersteller: Baikal, Kaliber 12/70) gewesen, musste das Gewehr jedoch seinerzeit abgeben, nachdem ein Strafbefehl gegen ihn erlassen worden war.
Ulrich S. hatte direkt nach dem Schuss auf seine Frau versucht, sich selbst das Leben zu nehmen. Mit einer lebensgefährlichen Schussverletzung lag er vier Wochen lang im Klinikum Coburg im Koma. Nachdem der 55-Jährige daraus erwacht war, erließ die Staatsanwaltschaft Haftbefehl. Zunächst wurde Ulrich S. im Gefängnis-Krankenhaus der Justizvollzugsanstalt Stadelheim weiterbehandelt, ehe er vor einiger Zeit in die Kronacher Haftanstalt verlegt wurde.