Radio Eins Coburg: Weiter Wirbel um roten BH

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Foto: Archiv
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Der Deutsche Werberat nennt die Kampagne des Lokalradiosenders Radio Eins "frauenherabwürdigend". Eine Zeitungsleserin aus Kronach hatte dort Beschwerde eingereicht.

"Mehr muss man nicht anhaben", behauptet der Coburger Lokalsender Radio Eins von sich und bezieht das selbstverständlich auf das "Radio anhaben". Was die Menschen, die Radio hören, dabei tragen (anhaben), ist zum Glück nicht relevant. Doch die Textilienfrage könnte den Sender noch einige Zeit beschäftigen - genauer gesagt: Die Textilien, die auf einem Radio-Eins-Werbemotiv zu sehen haben. "Mehr muss man nicht anhaben", steht darüber, darunter ist das in von rotem Stoff umfasste Dekolleté einer Frau zu sehen, "die ihren BH lupft", wie der Deutsche Werberat feststellt.

Beim Deutschen Werberat in Berlin hatte sich eine Zeitungsleserin aus dem Kronacher Raum über die Anzeigenwerbung beschwert. Der Werberat hatte zunächst bei Radio-Eins-Geschäftsführer Mischa Salzmann angefragt, ob das beanstandete Werbemotiv weiter eingesetzt werde. Wird es, wie Salzmann mitteilte, weshalb die Mitglieder des Werberats sich nun in einer Sitzung mit dem Anzeigenmotiv befassten. "Diese sind zu der Auffassung gelangt, das motiv als frauenherabwürdigend zu beanstanden", heißt es in dem Schreiben, das am Wochenende bei Radio Eins einging und vom Sender am Montag auf der Radio-Eins-Facebook-Seite gepostet wurde.


"Kein Bezug zur Dienstleistung"

Das Werbemotiv reduziere Frauen auf ihre Sexualität, "vor allem, da kein Bezug zur beworbenen Dienstleistung erkennbar ist". Dass keine Diskriminierung beabsichtigt war, zähle nicht: "Entscheidend für die Beurteilung (...) ist nicht, wie der Werbetreibende die Werbemaßnahme verstanden wissen will, sondern wie sie vom Betrachter wahrgenommen wird."

Noch habe der Werberat keine Rüge ausgesprochen, betont dessen Pressesprecherin Anne Grote. Die Rüge wäre der nächste Schritt, wenn die beanstandete Werbung nicht zurückgezogen wird. Das hat Radio Eins aber nicht vor, wie dessen Redaktionsleiter Thomas Apfel bestätigte: Die beiden Werbemotive - das Dekolleté einer Frau und ein Mann in Badehose - seien weiterhin auf der Homepage und der Facebookseite des Senders zu sehen, "im gerechten Wechsel zwischen Mann und Frau". Einer Rüge durch den Werberat sehe er "gelassen entgegen", sagt Apfel. Er wundere sich ohnehin über den Aufwand, der wegen der Radio-Eins-Kampagne betrieben werde. "In der Werbung passieren viel schlimmere Sachen", für RadioEins sei es um "einen Hingucker und Schmunzler" gegangen.

Außerdem hätten die Frauen in der Redaktion die beiden Anzeigenmotive ausgesucht, beteuert Apfel. Das aber spielt bei der Entscheidung des Werberats keine Rolle, sagt Grote.Bundesweit laufende Werbespots werden genauso beanstandet wie Flyer für ein kleines Lokal, wenn eine begründete Beschwerde vorliegt. Mehr als eine öffentlich Rüge erteilen kann der Werberat freilich nicht. Doch das reiche, sagt Grote: Viele Unternehmen würden nach einer nichtöffentlichen Beanstandung ihre Werbung zurückziehen, weil sie nicht an den Pranger gestellt werden wollen.